Samstag, September 08, 2012

Ökumene jetzt? Gern. Aber wie?

[Von Bastian]
„Kein Mensch kann sagen: Ich habe die Wahrheit, wird eingewandt – und richtig: Niemand kann die Wahrheit haben, die Wahrheit hat uns, sie ist etwas Lebendiges! Wir sind nicht ihre Besitzer, sondern wir sind von ihr ergriffen…“ Papst Benedikt XVI (LINK)

Damit hat er, denke ich, einen wichtigen Hinweis gegeben, wie Ökumene zu verstehen ist und zugleich eine Definition von Ökumene geliefert, die von jedem Christen unterstützt werden kann.
Wenn ich das ernst nehme, hat das für mich einige Folgen.
Einmal: wenn ich die Wahrheit nicht habe, kann ich sie auch keinem anderen geben. Gespräche und auch Diskussionen mit Geschwistern anderer Denominationen sind nur solange sinnvoll, wie es ein Ringen um Erkenntnis ist, solange es der Versuch ist, sich gemeinsam von Gott ergreifen zu lassen. Dabei können durchaus gegensätzliche Positionen vertreten werden, aber niemals kann ich jemanden vom Katholizismus überzeugen und soll das auch nicht. Gott entscheidet, was geschieht.
Dann: Wenn es darum geht, von Gott ergriffen zu sein, kann und darf ich niemanden be- oder gar verurteilen, der nicht katholisch ist. Auch wenn ich selbst noch so überzeugt bin – das ist Gnade und damit Geschenk, nicht mein Verdienst. Ich kann keinen Mangel darin sehen, wenn jemand weniger oder anderes geschenkt bekommt als ich.
Zudem: ich darf niemandem das Gespräch über die Konfessionsgrenzen hinweg verweigern. Täte ich es, käme das einer Einordnung gleich, wer von Gott ergriffen werden soll und wer nicht. Das steht mir nicht zu. Hier verschmelzen Ökumenischer Dialog und Mission, wobei Mission keine Überzeugungsarbeit ist, sondern das Zeugnis und das Ausstrecken nach Gott.
Und letztlich: da ich mir selbst immer bewusst sein muss, dass auch für mich die Wahrheit zu groß ist, dass nicht ich sie habe, sondern sie mich hat und umgibt, ist eine demütige Berücksichtigung meiner eigenen Fehlerhaftigkeit eine Voraussetzung für jede Ökumene. Der Papst sagt im selben Text:
„Es zeigt uns, dass sich im Lauf der Zeit über die Gabe Gottes menschliche Anwendungen, Übungen, Gewohnheiten gelegt haben, die schließlich stärker werden, das Eigentliche der geschenkten Weisheit Gottes verdecken und damit dann entweder wirklich zur Fessel werden, die man abwerfen muss, oder aber zur Selbstgerechtigkeit führen…“ Immer muss ich mir klar machen: nicht ich bin es, der überzeugt.

Wenn aber nicht ich es bin – was ist dann meine Rolle?
Ich denke, dreierlei. Das Zeugnis, durch das Gott hindurch scheinen kann, das vertrauensvolle Gebet, das Ihn immer wieder zum Herrn des Geschehens erklärt, und Buße für all das, was sich zwischen uns Christen an Hindernissen auftut. Dabei fiel mir stets der Gedanke der Buße am schwersten: wieso soll, vereinfacht gesagt, ich Buße tun für etwas, was meiner Meinung nach andere falsch machen? Bis mir einfiel, dass unser Herr genau das für mich getan hat, und konfessionelle Besserwisserei eine schlechte Nachfolge dieses Weges wäre.

3 Kommentare:

  1. Mit der Wahrheit und dem angeblichen Besitz derselben ist das so eine Sache. Unser katholischer Pfarrer sagte in einer Predigt: Die Hölle ist eine Erfindung der Kirche und galt lange Zeit als eine Instrument der Angst. Für ihn selber ist die Hölle nicht relevant, denn wir alle wären erlöst durch die Taufe. Ergo: Wir kommen alle in den Himmel. Buße hin Buße her. Als ich ihn darauf hinwies, dass er die Allerlösung predigte, sagte er zu mir: Wir haben die Wahrheit nicht gepachtet und dass er sich weiter mit mir darüber nicht unterhalten würde. So weit so schlecht. Wer ist jetzt von der Wahrheit in Besitz genommen? Kann ich als kleine Leuchte da überhaupt mithalten?

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    1. Das Gute an der Kirche ist, dass man nicht mithalten muss. Wir verkünden nicht unsere Meinung oder Erkenntnis, sondern Gottes Offenbarung. Siehe auch:
      http://www.echoromeo.blogspot.de/2012/09/was-soll-ich-mit-einem-lehramt.html
      Der Pfarrer irrt, wenn er meint, es sei relevant, was er verstanden hat. Dass er nicht weiter darüber reden will, ist klar: er hat nicht viel, worauf er sich stützen kann, denke ich.
      Nicht alles zu wissen ist OK, es ist sogar notwendig. Nur, wer seine Erkenntnisgrenzen akzeptiert, kann mit einem Lehramt leben.
      Da es auch bei Eurem Pfarrer darum geht, dass die Wahrheit ihn ergreifen muss, kann man dafür beten. Mehr fällt mir meistens auch nicht ein, aber das ist wohl bereits weit mehr, als ich mir vorstellen kann.

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  2. Als gewissermaßen gebürtiger Ökumeniker (ich bin lutheranisch getuaft, uniert konfirmiert, zum katholizismus konvertiert) fällt mir auf, daß die Ökumeniker nie von der Ökumene reden, die jederzeit möglich wäre: von der Ökumene in ethisch-moralischen Fragen. Aber gerade da hakt es ja. Von einer gemeinsamen Position der Christen in der Frage Ehe, Ehescheidung, künstliche Empfängnisverhütung, Abtreibung, "Homoehe", kann nicht die Rede sein. Man konzentriert sich auf stattdessen auf diffuse politische Themen "FriedenGerechtigkeitBewahrungderSchöpfung". Welcher Frieden? Welche Gerechtigkeit? DieBewahrung welcher Schöpfung? Stattdessen diskutiert man über die Themen deren Lösung schlicht unmöglich ist, will sich die Kirche nicht einfach aufgeben.
    Warum?

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