[von Bastian]
Hier ein weiterer Bericht aus der Arbeit meiner freikirchlichen Freunde (ich hoffe, ich darf sie so nennen).
Der Text ixt wörtlich übernommen. Alle Namen wurden zum Schutz der betreffenden Personen geändert.
Letzten Freitag kam Anne mit diesem Erlebnis zurück.
„Ich saß im Salon, wo Sarah, eine südamerikanische Frau, mich fast nötigte von ihrem Teller zu essen. Es gab Jägerschnitzel mit Pommes. Weil sie beleidigt gewesen wäre, wenn ich nicht mitgegessen hätte, nahm ich von dem Teller. Sie wollte mir einfach was Gutes tun.
Plötzlich bricht es aus ihr heraus: Anne, diese Frau! Hier immer kommen mit Klamotten.“ Dabei machte sie die typische Handbewegung für Klauen. „Ach, Du meinst Timmy?!!!“ Wie kommt sie jetzt darauf? Es ist schon über 2 Jahre her, dass Timmy tagein, tagaus mit den geklauten Sachen in diesem Haus einlief. Wenn sie mich sah in den langen Fluren, verdrückte sie sich schnell, weil wir uns sehr gut kannten und sie sich schämte. Alles lief hier auf Bestellung: Artikel, Marke, Größe, Farbe oder Parfüms, Alkohol… Das ging sehr viele Jahre so. Sie gehörte zum Inventar. Jeder kannte sie, egal ob Frau oder Wirtschafter und jeder bestellte wie im Katalog. So finanzierte diese sehr harte, wie ferngesteuert funktionierende Schwerst-Drogenabhängige ihren täglichen Bedarf. Am Ende lebte sie auf der Straße und wäre an ihren Krankheiten beinahe gestorben. Die Leute aus dem Milieu benutzen sie, aber sie bedauerten sie auch, waren teilweise geschockt von ihrem Elend, das ihnen viel schlimmer erschien als ihr eigenes und viel menschenunwürdiger. Manche verachteten sie.
Ausgerechnet heute habe ich Timmys Lebensbericht dabei mit einigen Photos, die wir von ihr gemacht haben nachdem sie ihr neues Leben angefangen hatte. Sie sah darauf wunderschön aus, gesund und glücklich. „Oooooh, gut! Oooooh gut!“ stößt Sarah laut und voll begeistert aus mitten im Salon, ruft eine Freundin herbei, zeigt ihr das Blatt mit den Fotos. „Oooooh, danke Gott, danke Gott“, jubelt sie. „Nicht kaputt Timmy nicht kaputt!“ „Ich denken, diese so“: sie hält die Unterarme gekreuzt, die Hände zur Faus gemacht (Zeichen für verhaftet). Ich erzähle ihnen, dass Timmy bald in die Stadt kommt und ich sie mitbringen werde, damit es alle sehen. Die Feundin: „Du mich anrufen!“ Der Wirtschafter an der Theke wird neugierig, schaut sich die Photos an und meint: „Das war aber auch dringend notwendig. Die war ja wie tot.“
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