Mittwoch, März 23, 2011

Rüben-Vendetta


Futterrüben sind bekanntlich nicht die kleinsten unter den Früchten des Niederrheins. Und wenn man zufälligerweise auf einem Feld eine Futterrübe findet und sie sich unter den Arm klemmt, um sie dem dem braven Pferd mitzubringen und gleichzeitig noch den eigenwilligen Dackel an der Leine führt, dann ist man mitunter etwas abgelenkt.

Der Dachshundrüde Benni zog auf der schmalen landwirtschaftlichen Straße nach links, die Zuckerrübe lastete rechts und von hinten kam ein Auto herangebraust. Ich konnte gerade noch in die Hocke gehen, dem Dackel einen Stoß in Richtung Feld geben (nicht mit der Zuckerrübe), da brauste die Bunkenschleuder schon an mir vorbei.

Das trug sich übrigens im Sommer 1983 zu. Ich hatte gerade recht und schlecht Abitur gemacht und befand mich auf einem Sonntagsspaziergang mit Mutter und Brüdern.

Jedenfalls sauste der Kadett vorbei, ich in der Hocke, Dackel im Graben, Futterrübe auf dem Boden, Mutter und Brüder auch schnell zur Seite gesprungen … und ich gab dem Auto mit der flachen Hand einen Klaps auf den Radkasten. War halt knapp. Danach begann ich, Dackel und Rübe einzusammeln, da hörte ich Bremsen, meine Mutter rufen, ein Auto im Rückwärtsgang … und sah, daß die Mühle rückwärts auf mich zugeschossen kam.

Aber ich hatte – wie Hulk, der Rächer – eine Futterrübe in den über das Haupt erhobenen Händen. Und die landete erst einmal krachend auf der Heckscheibe des Autos! Durch – vermutlich – persönliches Einschreiten meines Schutzengels entstand kein Schaden an der Bunkenschleuder, aber der Typ und seine Freundin waren komischerweise sauer und schrieben sich unsere Fahrzeugnummer auf, als wir versuchten, uns unauffällig zu entfernen. Einige Zeit später landete auf dem Schreibtisch meines Vaters die Anzeige; aber nachdem wir bei der Krefelder Polizei den Vorgang unmittelbar nach dem Geschehen zu Protokoll gegeben hatten, mein Vater wohl auch seinen Rechtsanwalt einschaltete, und alles in allem außer ein paar durchgeknallten Geduldsfäden keinerlei Schaden entstanden war, verlief die Sache wohl irgendwie in den Aktenbergen der Krefelder Polizei. Ich habe jedenfalls nie wieder etwas von der Geschichte gehört.

Ich bin dann zur Bundeswehr gegangen, um völlig legal weit schlimmere Dinge auf den potentiellen Feind zu werfen und sollte … da Luftwaffe … eine Sicherheitseinstufung erhalten. (Mit dem Flieger Esser kann man Rüben stehlen.) Doch auf dem Fragebogen stand die Frage: »Sind sie vorbestraft?«

Das konnte ich – dank einiger Naivität – nach dem Dackelrübendesaster nun nicht mehr so eindeutig sagen. Ich kreuzte nichts an und schrieb einfach nur: »Weiß nicht«, worauf ich von einigen unauffällig gekleideten Herren vom Militärischen Abschirmdienst zu einer Befragung unter drei Augenpaaren gebeten wurde.

»Ja, was haben Sie denn angestellt?«

»Ich habe jemandem eine Rübe aufs Auto geworfen.«

(Stille. Ungläubige Gesichter, dezenter Heiterkeitsausbruch.)


Das sei, so wie ich es geschildert habe, kein so schreckliches Vergehen. Ob ich weiterhin an den Krefelder Krawallen teilgenommen hätte? ‎(Die waren damals gerade gewesen. Man hatte dem späteren US-Präsidenten George Bush sen. bei einem Besuch der Seidenstadt einen Sack Steine aufs Auto geworfen.)

Ich sagte, ich sei wohl an den Polizeisperren vorbeigegangen, hätte aber gerade keine Rübe dabeigehabt … und erhielt dann doch die Sicherheitseinstufung.

2 Kommentare:

  1. ja, sehr lustig, vor dir muss man sich ja in acht nehmen! Bist du öfters mit Rüben unterwegs?

    AntwortenLöschen