[Von Bastian]
Wieder ein paar spontane Gedanken, ausgelöst von der Frage, ob es eine realistische Forderung sei, wenn Gott uns sagt: „Seid vollkommen!“
Letztens war ich im Deutschen Museum in München. Besonders fasziniert haben mich die Exponate zum Thema Raumfahrt. Es gibt dort aus den Anfängen der US-Raumfahrt eine Mercury- Kapsel. Ein unglaubliches Teil! Sie ist etwas kleiner als ein Dixie-Klo und besteht eigentlich nur aus der Außenhülle, einem liegenden Sessel mit Gurten, ein paar Knöpfen und Sauerstofflaschen und gerade so viel Platz, dass ein einzelner Astronaut sich reinquetschen kann. Das kleine Raumschiff ist geradezu erschütternd winzig! Doch das Ding soll ins Weltall und dort ein paarmal um die Erde fliegen. Ist das eine realistische Forderung?
"Du sollst um die Welt kreisen!" sagt der Erbauer der Kapsel stolz, als er sie endlich fertig vor sich hat. Doch die Kapsel liegt nur herum. Mehr kann sie nicht. Ist er jetzt unrealistisch? Stellt er der Kapsel, die sein Lebenswerk darstellt, als erstes ein Zeugnis ihrer Untauglichkeit aus? Natürlich nicht, denn der Erbauer weiß genau: Mit einer baumhohen Atlas D darunter, die weit über 100t besten Treibstoff an Bord hat, sieht die Sache schon besser aus.
"Du sollst um die Welt kreisen!" war keine Aufforderung im Sinne einer Überforderung, sondern eine Aufforderung im Sinne einer Zusage. Der Erbauer weiß, was gebraucht wird, und stellt es zur Verfügung. Etwas anderes hatte er nie vor. Ist die Kapsel jetzt weniger wert? Natürlich nicht. Sie ist, was sie ist: bestens für ihren Job geeignet und ziemlich cool. Das ist kein Wunschdenken, sondern eine Tatsache. Wertlos wäre sie nur, wenn sie allein bliebe.
Mit der Anforderungen Christi an uns, wir sollten vollkommen sein, ist es genauso. Es ist eine Aufforderung, die jenseits unserer Möglichkeiten liegt, die aber zugleich eine Zusage darstellt: er selbst will unser Antrieb sein, seine Kraft ist es, die uns treibt. Sind wir jetzt weniger wert? Nein, natürlich nicht, denn Gott ist da. Wir sind, was wir sind, und wurden geschaffen zu sein, was wir sind, und auch das ist ziemlich cool! Schwierig wird es nur, wenn wir die Demut verlieren und sein wollen, was wir nicht sind.
Wer es aus eigener Kraft versucht, hat das Beste nicht verstanden. Er fordert Dinge, die nicht machbar sind und sorgt so dafür, dass die Diskussion des Themas einen absurden Zug bekommt. Am Ende wird dann seine Raumkapsel demontiert, weil sie überflüssig und viel zu eng ist.
Es ist sinnlos, eine geistliche Betrachtung darüber zu führen, wie das Leben gelingen kann, und dabei beim Blick auf sich und seine Möglichkeiten den Antrieb zu vergessen. Der Begriff passt in diesem Beispiel: man kapselt sich ab. Doch es ist nicht erniedrigend, dass Gott uns aufhelfen muss, sondern erhebend, dass er uns antreibt!
Die Erkenntnis muss sein: ich bin richtig, wenn ich bin, wie ich geschaffen wurde - das ist kein positives Denken, sondern eine Tatsache. Und die Frage muss lauten: was ist der richtige Antrieb für mich? Das Arsenal an Raketen ist groß: Messe, Beichte, Rosenkranz, Nightfever, Gebetskreise, Stundengebet, Andachten, Eucharistische Anbetung, Orden, Gelübde, Schriftlesungen, Tagungen, Vorträge, Stille Zeiten, Bloggen etc… für jeden ist etwas dabei. Ein paar Dinge sollten in einer Mindestmenge immer dabei sein – das weiß der Erbauer, aber ansonsten ist die Freiheit riesengroß. Wichtig ist nur: man nehme das Triebwerk, in dem man auch Gott als Treibstoff findet. Nicht jede Rakete wird für jeden betankt, doch ein leerer Tank ist sinnlos, auch wenn er erst einmal genauso aussieht.
Demut heißt nicht, unter der eigenen Flugunfähigkeit still und ohne Klagen zu leiden, sondern zu begreifen, dass man die Kraft eines Antriebs braucht.
Danke für die anschauliche Ermutigung, vollkommen zu sein, angetrieben von Gott!
AntwortenLöschenSind dann Katholiken, die meinen, alles zu wissen und gegen jegliche äußere Einwirkung resistent sind, mit magensaftresistenten Kapseln zu vergleichen?
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