In einem
neuen Beitrag auf »direktzu« beantwortet Kardinal Meisner eine kurz und bündig gestellte Frage:
»Wann gehört die Handkommunion der Vergangenheit an?«
Nun ist die Frage nicht gerade offen gestellt. Sie erinnert mich an die Frage der Mutter »Wann wirst du aufhören, beim Essen mit dem Stuhl zu wackeln / in der Nase zu bohren?« und birgt eine ganze Zahl von unausgesprochenen, eigenen Botschaften. Zum Beispiel die Botschaft, daß das Stühlewackeln oder Nasebohren Tätigkeiten sind, die mit guten Tischsitten wenig zu tun haben.
Der hochwürdigste Herr Kardinal befindet sich also sogleich in der Pflicht, um der Einheit seines Bistums willen das Stühlewackeln (und so weiter) zu verteidigen. Das hätte der Fragesteller möglicherweise bedenken können.
Der Fragesteller erhält also (in meinem Vergleich) die Antwort, daß das Stuhlwackeln schon im Altertum zu den guten Sitten gehört habe. Und dem aufmerksamen Leser ist klar, daß sich der Kardinal mit dieser Ansicht ähnlich weit aus dem Fenster lehnt wie der frühchristliche Eutychus in der Apostelgeschichte. Denn in jener Frühzeit des Christentums konnte man nicht mit dem Stuhl wackeln, da man zu Tische lag.
Nun – ich erwarte auf der PR-Seite »Direktzu« keine fundierte Darlegung der Geschichte des Kommunionempfangs. Vermutlich stößt hier die Frage-und-Antwortform des »direktzu« an eine Grenze. Und auch wenn ich das Projekt weiterhin gut finde, denke ich, daß das eigentliche »direktzu« Kardinal Meisners eigentlich sein Presbyterium sein sollte.
Jedenfalls antwortet der Kardinal:
Gegen Ende des 4. Jahrhunderts hat der heilige Kirchenvater Cyrill von Jerusalem die Neugetauften aufgefordert, dass sie beide Hände ausstrecken und mit der linken Hand einen Thron für die rechte Hand bilden sollen, um den Leib des Herrn in der Hl. Kommunion würdig zu empfangen. Diese Praxis lehrt auch der heilige Kirchenvater Johannes Chrysostomus. Erst im 8./9. Jahrhundert wurde dann die Mundkommunion allgemein eingeführt.
Wer weiter fragt und sich die Realität des Kommunionempfangs anschaut, merkt ja sofort, daß wir bei aller Beschwörung des Textes von Cyrill von Jerusalem weit von dessen Realität entfernt sind. Die Schwierigkeit, die reale Gegenwart des Herrn unter den gewandelten Gestalten innerlich anzunehmen, kommt in der bürgerlichen Nachlässigkeit zum Ausdruck, in der die Kommunion empfangen wird. Auch da, wo geglaubt wird, drückt der Glaube sich nicht mehr adäquat aus.
Ich möchte mit meiner eigenen Meinung nicht hinterm Berg halten. Doch sie ist schlicht eine Meinung, und ich weiß, daß man darüber anders denken kann.
Für mich selber habe ich die jahrhundertelang selbstverständliche Form des Kommunionempfangs angenommen. Es fällt mir nicht immer sehr leicht, je nachdem, in welcher Gemeinde ich bin, dazu zu stehen. Oft drängt sich die Frage des »Wie« unangenehm vor die Begegnung mit dem Herrn. Ich habe mich langsam von der oftmals »Unordentlichen Form« meiner Jugendzeit wegbewegt zu der für mich revolutionären Form des auch äußerlich anbetenden Kommunionempfangs. Insgeheim hoffe ich, daß die Kirche die Weise der Kommunionspendung in den Mund des knienden Gläubigen als einzige Norm erkennt. Gerade wegen der Gefahr der Entwendung und des Partikelverlustes. (Die Liturgieinstruktion schreibt übrigens das Führen einer Patene bei den kommunizierenden Gläubigen vor.)
Ich möchte von Kardinal Meisner nicht erwarten, daß er sich eines Themas annimmt, das andere, Jüngere vielleicht, verfolgen müssen. Er betont die Wichtigkeit des andächtigen Empfangs. Besonders diejenigen, die durch die Schule der tridentinischen Liturgie gehen, wissen, wie sehr die Liturgie der Kirche eine Lehrmeisterin der Anbetung ist. Aber es gibt eben auch einen etwas unerleuchteten Eifer der Verfechter der »revolutionär-herkömmlichen« Form. Ich erinnere mich an eine Hochzeit im Kloster W., in dem ich Flugzettel, von unbekannter Hand eingelegt im Gotteslob fand, die mir weismachen wollten, daß die neue Form des Kommunionempfangs SÜNDE sei. Und ich hatte nie eine andere Form des Kommunizierens gelernt!
Anonyme Höllendrohungen und die Berufung auf zweifelhafte »Offenbarungen« haben mir jahrelang den Zugang zur knienden Kommunion verstellt. Die Empfehlung des Heiligen Vaters, Benedikt XVI und sein geduldiges Vorangehen mit gutem Beispiel haben mir hier fest verschlossen geglaubte Türen geöffnet.