…daher hier ein Diskussionsbeitrag zum leidigen Thema »Wiederheirat« und Kommunionempfang.
»N., vor Gottes Angesicht
nehme ich dich an als meine Frau.
Ich verspreche dir die Treue
in guten und bösen Tagen,
in Gesundheit und Krankheit
bis der Tod uns scheidet.
Ich will dich lieben, achten und ehren
alle Tage meines Lebens.«
(Aus der Trauliturgie)
Es läuft letztlich auf die Frage hinaus: Ist das tiefster, radikaler Ernst – oder Folklore?
Auch Jesus gibt sich in der Kommunion nicht widerrufsweise. Nachfolge Christi ist unerbittlich, weil die Liebe unerbittlich ist. Wo die Kommunion in erster Linie als Dokument der Zugehörigkeit gesehen wird, kann sie nicht empfangen werden. Das entspricht nicht ihrem Wesen, das ja gerade die Einigung mit Christus ist. Sie ist der Weg der Zugehörigkeit, Heilung und Heiligung.
Die Kirche versperrt dem zivilrechtlich Verheirateten nicht den Weg zur Kommunion. Jeder, der in dieser Situation ist, kann selbstverständlich in eine Kirche gehen und die Heilige Kommunion empfangen. Aber sie weist darauf hin, daß in der Lebensführung ein Widerspruch zum Sakrament besteht, das einen fruchtbaren Empfang verhindert – einfach weil nur eines wahr sein kann. Entweder ist Christus in der bestehenden Ehe gegenwärtig oder nicht. Ich kann nicht selektiv Christus in dem einen leugnen – der Ehe, und in dem anderen annehmen – der Kommunion. Das ist kein disziplinäres Problem, sondern ein Lebenswiderspruch.
Ich kenne Menschen, die diesen Lebenswiderspruch erkannt und darin unterschiedliche Lösungen gefunden haben.
Was hier geschieht, ist der Versuch, ein knallhartes Flutlicht auf die Situation der Paare zu richten. Damit wird kein Problem gelöst, im Gegenteil: Die Pastoral der Diskretion wird in Zukunft sehr erschwert werden.
Durch die Einforderung der Kommunion, wie das zur Zeit durch pressure groups massiv geschieht, wird zudem die Haltung gegenüber der Gnade des Sakramentes pervertiert. Das Sakrament ist etwas, auf das ich dann ein Anrecht habe wie auf die Ausstellung eines Mitgliedsausweises, wenn ich ADAC-Mitglied bin.
In der Kölner Kirchenzeitung fand ich im Mai letzten Jahres WÖRTLICH und zustimmend den Satz:
»Niemand verzichtet auf eine weitere Partnerschaft, nur um zur Kommunion gehen zu können.«
Das bedeutet: Hier ist gar nicht mehr verstanden, wer Jesus Christus ist. Und was er für einen Menschen sein will, der nach einer »gescheiterten« Ehe Seine Nähe sucht.
Ich schlage vor, kluge Seelsorger zu beauftragen, mit Betroffenen einen Weg zu gehen. Da fehlt es zur Zeit an echter, lebensbegleitender Hilfe. Keine Tipps vom Hohen Roß eigener moralischer Selbstgewißheit einerseits, keine billige Gnade andererseits.
Um den Begriff der »Barmherzigkeit« gibt es viel Verwirrung. Barmherzigkeit ist jedoch nichts, was sich einfordern ließe. Hätte man Barmherzigkeit institutionalisiert, wäre sie keine Barmherzigkeit mehr, sondern Recht. Barmherzigkeit ist, was ich aus dem je eigenen dem anderen ungeschuldet geben kann.
Selbst wenn die Kirche wollte, könnte sie die sakramentale Ordnung für jemanden nicht wiederherstellen, der sie nicht akzeptiert. Das wäre ein Widerspruch, keine Barmherzigkeit. Äußerste Kaltblütigkeit wäre es hingegen, wenn die Bischöfe in dieser Situation einem Druck nachgäben, statt sich auf ihr Amt der Leitung und Heiligung zu besinnen.
*unterschreib*
AntwortenLöschenDem ist nichts mehr hinzuzufügen! Ein sehr tiefsinniger Kommentar, der die Widersprüchlichkeit der ganzen Debatte aufdeckt. Beste Grüße von Student, Besserwisser, Welterklärer .
AntwortenLöschen"Beweis: einen uneinsichtigen Satz auf einsichtige Weise auf etwas einsichtiges zurückführen."
AntwortenLöschenDer Kommentar von Peter ist ein einsichtiges Beispiel dafür.
Jein. Es ist der klassische Widerspruch zwischen Eugen Biser und Joseph Ratzinger: Setzt die Kirche für ihre sakramentale Ordnung unerbittlich auf Perfektion oder muss man irgendwie doch mit der Gebrochenheit zurechtkommen, die darin begründet liegt, dass wir der geschenkten sakramentalen Realität eben (alle) nicht gerecht werden und trotzdem an ihr teilhaben (dürfen). Die Kommunion ist eben keine Belohnung für unerbittliche Jesusnachfolge, sondern Speise und Stärkung für alle, die diesen Weg zu gehen versuchen, wenn auch vllt. nur ansatzweise und stolpernd.
AntwortenLöschenDie Presuregroups sind nach meinem Eindruck momentan eher auf der anderen Seite unterwegs und versuchen einzuschärfen, was nicht mehr einzuschärfen ist.
Der Druck, der sich in dieser Frage seit vielen Jahrzehnten aufgebaut hat, lag ja daran, dass die kirchliche Regelung, so wie sie heute besteht, an ihren eigenen Widersprüchen (und nicht an der Anspruchshaltung der Gläubigen) scheitert. Dies wurde in der Vergangenheit immer nur überspielt und verunklart. Man kann nicht jmd. sagen, du gehörst zwar nicht zu Christus und kommst wahrscheinlich in die Hölle (denn darauf läuft der unmögliche Sakramentenempfang - v.a. Beichte - ja hinaus), aber du sollst dich zu Lebzeiten bitte nicht ausgegrenzt fühlen und kannst in der Gemeinde auch ein stückweit mitmachen. Dann hätte man besser die alte, krassere Regelung beibehalten, als der Pfarrer in der Messe die Namen derer verlas, die wegen derartiger Situationen (damals) regulär exkommuniziert waren.
Peters Grundanliegen unterstütze ich aber. Eine pauschale "Erlaubnis für alle", mglw. noch mit dem Triumphgefühl verbunden, sich endlich gegen "die da oben" durchgesetzt zu haben, würde tats. alles nur noch unklarer machen. Ich glaube aber nicht, dass es zu so einer Pauschalaufhebung der Ordnung kommt.
Die Unverständigkeit des zitierten Satzes aus der Kirchenzeitung ist klar. Andererseits muss man eben bedenken: Das Recht der Gläubigen auf Sakramentenempfang ist absolut grundlegend und darf durch unlogische disziplinäre Einschränkungen keinesfalls geschmälert werden. Es ist kein "Recht" im Sinne eines (natürlich absurden) "Anspruchs auf Barmherzigkeit", der kämpferisch eingefordert werden könnte. Die (rein kirchenrechtlich als "Recht" bezeichnete) grds. Befähigung aller Gläubigen zur Teilhabe am sakr. Leben der Kirche ist vielmehr eine Frucht der Einsicht, dass Christus *trotz* unseres Scheiterns in ihr gegenwärtig bleibt und nicht *wegen* der perfekten Jesusnachfolge einiger weniger, zu denen wir uns glücklicherweise rechnen dürften. Sie ist das Ergebnis des Donatistenstreits.
Zu warnen ist vor der Verabsolutierung der Annahme, wer seine zivile Zweitehe fortsetze, missachte damit notgedrungen und dauerhaft die Realität seiner gescheiterten sakr. Erstehe und begebe sich in einen unüberbrückbaren Widerspruch zur sakramentalen Realität, die eine Teilhabe am Leben der Kirche quasi aus sich selbst heraus unmöglich mache. Diese auf den ersten Blick einsichtige Argumentationsweise führt in der Tiefe zu Aporien, wenn man sie wie ein mathematisches Gesetz durchzieht. So fällt bspw. der (von Ratzinger selbst herausgearbeitete) sittliche Wert der zweiten Partnerschaft unter den Tisch, wenn man sie zugunsten des weiter bestehenden sakramentalen Bandes einfach missachten und zerstören wollte. Eine glückliche Zweitpartnerschaft, die natürlich keine vollgültige Ehe sein kann, kann eben auch ganz bewusst unter dem Schatten des vorausgegangenen Scheiterns geführt werden und darf trotzdem nicht in ihrem sittlichen Eigenwert als Nichtigkeit abgetan oder verdammt werden. Der Schatten muss eben nicht zwingend ein Damoklesschwert bleiben. Zu behaupten, weil Christus an der Realität der ersten Ehe festhält, kann er mit der Realität der zweiten Partnerschaft nie in Einklang gebracht werden, wäre eine solche unzulässige Verabsolutierung. Die Geschichtlichkeit des "Lebensentwurfs" fällt dabei unter den Tisch. Ein Entwurf gelingt nicht immer, und trotzdem muss man sich aufrappeln.
Unter Anwendung richtiger Prämissen ziehen sie dennoch zum Teil falsche Schlüsse und verwenden auch kirchenrechtliche Termini falsch!
LöschenZu erst einmal ist ein in schwerer Sünde lebender Mensch (wie der "Ehebrecher") nicht exkommuniziert, sondern nur aus der eucharistischen Gemeinschaft ausgeschlossen. Alle anderen Sakramente stehen ihm unter der Voraussetzung der entsprechenden Disposition weiterhin offen. Ein in schwerer Sünde lebender Gläubiger kann prinzipiell seine Situation selbst ordnen, in dem er von der schweren Sünde (welche auch immer das sei) ablässt & umkehrt.
Die Strafe der Exkommunikation hingegen ist eine Beugestrafe, die entweder per Spruch verhängt wird oder durch die Tat selbst wirksam wird. In letzterem Fall ist die Wirksamkeit auf das forum internum beschränkt und von der Gewissenserkenntnis des Einzelnen abhängig. Bei der Spruchexkommunikation hingegen ist die Wirksamkeit auch auf das forum externum erweitert und hat öffentlichen Charakter. Nur einem Exkommunizierten ist aus der Zugang zu den üblichen Sakramenten und Sakramentalien der Rekonziliation verwehrt, die Möglichkeit der Wiederversöhnung nur über den Weg der kirchlichen Autorität möglich.
Tatsächlich stimmt es, dass der Christ ein Anrecht auf Teilhabe an der Eucharistie hat und zwar weil er durch die Taufe selbst Teil des Leibes Christi geworden ist. Es stimmt auch, dass die Eucharistie Stärkung und Gnade für den Gläubigen ist.
Aber (!) nicht jeder, der zur Kommunion geht, hat auch wirklich Anteil an dieser Gemeinschaft. Bereits Paulus weist uns auf Gemeindemitglieder hin, die die eucharistischen Gaben empfangen, aber nicht nach den Geboten des Herrn leben und sich daher "das Gericht essen" (1 Kor 11,29). Auch Jesus selbst verweist darauf, dass in ihm als wahren Weinstock Reben sein werden, die keine Frucht bringen werden (Joh 15,1-8).
Die Christenheit stand schon früh vor dem Problem, dass der Anspruch zur Heiligkeit in der Nachfolge Jesu nicht immer kongruent ist mit unserem Leben. Aber gerade dort wo das Missverhältnis zu groß wurde, sah sie es als notwendig an jene Gemeindemitglieder aus sichtbaren Gemeinschaft auszuschließen.
Denn die liturgische Teilnahme an der Kommunion mit Christus ist die Vorwegnahme der immerwährenden Kommunion mit Christus am Ende. Nur der, der unter der Gnade steht, wie Paulus es sagt, kann daran teilhaben.
So verweist z.B. Ambrosius von Mailand in einem Psalmenkommentar darauf, dass Judas Iskariot zwar am letzten Abendmahl Jesu teilgenommen hat, aber nicht Anteil hatte, weil die Absicht zur Sünde die Gemeinschaft mit Jesu zerstörte.
Der kirchliche Brauch Getaufte aus der eucharistischen Kommunion auszuschließen, zielt auf diesen Aspekt hin ab. Nur jenen wird der Zugang verwehrt, die durch ihre innere Disposition zwar teilnehmen könnten, aber nicht mehr Anteil an der Gemeinschaft haben und gemäß dem Wort des Herrn ihre Opfergabe liegen lassen und sich erst mit ihrem Bruder aussöhnen müssten. Es ist zugleich die Verwirklichung der Forderung des Jakobusbriefes, dass sich der Glaube in den äußeren Werken widerspiegeln muss.
Im Übrigen ist das Ergebnis des Donatistenstreites nicht, dass die menschliche Schwäche relativiert wird im Verhältnis zur Berufung zur Heiligkeit des Christen, sondern im Streit mit den Anhängern der Lehre des Donatus wurde geklärt, dass die Wirksamkeit der sakramentalen Gnade Jesu nicht von der Lebensführung des sakramentalen Spenders abhängig ist.
Im übrigen wo immer Jesus im Neuen Testament Sünder in seinen Kreis beruft oder aber mit ihnen speist, ist der Wille zur Umkehr die Voraussetzung für die Teilhabe an dieser Gemeinschaft (vgl. z.B. das Gleichnis vom dankbaren Samariter -der als einziger Anteil am Glauben zu Jesu hat- Lk 17,11-19).
Beste Grüße - Student, Besserwisser, Welterklärer
Hallo Wiseacre!
AntwortenLöschenIch glaube wir reden an mehreren Punkten irgendwie aneinander vorbei.
Wo verwende ich kirchenrechtliche Termini falsch?
Meinst du den Hinweis auf die (damals = vor dem letzten Konzil) vom Pfarrer verkündete Exkommunikation? Die wurde früher tatsächlich in diesen Fällen verhängt (wegen Bigamie, c.2356). Später, ich weiß nicht genau ab welchem Jahr (war glaube ich auch je nach Bm./Land unterschiedlich), gab es dann eine abgeschwächte Zwischenregelung, die auf die bis dahin übliche bfl. Monitio (Abmahnung) mit anschließender Spruchstrafe verzichtete, aber an der von selbst eintretenden Infamie (Ehrverlust) festhielt und bis zum Inkrafttreten des neuen CIC 1983 galt. Auch der Ehrverlust zählte nach altem CIC zu den Sühnestrafen und führte zur Vorenthaltung der Sakramente (aller, generell). Frag mich nicht, wie die Loslösung genau funktionierte, müsste ich nachfragen (alles selbstverständlich forum externum, kann aber vllt. auch trotzdem im Beichtstuhl gemacht worden sein).
Infamie kann ja auch per se nicht von der Gewissenserkenntnis des Einzelnen abhängig sein, sondern hängt eben an objektiven Merkmalen.
Dass das heute nicht mehr der Fall ist, ist klar, ich dachte das würde deutlich. Seit 1983 ist keine Strafbarkeit mehr gegeben.
Kirchenrechtlich geht es allerdings weiterhin um die Stellung des so gen. "öffentlichen Sünders". Der ist - anders als der "normale" schwere Sünder, für den nur der normale c.916 gilt und der dementsprechend selber überprüfen muss, ob er gehen darf oder nicht - auch nach c.915 von der hl. Kommunion ausgeschlossen (man kann ihm also, wo das offenkundig ist, die Kommunion verweigern, was der Priester ja sonst nicht darf, selbst wenn er aus Seelsorge oder Beichte um eine unbereute Sünde wüsste).
c.915 zielt (wie früher das Strafrecht) nur auf forum externum, nicht auf das Gewissen. Der Gnadenstand ist für den Ausschluss nach 915 also unerheblich. Insoweit ist der "notorische Sünder" eine Art "Quasi-Straftäter", wie einige es nennen. Es kann durchaus vorkommen, dass jmd. die Sünde schon gebeichtet oder vollkommen bereut hat oder evtl. aus anderen Gründen sittlich entschuldigt und demnach sündenfrei ist und trotzdem ausgeschlossen bleibt, bis das öffentlich umgesetzt ist (das war ja der Streitpunkt, der 2000 zu der bekannten Instruktion des Rates für die Gesetzestexte führte; @Tarquin hatte das glaube ich sogar vor ein paar Tagen in einem Kommentar bei @Sophophilus zitiert). Normzweck ist die Vermeidung des scandalums. Deshalb spielt es keine Rolle, wie die tats. Gewissens- und Faktenlage ist, es kommt nur darauf an, was öfftl. bekannt ist.
Dafür gibt es dann den Ausweg der sog. "diskreten" Kommunion in der Sakristei nach der Messe, wie er auch bei Josephsehe mitunter angewandt wird. Josephsehe ist ja auch der klassische Anwendungsfall, wo ein "verstockter öffentlicher Sünder" in Wirklichkeit gar kein Sünder ist.
Grundproblem beim Kommunionausschluss öffentlicher Sünder ist, dass man *mögliche* Sünder quasi auf Verdacht vom Altarssakrament ausschließt. Das forum externum (und die Kirche generell) sagt ja nicht, wer so lebt sündigt, sondern nur, wer so lebt dürfte dem Anschein nach schwer sündigen und gibt ein schlechtes Beispiel. Über den tats. Gnadenstand urteilt die Kirche ja nicht (außer im Beichtstuhl).
Dass das (trotz des Auswegs der Diskretion) immer noch zu teils etwas unlogischen Diskrepanzen zwischen Recht und Gnadenstand führt, ist in der kanonistischen Fachdiskussion bekannt. Das wird auch etwa von Markus Graulich (kein Befürworter der Zivilwiederverheiratetenkommunion, jdfs. bisher) in seinem im verg. Monat ersch. Sammelband anstandslos eingeräumt.
Dies hatte ich mit "unlogische disziplinäre Einschränkungen" des Grundrechts auf Sakramentenempfang u.a. gemeint.
(Forts.)
AntwortenLöschenWas die Beichte angeht, so ist natürlich richtig, dass für den Empfang dieses Sakraments prinzipiell kein Gnadenstand erforderlich ist („Sakrament der Toten“). Trotzdem kommt es hier zu analogen Unstimmigkeiten, weil eine Lossprechung nur unter der Bedingung erteilt werden kann, dass der Betreffende der formellen Trennung vom Zweitpartner zustimmt, unabhängig davon, ob und was er bereut. Dies wird als Ausfluss des notwendigen guten Vorsatzes (als Teil der erforderlichen Reue) angesehen.
Das führt zu der (im Prinzip ja ganz unhaltbaren) Situation, dass irgendwelche sonstigen, mitunter sehr schweren Sünden, die der Betreffende bereut und beichten möchte, selbst dann nicht sakramental vergeben werden können, wenn er hinsichtlich der Zweitehe gar nicht zur Empfindung von Reue fähig ist, weil er sie gar nicht als Sünde erkennt.
Auch bestünde ja sonst die Möglichkeit, jeden GV in der irregulären Verbindung einzeln zu "bereuen" und zu beichten und am Sonntag darauf "diskret" zur Kommunion zu gehen, ohne das ehebrecherische Verhältnis aufgeben zu müssen (die Anforderungen an den Vorsatz in der Beicht sind ja prinzipiell ganz minimal). Dies würde zu einer Art "unvollkommenen Josephsehe" führen: Man beichtet und nimmt sich dabei grds. vor, sich vom Partner fernzuhalten, kann dann "diskret" zur Kommunion gehen, "fällt" anschließend wieder, könnte dann erneut beichten gehen usf. Diese Art Kettenbeichte ohne Auflösung der Zweitehe wurde auch tatsächlich in den 80er Jahren (bspw. in Köln, kurioserweise unter Kard. Höffner!) teils mit Duldung der Ordinarien praktiziert. Das ist aber natürlich nicht nur tendenziell eine Umgehung, sondern auch psychologisch extrem ungesund. Dem wurde ein Riegel dadurch vorgeschoben, dass für die Josephsehe die schriftliche Verpflichtungserklärung beider Beteiligten ggü. dem Pfarrer notwendig ist (also forum externum). Ohne so eine amtliche Anerkennung der Josephsehe ist der Kommunionempfang auch diskret (heimlich ohne Wissen der Gemeinde) nicht möglich und es wird im Normalfall (keine Todesgefahr o.Ä.) eben auch keine Lossprechung erteilt.
Vielleicht nochmal allgemeinverständlich:
AntwortenLöschenBetroffene wurden vor dem letzten Konzil in der Tat exkommuniziert. Noch bis 1983 führte das Eingehen einer zivilen Zweitehe zur Kirchenstrafe mit Ausschluss von allen Sakramenten und Ehrenämtern. Die Kirchenstrafe sollte als Beugestrafe die Belegten unter Druck setzen, ihre Lage zu ändern, weil sonst ihr Heil gefährdet ist.
Erst danach trat die heutige Situation ein, wonach es keine Kirchenstrafe mehr gibt und der Ausschluss nur Kommunion (c. 915) und Beichte betrifft, der Betroffene aber sonst volles Glied der Gemeinde bleibt (wobei die Frage der Ehrenämter – PGR usw. – weiter strittig und in Deutschland zwar meist partikularrechtlich erlaubt, aber grds. eigtl. verboten bzw. unerwünscht ist).
Der Sakramentenausschluss kann durch schriftlich von beiden bestätigte Josephsehe beendet werden. Auch dann bleibt die Stellung als "öfftl. Sünder" nach außen natürlich bestehen.
Das führt heute zu der widersprüchlichen Situation, dass diverse Bfe. usw. immer wieder betonen, die Betroffenen seien *nicht* exkommuniziert und sollten bitte in der Gemeinde "aktiv" sein, eine reguläre Teilhabe am sakramentalen (und teils auch am ehrenamtlichen) Leben aber ausgeschlossen bleibt. Damit werden widersprüchliche Signale ausgesendet, die sich nur schwer eingeordnen lassen: Man soll sich als Teil der Gemeinde fühlen und nach Kräften mittun, bleibt aber gleichzeitig "öffentlicher Sünder" und wegen des Sakramentenausschlusses vom Verlust des Seelenheils bedroht, weil man ja nicht bereut und, sofern man dies vor dem Tode nicht tut, im Prinzip unerlöst bleibt.
Dies war der Hintergrund meiner Aussage, das System sei an "eigenen Widersprüchen" gescheitert. Die alte Regelung (Exkommunikation/Kirchenstrafe) war härter, aber wenigstens in sich logisch und nachvollziehbar. Die heutigen Appelle, zivil Wiederverheiratete dürften sich nicht "ausgegrenzt" fühlen, sind dagg. im Grunde kontraproduktiv, weil sie halbherzig und unklar erscheinen.
Soviel zum Kirchenrecht.
Zum Donatistenstreit: Streitthema war vordergründig die Würdigkeit der Sakramentenspender, Hintergrund war der Streit um die Lage der "Lapsi", die an den damals in Nordafrika noch allgegenwärtigen heidn. Kultstätten Weihrauch geopfert, mit Opferweihrauch "verunreinigtes" Obst gegessen, nichtchristlichen Sklaven ihre Opferrituale erlaubt hatten usw. Es ging also schon um die Frage, ob die Kirche aus Sündern besteht, die immer wieder fallen, oder aus Perfekten, die sich keinen Schnitzer erlauben dürfen.
Sehr schön beschreibt das Peter Brown.
Mehr dazu vllt. mal auf Ihrem Blog, sonst wird das hier zu umfangreich, einv.?
Hoffe, ich konnte meine "Ehre" wiederherstellen ;-)
Die eigtl. wesentliche Frage war in Ihrer Replik aber nicht angesprochen und steckt im letzten Absatz meines ersten Posts, nämlich, ob und wann die öfftl. Sünde wirklich eine schwere Sünde ist.
Hallo Wiseacre!
AntwortenLöschenIch glaube wir reden an mehreren Punkten irgendwie aneinander vorbei.
Hatte vor ein paar Tagen etwas länglich geantwortet, kam aber wg. Überlänge nicht durch. Versuchs daher nochmal etwas gerafft :-)
Wo verwende ich kirchenrechtliche Termini falsch?
'Exkommunikation' ist schon richtig. Die wurde früher tatsächlich in diesen Fällen verhängt (wegen Bigamie, c.2356) und vom Pfarrer von der Kanzel verkündet. Nach dem Konzil gab es dann eine Phase, in der auf die bis dahin übliche bfl. Abmahnung mit anschließender Spruchstrafe verzichtet, aber an der von selbst eintretenden Infamie (Ehrverlust) festgehalten wurde. Auch Ehrverlust führte nach altem CIC zu zur Vorenthaltung aller Sakramente.
Infamie kann ja auch per se nicht von der Gewissenserkenntnis des Einzelnen abhängig sein, sondern hängt eben an objektiven Merkmalen.
Bis 1983 (Inkrafttreten des neuen CIC) galt also Strafrecht.
Dass das heute nicht mehr der Fall ist, ist klar, ich dachte das würde deutlich. Seit 1983 ist keine Strafbarkeit mehr gegeben.
Kirchenrechtlich geht es allerdings weiterhin um die Stellung des so gen. "öffentlichen Sünders". Der ist - anders als der "normale" schwere Sünder, für den nur der normale c.916 gilt und der dementsprechend selber überprüfen muss, ob er gehen darf oder nicht - auch nach c.915 von der hl. Kommunion ausgeschlossen (man kann ihm also, wo das offenkundig ist, die Kommunion verweigern, was der Priester ja sonst nicht darf, selbst wenn er aus Seelsorge oder Beichte um eine unbereute Sünde wüsste).
c.915 zielt (wie früher das Strafrecht) nur auf forum externum, nicht auf das Gewissen. Der Gnadenstand ist für den Ausschluss nach 915 also unerheblich. Von daher ist der notorische "öfftl. Sünder" eine Art "Quasi-Straftäter".
Hier war der Tümpelritter (rein rechtlich) etwas unpräzise, weil er meinte, die Kirche "versperre" den Leuten den Zugang zur Kommunion ja nicht. Das tut sie schon, aber darum ging es im Grunde weder im Ausgangsartikel noch in meiner Antwort wirklich.
Stichwort Beichte: Der Ausschluss betrifft auch das Bußsakrament, da die Pönitenten keine Lossprechung erhalten, egal ob und was sie bereuen, solange sie sich nicht tatsächlich trennen oder vor dem Pfarrer die Josephsehe schriftlich bestätigen. Sowohl Trennung als auch diese Verpflichtungserklärung spielen sich natürlich im forum externum ab und haben mit dem Gnadenstand an sich nichts zu tun. So bleibt z.B. auch bei Josephsehe die Stellung als "öfftl. Sünder" nach außen natürlich bestehen (inkl. aller – etwa arbeitsrechtlicher – Konsequenzen).
Vor allem führt das zu der (im Prinzip ja ganz unhaltbaren) Situation, dass irgendwelche sonstigen, mitunter sehr schweren Sünden, die der Betreffende bereut und beichten möchte, selbst dann nicht sakramental vergeben werden können, wenn er hinsichtlich der Zweitehe gar nicht zur Empfindung von Reue fähig ist, weil er sie gar nicht als Sünde erkennt.
Hintergrund meiner Aussage, das System sei an "eigenen Widersprüchen" gescheitert, war also gerade der Umstand, dass heute immer betont wird, die Betroffenen seien *nicht* exkommuniziert und sollten bitte in der Gemeinde "aktiv" sein, eine reguläre Teilhabe am sakramentalen (und teils auch ehrenamtlichen) Leben aber ausgeschlossen bleibt.
Damit werden widersprüchliche Signale ausgesendet, die sich nur schwer einordnen lassen: Man soll sich als Teil der Gemeinde fühlen und nach Kräften mittun, bleibt aber gleichzeitig "öffentlicher Sünder" und wegen des Sakramentenausschlusses vom Verlust des Seelenheils bedroht, weil man ja angeblich keine Reue zeigt und, sofern man dies vor dem Tode nicht tut, im Prinzip unerlöst bleibt.
Die alte Regelung (Exkommunikation/Kirchenstrafe) war härter, aber wenigstens in sich logisch und nachvollziehbar. Die heutigen Appelle, zivil Wiederverheiratete dürften sich nicht "ausgegrenzt" fühlen, sind dagg. im Grunde kontraproduktiv, weil sie halbherzig und unklar erscheinen.
(Forts.)
AntwortenLöschenDie eigtl. Kernfrage meiner Antwort war das aber ohnehin nicht. Die steckte im letzten Absatz meines Posts und zielte darauf, ob und wann die öfftl. Sünder *wirklich* eine schwere Sünde begehen, die ein solches "Versperren" des Zugangs zur Beichte und zur Kommunion rechtfertigt.
Im Mittelpunkt steht also die Frage, ob Zweitehe tatsächlich eine "Dauersünde" ist oder nicht doch auch als mehr oder weniger nachvollziehbare Folge der (selbstverständlich an sich sündhaften) Scheidung betrachtet werden muss. Wenn man sich vorstellt, das sakramentale Eheband werde von zivil Wiederverheirateten kontinuierlich (wie einige meinen) "mit Füßen getreten", weil sie ja ständig ihre erste Ehe neu brechen, kommt man zu diesem "Widerspruch", der ja auch der Grund für den Sakramentenausschluss ist. Grundsätzlich ist das ja auch richtig, nur eben nicht absolut zu setzen (jedenfalls tut die Kirche das nicht).
Diese unflexible Sichtweise entspricht in dieser Absolutheit eben gar nicht der Realität. In Wirklichkeit (also vor Gott) sündigen diese Leute ja keineswegs alle ständig, nur weil sie ihre Zweitpartnerschaft weiterführen. Ganz im Ggt. wäre ja in vielen Fällen die von manchen geforderte Auflösung der Zweitpartnerschaft ein sittliches Übel und damit selbst sündhaft. Ob man dann auf Sexualität verzichten kann oder muss oder nicht ist für die Frage der Sündhaftigkeit eher zweitrangig und vor allem individuell ganz verschieden.
Ein unaufhebbarer Widerspruch besteht ja nur, wenn man die Unauflöslichkeit der Ehe *auch bei Ehebruch* nicht nur als geboten betrachtet, sondern verabsolutiert. Genau dies tun aber das NT (Mt-Klauseln, Paulus), die Kirchenväter (West-Ost-Gefälle), die Naturrechtslehre und nicht zuletzt das Konzil von Trient (Kanon 7, Cedula für Zypern) in der Betrachtung dieser Frage gerade nicht.
Die erneute Heirat nach Scheidung ist in Schrift und Tradition der Kirche also keineswegs immer und überall etwas derart Unverzeichliches, dass man es nicht unter Umständen, nach Bußzeiten und unter Auflagen doch (auch zu Lebzeiten des Ehegatten) gestatten könnte. Und wenn man es gestattet, ist es eben auch keine Sünde mehr und rechtfertigt daher auch keinen Sakramentenausschluss. Wie man das rechtlich regelt (Ehenichtigkeit oder nichtsakramentale Zweitverbindung) ist dann erst die zweite Frage.
Noch schnell zum Donatistenstreit: Streitthema war vordergründig die Würdigkeit der Sakramentenspender, Hintergrund war der Streit um die Lage der "Lapsi", die an den damals in Nordafrika noch allgegenwärtigen heidn. Kultstätten Weihrauch geopfert, mit Opferweihrauch "verunreinigtes" Obst gegessen, nichtchristlichen Sklaven ihre Opferrituale erlaubt hatten usw. Es ging also schon um die Frage, ob die Kirche aus Sündern besteht, die immer wieder fallen, oder aus Perfekten, die sich keinen Schnitzer erlauben dürfen.
Sehr schön beschreibt das Peter Brown.
Viele Grüße!
Jorge, entschuldigen Sie, daß es mit der Veröffentlichung so lange gedauert hat. Ich glaubte ernsthaft, ich hätte Ihre Kommentare heute morgen bereits freigeschaltet. Viele Grüße!
LöschenIst überhaupt kein Problem! Ich weiß, dass ich meistens zuviel schreibe und dachte, es läge daran ...
AntwortenLöschenGruß!