Die Kollision mit dem »Marsch für das Leben« in Berlin war eine Panne, die Begrüßung des neuen Erzbischofs in Kölner Dom in Hinsicht auf das Treffen der Blogözese Höhere Gewalt, die Vorfreude auf den neuen Erfurter Bischof jedoch ein sehr glücklicher Zufall, konnte sich doch unser investigativster Newsblogger gleich an Ort und Stelle akkreditieren und dem »Neuen« auf den Zahn fühlen.
Am späten Freitagabend trudelten dann auch die letzten ein. Freitagsverkehr ist, was einen mitnimmt, auch wenn es nicht vorwärts geht.
Halbwegs frisch konnten wir dann am Samstag dann erst einmal lauschen, was der Bochumer Pastoraltheologe Matthias Sellmann in einem kurzen Impuls zur Diskussion stellte. Anschließend trug Anna Heiliger die Ergebnisse ihrer Arbeit »Das missionarische Potenzial der deutschsprachigen katholischen Bloggerszene« am Institut für Pastoralforschung der Ruhr-Uni Bochum vor. Für einen einzigen Vormittag war das gewaltig viel Stoff – und manche Wortmeldung habe ich mit Blick auf die Uhr doch wieder innerlich »in die Tasche gesteckt«. Ist auch viel wert, wenn man dann später ein Thema hat, über das gebloggt werden kann. (So wie gezz!)
Matthias Sellmann begann mit einem Zitat des ehemaligen Bischofs von Aachen, Klaus Hemmerle: „Lass mich dich lernen, dein Denken und Sprechen, dein Fragen und Dasein, damit ich daran die Botschaft neu lernen kann, die ich dir zu überliefern habe.“
Mit Verweis auf Gaudium et Spes sprach er vom konzilsbedingten »Paradigmenwechsel« in der Verkündigung:
»Es ist jedoch Aufgabe des gesamten Gottesvolkes... , unter dem Beistand des Heiligen Geistes auf die verschiedenen Sprachen unserer Zeit zu hören, sie zu unterscheiden, zu deuten und im Licht des Gotteswortes zu beurteilen, damit die geoffenbarte Wahrheit immer tiefer erfaßt, besser verstanden und passender verkündet werden kann.« (GS 44)
Eine Botschaft ändert in der Weitergabe und Rezeption – und der Verkünder der Frohen Botschaft hat (ausgehend von Hemmerle) zwei Lernschritte zu vollziehen: Er muß neben der Botschaft, die er weitergibt, sich selber erlernen, aber er muß eben auch den anderen lernen. Die provokante Aufforderung an die Blogger im Hinblick auf das Missionspotenzial der Blogoezese: Weniger selbstreferentiell, weniger kirchenzentriert schreiben, neben der Frage nach der Erlösung das Hier und Jetzt der Menschen in den Blick nehmen.
Soweit meine Wiedergabe aus der Erinnerung. Ich hoffe zumindest die Leitfäden des Impulses wiedergegeben zu haben. Soweit stimme ich natürlich zu: Der Apfelkistenmissionar, der sich im Internet seine eigene Speaker’s Corner einrichtet, hat als Person wenig Ausstrahlung. Aber muß es nicht auch die Themenblogs geben, die bewußt nur interessierten Personen zugänglich sind? Sind Vertiefung und Austausch nur nachgeordnete Blogthemen?
Kann ich die Rede von Jesus Christus – theologisch vielleicht modern – auf ein »Christus-Ereignis« reduzieren? Und gehört zu Jesus Christus nicht ganz wesentlich die Kirche hinzu? Läßt sich »Kirche« wirklich als Geschehen begreifen, das sich dort ereignet, wo Menschen sich in irgendeiner Form vom Christus berühren lassen? »Die Kirche Jesu Christi ist nicht gleichzusetzen mit der Römisch-Katholischen Kirche« erhielt ich als Antwort auf diese Frage, aber diese Frage hatte ich nicht gestellt. Nein – ich hätte mir an dieser Stelle doch einen vertiefenden Dialog gewünscht. Einen Dialog, der es nicht erfordert hätte, daß mein Sitznachbar fieberhaft »Dominus Iesus« nach Hinweisen auf die Heilsuniversalität Jesu Christi und seiner Kirche durchforstete.
Denn immerhin hat der Missionar nicht eine abstrakte, ideelle Botschaft; er steht mit seiner Verkündigung für eine Person. Das Dialogmodell der Rede über Gott als Austauschmodell zwischen Sender und Empfänger, das schon ganz gut gelaufen ist, wenn es beiden anschließend besser geht, genügt nicht. Denn es berücksichtigt nicht die »Rede des Heiligen Geistes durch uns«. Es berücksichtigt nicht ausreichend, daß ein Sprechen von Gott eigentlich gar nicht möglich ist, wenn es nicht ein Sprechen IN Gott ist. Der mutmaßliche Wandel im Missionsverständnis ist meines Erachtens kein Wandel. Ganz sicher hat es in den missionarischen Bemühungen vergangener Zeiten Irrwege und eine Form unbeleuchteter Mission gegeben. Aber daß die Kraft der Mission die Liebe Christi ist, die uns drängt (vgl 2 Kor 5,14), hat auch vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil niemand bezweifeln können, dem an der Verbreitung des Evangeliums gelegen war.
Noch einmal: Kern der Verkündigung ist meiner Ansicht nach nicht ein Ereignis – auch kein »Christus-Ereignis«, sondern eine Person. In das Kennenlernen der Person gehört die Kirche als Begegnungsort des Auferstandenen ganz wesentlich mit hinein und kann nicht ausgespart werden. Für mich als Katholiken ist die sakramentale Begegnung mit dem auferstandenen Herrn wichtig: Also präzisiere ich: Die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche.
Der Weg, auf dem das Wort zu den Menschen kommt, ist die Liebe. Wenn ich liebe, werde ich den anderen in seiner Andersheit kennenlernen wollen. Hier ist für mich der Platz für das Hemmerle-Zitat vom Erlernen des anderen, das ich methodisch für eine sehr große Aussage halte. Doch der eigentlich Handelnde in der Mission ist Jesus Christus selbst. Ja, es ist wichtig, den unter die Räuber Gefallenen zu versorgen. Aber das Ziel ist nicht die Herberge der Heilung, sondern das Leben in Fülle. Der Himmel und wie man dahin kommt, ist das zentrale Thema der Evangelisierung.
Wir sollten zudemr nicht vergessen, daß Gott – für uns mitunter lästig – nicht nur durch die Sympathischen, sondern auch durch die Unsympathen, die Dialogverweigerer wirkt. Paulus, der große Mann des Gebetes, wußte das noch zu schätzen: »Aber was liegt daran? Auf jede Weise, ob in unlauterer oder lauterer Absicht, wird Christus verkündigt und darüber freue ich mich.« (Phil 1,18)
Daher fehlte mir in der Beleuchtung des missionarischen Potenzials der Bloggerszene (neben der Barmherzigkeit den Sperrigen, den Unsympathischen gegenüber) der Hinweis auf die EINE Kraftquelle der Mission: Auf das Gebet.
Soweit erste Anmerkungen. Ich blogge sie so, wie sie mir aus der Feder geflossen sind. Wenn jemand es besser weiß und mich korrigieren kann, etwa, indem er sagt: Du hast Professor Sellmann nicht verstanden! bin ich dafür dankbar.
Der ist nämlich wichtig. (Neben entzückenden Hundefotos.)
Der Webseite von Herrn Sellmann lässt sich entnehmen, dass eines „seiner Spezialgebiete ‚Fußball und Religion’" ist und dass er „seine offizielle Antritsvorlesung über den ‚Pragmatismus des Ruhrgebiets als Lernaufgabe einer zukünftigen Pastoral’" gehalten hat.
AntwortenLöschenEs wundert mich daher nicht, wenn Ihnen (der so schön und richtig über Mission geschrieben hat) ein gewisse Reserve in der Rezeption des professoralen Vortrags anzumerken ist.