Montag, November 28, 2016

Halt, rote Linie!

Was macht man, wenn eine mathematische Gleichung nicht aufgehen will? Ganz einfach: man zwingt sie dazu. Per Gesetz. Frei nach Woody Allen, der auch bereits vorschlug, bisher unlösbaren Gleichungen Repressalien anzudrohen.
Ehrlich gesagt mag ich solche Witze. Absurditäten können unterhaltsam sein. Also gleich noch so einen: Was macht eine Arbeitsministerin, wenn die Rente zu teuer wird: sie verbietet das. Per Gesetz. Womit wir mit den Witzen am Ende wären, denn dies ist die Realität.

Ein neues Rentenkonzept wurde vorgelegt. Zwei „rote Linien“ gibt es darin, die nie und nimmermals überschritten werden dürfen: die Rente darf einen bestimmten Betrag nicht unterschreiten, die Beiträge dafür dürfen einen bestimmten Betrag nicht überschreiten. Und wenn das nicht passt? Wenn auch die höchsten erlaubten Einnahmen nicht reichen, die niedrigste erlaubte Rente zu finanzieren, was in wenigen Jahren der Fall sein dürfte? Ich meine, was soll das? Macht sich die Rente dann strafbar?
Kein Mensch hat etwas von solchen Regelungen, die so absurd sind, dass nicht einmal das Wort peinlich darauf noch passt. Sie besagen nichts anderes als: ab einem bestimmten Betrag wissen wir nicht weiter und greifen in die Steuerkasse. Wer hätte das gedacht. Dann gibt es eben höhere Steuern, vielleicht einen Rentensoli. Die Regelung jetzt ist nichts anderes als die Legitimierung der Verlegenheit demnächst. Der Bescheid, den man dann bekommt, hat ungefähr diesen Inhalt:

Lieber Bürger, wir bräuchten monatlich 100,-€ mehr von dir, um die Renten zu bezahlen. Da wir den Beitrag nicht erhöhen dürfen, bekommen wir künftig eben 100,-€ Rentensoli von dir. Da dieser neue Soli allerdings einen erheblichen Verwaltungsaufwand bedeutet, erhöht sich der Beitrag um 20%. Der Betrag von monatlich 120,-€ wird künftig mit der Steuer automatisch einbehalten.
Viele liebe Grüße, Rentenkasse und Finanzamt.

Vom Konzept her übrigens eine feine Sache: da Renten besteuert werden, zahlen die Rentner so ihre eigene Rente. Ich höre es schon: „Wer verbraucht, soll auch einzahlen“ oder Ähnliches – irgendein brauchbarer Slogan, der nach gerechter Verteilung klingt, wird sich dafür schon finden lassen.
Wenn die Politik mir einmal nicht in die Tasche greift, dann nur deshalb, weil sie Zugriff auf mein Konto hat. Bezahlen werden alles die jetzt jung sind. Deren Eltern werden übrigens weniger Rente bekommen, da sie Rentenzahler großzogen, anstatt zu arbeiten, ihre Energie also in die einzige Tätigkeit steckten, die auch künftig Renten garantiert, allerdings nicht bezahlt wird. Ich habe es meinem Sohn schon erklärt: Du wirst die Renten bezahlen, die in deiner Arbeitszeit anstehen. Die geringsten wirst du deinen und anderen Eltern bezahlen, weil die so große Kinderpausen hatten. Die höchsten wirst du denen bezahlen, die Karriere statt Kindern wollten. Das ist nur gerecht so. Er hat mich verstanden.
Rote Linien? Kein Politiker bleibt davor stehen. Der für Staatsmänner ausgerollte rote Teppich ist nichts als das Symbol der roten Linien, die er schon überschritten hat. Je mehr, desto länger.
Feierlich und selbstverständlich nur zu unserem Wohl.

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