Was macht man, wenn eine mathematische Gleichung nicht aufgehen will? Ganz einfach: man zwingt sie dazu. Per Gesetz. Frei nach Woody Allen, der auch bereits vorschlug, bisher unlösbaren Gleichungen Repressalien anzudrohen.
Ehrlich gesagt mag ich solche Witze. Absurditäten können unterhaltsam sein. Also gleich noch so einen: Was macht eine Arbeitsministerin, wenn die Rente zu teuer wird: sie verbietet das. Per Gesetz. Womit wir mit den Witzen am Ende wären, denn dies ist die Realität.
Ein neues Rentenkonzept wurde vorgelegt. Zwei „rote Linien“ gibt es darin, die nie und nimmermals überschritten werden dürfen: die Rente darf einen bestimmten Betrag nicht unterschreiten, die Beiträge dafür dürfen einen bestimmten Betrag nicht überschreiten. Und wenn das nicht passt? Wenn auch die höchsten erlaubten Einnahmen nicht reichen, die niedrigste erlaubte Rente zu finanzieren, was in wenigen Jahren der Fall sein dürfte? Ich meine, was soll das? Macht sich die Rente dann strafbar?
Kein Mensch hat etwas von solchen Regelungen, die so absurd sind, dass nicht einmal das Wort peinlich darauf noch passt. Sie besagen nichts anderes als: ab einem bestimmten Betrag wissen wir nicht weiter und greifen in die Steuerkasse. Wer hätte das gedacht. Dann gibt es eben höhere Steuern, vielleicht einen Rentensoli. Die Regelung jetzt ist nichts anderes als die Legitimierung der Verlegenheit demnächst. Der Bescheid, den man dann bekommt, hat ungefähr diesen Inhalt:
Lieber Bürger, wir bräuchten monatlich 100,-€ mehr von dir, um die Renten zu bezahlen. Da wir den Beitrag nicht erhöhen dürfen, bekommen wir künftig eben 100,-€ Rentensoli von dir. Da dieser neue Soli allerdings einen erheblichen Verwaltungsaufwand bedeutet, erhöht sich der Beitrag um 20%. Der Betrag von monatlich 120,-€ wird künftig mit der Steuer automatisch einbehalten.
Viele liebe Grüße, Rentenkasse und Finanzamt.
Vom Konzept her übrigens eine feine Sache: da Renten besteuert werden, zahlen die Rentner so ihre eigene Rente. Ich höre es schon: „Wer verbraucht, soll auch einzahlen“ oder Ähnliches – irgendein brauchbarer Slogan, der nach gerechter Verteilung klingt, wird sich dafür schon finden lassen.
Wenn die Politik mir einmal nicht in die Tasche greift, dann nur deshalb, weil sie Zugriff auf mein Konto hat. Bezahlen werden alles die jetzt jung sind. Deren Eltern werden übrigens weniger Rente bekommen, da sie Rentenzahler großzogen, anstatt zu arbeiten, ihre Energie also in die einzige Tätigkeit steckten, die auch künftig Renten garantiert, allerdings nicht bezahlt wird. Ich habe es meinem Sohn schon erklärt: Du wirst die Renten bezahlen, die in deiner Arbeitszeit anstehen. Die geringsten wirst du deinen und anderen Eltern bezahlen, weil die so große Kinderpausen hatten. Die höchsten wirst du denen bezahlen, die Karriere statt Kindern wollten. Das ist nur gerecht so. Er hat mich verstanden.
Rote Linien? Kein Politiker bleibt davor stehen. Der für Staatsmänner ausgerollte rote Teppich ist nichts als das Symbol der roten Linien, die er schon überschritten hat. Je mehr, desto länger.
Feierlich und selbstverständlich nur zu unserem Wohl.
Montag, November 28, 2016
Donnerstag, November 10, 2016
Wissen macht machtlos!
Die Meinungsforscher wussten, dass Clinton gewinnt.
Die Presse wusste, dass Trump letztlich keine Chance hat.
Die Fachleute wussten, dass die Aktien einbrechen, sollte Trump gewinnen.
Das wussten die schon immer. Verlasst euch drauf!
Das war vor der Wahl.
Jetzt ist nach der Wahl.
Heute weiß die Presse, warum es gar nicht anders kommen konnte.
Heute weiß die Presse, was kommen wird.
Heute weiß die Politik, dass das auch bei uns passieren kann. Und sie zittert. Denn sie hat ein Problem: die einzige Lösung, zu der sie sich aufraffen kann, ist, noch stärker genau so weiter zu machen, wie bisher.
Maybrit Illner zeigte es:
Alice Schwarzer weiß, dass ungebildete weiße Männer die Ursache waren, weil sie mit einer starken Frau nichts anfangen konnten.
Lafontaine weiß, dass die soziale Kluft die Ursache ist, die wiederum daher rührt, dass die Menschen nicht links genug sind.
Aus dem Lager der Grünen heißt es: „Wir müssen den Menschen noch besser erklären, was wir tun!“
Mehr vom Alten.
Fazit: der Schuss wurde gehört. Er soll die anderen aufrütteln.
Die Politik schaut von den Menschen weg und versteht den Tritt, der notgedrungen von hinten kommt, als beschleunigenden Impuls in ihre Richtung. Denn jeder hat eine ganz besondere Qualität in diesem ganzen Tohuwabohu: er kennt sich aus und weiß. Als einziger, versteht sich.
Politik und Presse sind gefangen in ihrem Anspruch an sich selbst, immer den Weg zu kennen und der Bevölkerung zu vermitteln. So gefangen, dass sie lieber blanken Unsinn von sich geben als einfach einmal still zu sein. Und damit verpassen sie das Entscheidende: das Hören, weil sie ständig reden. Sie, die immer alles wissen, übersehen das Banalste, das in jedem Kommunikationstraining gelehrt wird: erst einmal den Anderen reden lassen. Ihn fragen lassen. Vertrauen schafft man, indem man sich Fragen anhört und sie stehen lässt. Beantwortet man sie sofort, schafft man Abneigung. Doch zu dieser Erkenntnis sind Politik und Presse unfähig. Schon prasseln wieder Antworten und Erklärungen auf uns ein, ohne Basis, oft mit einer Halbwertszeit von nur Stunden. Antworten und Erklärungen, die nur noch nerven.
Niemandem fällt auf, was Trump sagte: „Ihr werdet nicht länger ungehört bleiben!“
Er versprach zu hören. Und das kam an. Die teils abstrusen Antworten, die er gab, waren kein besserwisserisches Herunterleiern von Lösungen, die niemand mehr hören wollte, sondern Impulse, die die Stimmung aufgriffen, die er hörte. Nicht weil sie jeden Latino rauswerfen wollten, wählten sie ihn, sondern weil sie merkten: der hat uns zugehört. Denn eins wissen die Wähler genau: Politiker und Reporter, die alles wissen, haben keine Ahnung. Und sie vertrauen dem, der vermittelt, zuzuhören und die Ärmel hochzukrempeln.
Unsere Politik hingegen und unsere Presse sind nicht nur unfähig, zu hören – sie verteufeln das Hören noch dazu. „Populismus“ ist die Diagnose, die sie jedem zuordnen, der auf die Menschen einzugehen versucht. Sie sind es gewohnt, Ungeliebtes so zu bedrängen und zu ächten, dass es sich wieder zurückzieht. Und sie überlassen das Hören anderen. Eine Frage der Zeit, bis sie sich verwundert die Augen reiben, weil sie entmachtet wurden.
Und wir können froh sein, wenn wir mit denen, die dann an die Macht kommen, nicht ins totale Chaos versinken. Die danach greifen, sind mehr als bedenklich.
Die Presse wusste, dass Trump letztlich keine Chance hat.
Die Fachleute wussten, dass die Aktien einbrechen, sollte Trump gewinnen.
Das wussten die schon immer. Verlasst euch drauf!
Das war vor der Wahl.
Jetzt ist nach der Wahl.
Heute weiß die Presse, warum es gar nicht anders kommen konnte.
Heute weiß die Presse, was kommen wird.
Heute weiß die Politik, dass das auch bei uns passieren kann. Und sie zittert. Denn sie hat ein Problem: die einzige Lösung, zu der sie sich aufraffen kann, ist, noch stärker genau so weiter zu machen, wie bisher.
Maybrit Illner zeigte es:
Alice Schwarzer weiß, dass ungebildete weiße Männer die Ursache waren, weil sie mit einer starken Frau nichts anfangen konnten.
Lafontaine weiß, dass die soziale Kluft die Ursache ist, die wiederum daher rührt, dass die Menschen nicht links genug sind.
Aus dem Lager der Grünen heißt es: „Wir müssen den Menschen noch besser erklären, was wir tun!“
Mehr vom Alten.
Fazit: der Schuss wurde gehört. Er soll die anderen aufrütteln.
Die Politik schaut von den Menschen weg und versteht den Tritt, der notgedrungen von hinten kommt, als beschleunigenden Impuls in ihre Richtung. Denn jeder hat eine ganz besondere Qualität in diesem ganzen Tohuwabohu: er kennt sich aus und weiß. Als einziger, versteht sich.
Politik und Presse sind gefangen in ihrem Anspruch an sich selbst, immer den Weg zu kennen und der Bevölkerung zu vermitteln. So gefangen, dass sie lieber blanken Unsinn von sich geben als einfach einmal still zu sein. Und damit verpassen sie das Entscheidende: das Hören, weil sie ständig reden. Sie, die immer alles wissen, übersehen das Banalste, das in jedem Kommunikationstraining gelehrt wird: erst einmal den Anderen reden lassen. Ihn fragen lassen. Vertrauen schafft man, indem man sich Fragen anhört und sie stehen lässt. Beantwortet man sie sofort, schafft man Abneigung. Doch zu dieser Erkenntnis sind Politik und Presse unfähig. Schon prasseln wieder Antworten und Erklärungen auf uns ein, ohne Basis, oft mit einer Halbwertszeit von nur Stunden. Antworten und Erklärungen, die nur noch nerven.
Niemandem fällt auf, was Trump sagte: „Ihr werdet nicht länger ungehört bleiben!“
Er versprach zu hören. Und das kam an. Die teils abstrusen Antworten, die er gab, waren kein besserwisserisches Herunterleiern von Lösungen, die niemand mehr hören wollte, sondern Impulse, die die Stimmung aufgriffen, die er hörte. Nicht weil sie jeden Latino rauswerfen wollten, wählten sie ihn, sondern weil sie merkten: der hat uns zugehört. Denn eins wissen die Wähler genau: Politiker und Reporter, die alles wissen, haben keine Ahnung. Und sie vertrauen dem, der vermittelt, zuzuhören und die Ärmel hochzukrempeln.
Unsere Politik hingegen und unsere Presse sind nicht nur unfähig, zu hören – sie verteufeln das Hören noch dazu. „Populismus“ ist die Diagnose, die sie jedem zuordnen, der auf die Menschen einzugehen versucht. Sie sind es gewohnt, Ungeliebtes so zu bedrängen und zu ächten, dass es sich wieder zurückzieht. Und sie überlassen das Hören anderen. Eine Frage der Zeit, bis sie sich verwundert die Augen reiben, weil sie entmachtet wurden.
Und wir können froh sein, wenn wir mit denen, die dann an die Macht kommen, nicht ins totale Chaos versinken. Die danach greifen, sind mehr als bedenklich.
Mittwoch, November 09, 2016
Trump und Chesterton
Anlässlich der Wahl in den Staaten ein paar Gedanken von Chesterton zum Konservativismus:
Wer das Alte, das er für wertig erkannt hat, erhalten will, darf nicht konservativ, sondern muss progressiv sein. Zum Erhalt braucht es immer wieder eine Revolution. Wer seinen weißen Gartenzaun erhalten will, darf ihn nicht sich selbst überlassen, sondern muss ihn regelmäßig neu streichen, sonst wird er schwarz. Bewahren geschieht durch regelmäßige Erneuerung. Erneuert man es nicht, wird man von dem, was man zu bewahren versucht, letztendlich tyrannisiert. Soweit Chesterton.
Was in den USA geschehen ist, war der Versuch einer derartigen Erneuerung: die Revolution mit dem Ziel des alten großen Traumes. Abgestraft wurde hingegen die Kandidatin, die das Establishment in seiner Entwicklung belassen und nichts ändern wollte. Es ist ein Sieg des Progressivismus über den Konservativismus.
Kein Mensch weiß, was daraus werden wird. Der Wahlkampf legt Übles nahe. Jeder Moderator und Schreiber versucht derzeit, sich mittels analytischer Gedanken als Prophet zu erweisen. Keinem gelingt es und das meiste wirkt peinlich. Vor allem deshalb, weil die Schablone, die angelegt wird, lautet: Clinton = progressiv, Trump = konservativ. Diese Schablone ist falsch; sie beruht darauf, bestimmte Positionen als beweglich anzusehen und andere als unbeweglich, was Unsinn ist. Und so haben weltweit Progressive Angst vor Veränderungen, die sie als Stillstand kennzeichnen, und viele Konservative freuen sich darüber, dass nichts beim Alten bleiben wird. Schlechte Voraussetzungen für eine politische Zusammenarbeit.
Was in den USA geschieht, ist ein Aufbruch. Weiß der Kuckuck wohin.
Wer das Alte, das er für wertig erkannt hat, erhalten will, darf nicht konservativ, sondern muss progressiv sein. Zum Erhalt braucht es immer wieder eine Revolution. Wer seinen weißen Gartenzaun erhalten will, darf ihn nicht sich selbst überlassen, sondern muss ihn regelmäßig neu streichen, sonst wird er schwarz. Bewahren geschieht durch regelmäßige Erneuerung. Erneuert man es nicht, wird man von dem, was man zu bewahren versucht, letztendlich tyrannisiert. Soweit Chesterton.
Was in den USA geschehen ist, war der Versuch einer derartigen Erneuerung: die Revolution mit dem Ziel des alten großen Traumes. Abgestraft wurde hingegen die Kandidatin, die das Establishment in seiner Entwicklung belassen und nichts ändern wollte. Es ist ein Sieg des Progressivismus über den Konservativismus.
Kein Mensch weiß, was daraus werden wird. Der Wahlkampf legt Übles nahe. Jeder Moderator und Schreiber versucht derzeit, sich mittels analytischer Gedanken als Prophet zu erweisen. Keinem gelingt es und das meiste wirkt peinlich. Vor allem deshalb, weil die Schablone, die angelegt wird, lautet: Clinton = progressiv, Trump = konservativ. Diese Schablone ist falsch; sie beruht darauf, bestimmte Positionen als beweglich anzusehen und andere als unbeweglich, was Unsinn ist. Und so haben weltweit Progressive Angst vor Veränderungen, die sie als Stillstand kennzeichnen, und viele Konservative freuen sich darüber, dass nichts beim Alten bleiben wird. Schlechte Voraussetzungen für eine politische Zusammenarbeit.
Was in den USA geschieht, ist ein Aufbruch. Weiß der Kuckuck wohin.
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