Dienstag, Februar 23, 2016

Interview mit Bischof Oesterhagen

Aus aktuellem Anlass hat sich Bischof Dr. Bernhard Oesterhagen vom Bistum Gnadensuhl (LINK) der Presse gestellt. In der nächsten Ausgabe der Kirchenzeitung wird das Interview zu lesen sein. Wir veröffentlichen es vorab.

Presse: Danke, Exzellenz, dass Sie sich für dieses Interview zur Verfügung stellen.

Bischof Oesterhagen: Gerne, aber bitte nennen Sie mich einfach Herr Bischof. Ich verzichte in der Fastenzeit auf Titel.

Presse:  Herr Bischof, Sie haben bei manchen Menschen einige Irritation ausgelöst, als Sie sagten, Sie seien froh, dass nun im Bistum regelmäßig die „Alte Messe“ zelebriert werde. Ohne diese, so sagten Sie, sei das Bistum nicht vollständig. Was macht den Neuen Ritus unvollständig bzw. was soll am Alten Ritus besser sein?

Bischof Oesterhagen: Es tut mir leid, aber diese Frage kann ich nicht beantworten. Sie ist falsch gestellt.

Presse:  Warum das? Bitte klären Sie mich auf.

Bischof Oesterhagen: Nun, Sie vergleichen in der Frage die beiden Formen des Messritus, als sei da irgendetwas zu bewerten. Genau diese Denkweise – entschuldigen Sie, dass ich deutlich werde – ist jedoch das Problem in vielen Diskussionen, die völlig am Ziel vorbei gehen. Die einzige Frage, auf die es ankommt, ist die: ist Christus zugegen? Ist er im Wort, das wir hören? Ist er leibhaftig in der Eucharistie? Eine Messe wird durch Christus geheiligt. Mit Ihm kann sie nicht wirklich falsch sein, ohne Ihn hilft der schönste Ritus nichts.

Presse:  Wenn das so ist – warum soll dann ohne den Alten Ritus etwas fehlen? Christus ist doch in der Eucharistie anwesend, genauso wie in der Schrift, in der wir jede Messe lesen.

Bischof Oesterhagen: Was fehlt, ist ein Teil der Fülle, die wir besitzen. Was fehlt, ist ein Teil des Zugangs zum Herzen der Menschen, die die Alte Form der Messe besonders lieben.

Presse:  Den Ritus nach dem Menschen auswählen, als sei er ein Service der Kirche für persönliche Vorlieben? Ist denn nicht Gott das Zentrum der Messfeier?

Bischof Oesterhagen: Komische Frage. Selbstverständlich ist Er das. Gerade darum ist es so wichtig, alle zu erreichen, weil Er genau das will. Es wird oft so getan, als sei die Messfeier menschengemacht und richte sich an Gott. Tatsächlich ist das nur ein sehr kleiner Teil der Wahrheit. Gott hat die Eucharistie geschenkt und sie ist für den Menschen. Das feiern wir. Der Ritus ist sozusagen die Tür, durch die Gott eintritt. Dadurch wird er selbst zu einem Teil der Begegnung. Das kann von Menschen nicht gemacht werden. Es ist eigentlich nur verständlich, wenn man begreift, dass Gott in der Kirche wirkt. Wenn es aber Gott ist, der wirkt, haben wir zwei Folgen: zum einen dürfen wir nicht einfach daran herumschrauben, als sei unser eigenes Wirken die Hauptsache. Zum anderen dürfen wir niemals das verurteilen, was Gott selbst heiligt. In keiner Richtung.

Presse:  Sie würden also keiner Form der Messe den Vorrang geben?

Bischof Oesterhagen: Ja und nein. Wie jeder Mensch habe ich Vorlieben, die hier aber nichts zur Sache tun. Abgesehen davon, also sachlich: nein. Wer glaubt, die vermeintlich richtige Messe sei irgendwie wirksamer, behandelt sie, als sei sie eine Art Beschwörungsformel. Wer aber glaubt, Gott beschwören zu können, macht sich zum Herrn über ihn.

Presse:  Herr Bischof, halten Sie es für denkbar, dass…

Bischof Oesterhagen: Ja!

Presse:  Entschuldigung? Äh.. halten Sie es für denkbar…

Bischof Oesterhagen: Ich sagte doch: Ja. Auf jeden Fall.

Presse:  Aber Sie kennen die Frage doch noch nicht.

Bischof Oesterhagen: Muss ich das? Können Sie sich eine Frage ausdenken, die nicht denkbar ist? „Denkbar“ ist alles, und entsprechend wird in der Presse auch alles daraus gemacht, wenn man etwas für „denkbar“ hält. „Bischof Oesterhagen hält es für denkbar, dass…“ – nein, danke. Ich vermute allerdings, Sie wollen mich nach einer Zustimmung oder Einschätzung fragen.

Presse:  …
Herr Bischof, halten Sie es für wahrscheinlich, dass die Kirche mit der außerordentlichen Form des Messritus hinter das 2. Vatikanische Konzil zurück geht?

Bischof Oesterhagen: Dazu braucht es die außerordentliche Form nicht. Wir sind weit hinter dem Konzil zurück. Es wird noch lange dauern, bis wir alles begreifen, was der Heilige Geist und die Konzilsväter uns hinterlassen haben. Sie sind uns weit voraus.

Presse:  So meinte ich die Frage nicht.

Bischof Oesterhagen: Das weiß ich. Sie meinten, ob ich glaube, dass wir uns wieder in den Zustand verwandeln, der VOR dem Konzil herrschte. Nein, das können wir nicht. Schon vergessen? Gott wirkt in der Kirche.

Presse:  Sie haben also am derzeitigen Zustand der Kirche nichts auszusetzen?

Bischof Oesterhagen: Am Zustand der Kirche? Ich halte es mit Mutter Teresa: zwei Dinge müssen sich ändern: Sie und ich. Und ich ergänze um ein Drittes: Ihre Fragen müssen präziser werden, aber das nur am Rande. Die Kirche, das sind wir. Und weil wir es sind, geht jede Kritik zuerst an uns selbst. Wenn ich dann die anderen mit der gleichen Langmut anschaue, die ich selbst benötige, schwindet meine Kritik erheblich.

Presse:  Mit „Wir sind Kirche“ sind Sie ja in bekannter Gesellschaft…

Bischof Oesterhagen: Ja. Nur, dass ich mit denen irgendwie nicht klar komme. In einer Podiumsdiskussion forderten sie, die Kirche müsse sich dringend ändern. Ich fragte nach, ob sie wirklich Kirche seien. Sie bestätigten das sehr vehement. „Ja, dann ändern Sie sich doch endlich, um Gottes willen!“ sagte ich. Das war dann auch wieder nicht richtig. Ich muss allerdings nicht alles verstehen.

Presse:  Herr Bischof, wir danken für dieses Gespräch. Schade, dass immer noch so viele Leute an Ihrer Existenz zweifeln.

Bischof Oesterhagen: (seufzt) Sie sagen es! Wenn ich im Internet bin, denke ich auch immer: das gibt's doch gar nicht!

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