[Von Bastian]
Wer hätte das gedacht: für Kinder kann Information über den biologischen Vater für die Entfaltung der Persönlichkeit von elementarer Bedeutung sein! Stellt das BGH unter dem Aktenzeichen XII ZR 201/13 fest (LINK).
Es bleibt das verwunderte Augenreiben, dass es zu dieser banalen Erkenntnis eines hohen Gerichtsurteils bedarf, aber immerhin.
Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, wann dieses Urteil Folgen hat. Denn wenn die Kenntnis des eigenen biologischen Vaters wichtig ist, muss diskutiert werden, was das bedeutet. Wissen um den Namen? Kennen der Person? Kontakt zu dieser Person? Bei Bedarf sogar regelmäßiger Kontakt zu diesem Mann? Oder, man wagt es kaum auszusprechen, könnte es sogar wichtig sein, in seiner Gegenwart aufzuwachsen, wenn irgend möglich?
Für Männer bedeutet das: hat sich der großzügig gespendete und mit Verschwiegenheitsgelübden geschützte Samen plötzlich in irgendetwas verwandelt, dessen Rechte ein Eigenleben zu führen beginnen und mich tangieren können? Gibt es etwa Verpflichtungen, wenn man doch nichts weiter tat, als bloß einen Menschen zu zeugen?
Für alle gleich- oder getrenntgeschlechtlichen Pflege- oder Stiefeltern (um diese ungehobelt altmodischen, aber irgendwie treffenden Begriffe zu verwenden) heißt es: hat „unser“ Kind wirklich Anspruch auf etwas, was wir ihm nicht geben können? Muss „unser“ Kind, im Gegensatz zu anderen Kindern, etwa seine Identität außerhalb unserer Familie suchen? Ist unsere Elternschaft eventuell unvollkommen?
Das Urteil birgt Sprengstoff. Denn so merkwürdig die oben gestellten Fragen auch klingen, wenn man sie tatsächlich einmal aufschreibt – genau die ergeben sich daraus. In vielen guten Familien mit adoptierten Kindern werden sie offen gestellt und versöhnt beantwortet. In vielen Fällen der neuen Regenbogenfamilen hingegen werden sie erst gar nicht gestellt. Sie werden vermieden, geächtet oder gar unterdrückt, weil sie zu stellen hieße, sie als möglicherweise sinnig zu akzeptieren. Da sei Werauchimmer vor! Die Technik ist doch, das Bewusstsein so weit zu nivellieren, dass man da gar keine Unterschiede mehr festmachen und daher auch keine Fragen stellen kann. Und jetzt das!
Dieses Urteil ist seit langem das erste in der Reproduktionsmedizin, das die Rechte des gezeugten Kindes über die Rechte am gezeugten Kind stellt. Dass es überhaupt gefällt werden muss, ist ein Ausdruck der Armut und der Dekadenz unserer Gesellschaft, aber es schaut in die richtige Richtung. Es ist ein gutes Urteil.
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