Samstag, Dezember 31, 2011

Braucht Gott?

[Von Bastian]

Benötigt - oder stärker gesagt: braucht - Gott unsere Liebe?
Ist Gott daher sozusagen abhängig von uns?
Hat Gott überhaupt Bedürfnisse?
Diese 3 Fragen treten bei Frère Alois´ Worten und Gedanken dazu zu Tage (Link Link).
Ich beantworte alle 3 Fragen mit einem klaren „Ja!“
Da es darüber unterschiedliche Meinungen gibt, möchte ich ein paar Gedanken beisteuern.

Erst einmal ist Gott aus sich selbst, wir aber sind aus Gott. Er ist der Schöpfer. Die Abhängigkeit von uns ist existenziell klar, wie auch die Unabhängigkeit Gottes. Ein jedes „Brauchen“ kann also nur außerhalb dieses existenziellen Bereichs liegen. Es wäre jedoch meiner Meinung nach fatal, aus der Anerkennung dieser Tatsache heraus Gott Bedürfnislosigkeit zu unterstellen.

Zu unterstellen? Wäre nicht die Zuordnung von Bedürfnissen zu Gott die eigentliche Unterstellung? Wenn ich Gott ernst nehme und ihn als die Liebe erkenne, darf ich die Liebe betrachten und in ihr Gottes Eigenschaften erkennen. In ihr betrachte ich Gott. Und ich stelle fest, dass es zum Wesen der Liebe gehört, Bedürfnisse zu haben, ja Bedürfnis zu sein. Warum zieht das Kind die armen Eltern den reichen Bekannten vor, die ihm alles und jedes zu Verfügung stellen? Weil die Eltern sich nach ihm sehnen, weil sie das Bedürfnis nach ihm haben. Nicht in der Befriedigung meiner Bedürfnisse erkenne ich, dass ich geliebt bin, sondern im Empfinden des Bedürfnisses meines Gegenübers nach mir. Im Empfinden des frei gewählten Bedürfnisses. Am größten erlebt man die Liebe, wenn man sein Bedürfnis nach dem Geliebten völlig frei lassen kann und erlebt, dass der Geliebte es auffängt und erwidert. Die Erfüllung, nach der meine Liebe sich sehnt, liegt völlig in der Hand des Geliebten, ist vollständig von ihm abhängig. Wäre sie es nicht, wäre es keine Liebe, sondern Manipulation. Ohne Bedürfnis keine Liebe, sondern bestenfalls unpersönliche Generosität. Gott damit gleichzusetzen - das wäre die Unterstellung.

Meine Kinder verdanken mir ihre Existenz. Ich sorge für sie. Auf dieser Ebene brauchen sie mich, ich sie aber nicht. Doch was ist das für eine kümmerliche Ebene, verglichen mit der, auf der ich sie und ihre Liebe brauche. Darf ich das so vergleichen? Sicherlich ist jeder Vergleich mit der Liebe Gottes unzulänglich, aber nur deshalb, weil Gottes Liebe unvergleichlich tiefer, reiner, leidenschaftlicher, eben unvergleichlich mehr ist, keinesfalls aber weniger. Realitätsfern ist der Hinweis, der Liebende könne auf das Brauchen verzichten, weil es freiwillig sei und damit kein Brauchen im eigentlichen, existentiellen Sinn. Wer das sagt, kennt keine Liebe. Ich könnte keinem Gott vertrauen, der mir sagt, er brauche mich nicht. Ich wüsste nicht, wie. Und weil Liebe so persönlich ist, möchte ich Gott auch nicht dadurch verletzen, dass ich ihm seine Liebe zu mir kleinrede. Es mag menschlich sein, sich unter Allmächtigkeit und Vollkommenheit Bedürfnislosigkeit vorzustellen – göttlich ist es wohl nicht.

Göttliche Liebe ist mehr als auf Dauer zugesagter guter Wille. Das Wesen der Liebe ist es, zu brauchen. Nicht weil man ohne den anderen nicht sein könnte, sondern weil man nicht ohne ihn sein will. Und Gott ist die Liebe.

1 Kommentar:

  1. Wie wäre es damit:
    wir empfinden das Bedürfnis nach einem brauchenden Gott, weil unser (eingeschränkter) Liebesbegriff, Brauchen als einen Teil der Liebe erkannt hat. Und mehr als Übertragen unseres Begriffes ist Offenbarung - und die kommt von Gott. (Obwohl er uns nichts offenbaren bräuchte ...)

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