Es ist eine Herausforderung, und zwar eine große: es gibt einen gigantischen Raum zu regeln. Einen, in dem man sich wahlweise süße Kätzchen und noch süßere Kätzchen-Karikaturen anschaut oder Vergewaltigungen und Enthauptungen. Wo Unterdrückte sich Hilfe zusprechen und Unterdrücker Attentate verabreden. Wo Arbeit durch Kommunikation effektiver wird und Teenies kommunikationssüchtig werden.
Die eine Hälfte will man behalten, die andere aber nicht, doch das ist schwer. Wo ist die Grenze? Wer entscheidet? Und was, wenn sich unter die Entscheider einer mischt, möglichst noch in gehobener Position, der auf seine Weise eher zu den Unterdrückern gehört? Wer verhindert das? Und wie?
Faktisch stehen wir in einem Dilemma: „die Würde des Menschen ist unantastbar“ (Art. 1 GG), folglich darf nicht alles öffentlich bleiben, aber „eine Zensur findet nicht statt“ (Art. 5 GG). Wir brauchen Zensur, die keine ist, Schutz, der nicht knechtet. Wir müssen in Grauzonen Schwarz-Weiß-Entscheidungen treffen: löschen oder nicht?
Es ist eine gewaltige Herausforderung, der zu begegnen eine lange Zeit dauern könnte und wo sich jeder, der es angeht, die Hände schmutzig machen wird. (Nebenbei gesagt sollte man daher denen, die es riskieren, aktiv zu werden, erst einmal mit großem Respekt begegnen, anstatt ihnen alles Mögliche zu unterstellen, weil einem die gezogenen Grenzen nicht passen.)
Das Ganze ist von einer kaum zu überbietenden Dramatik, und es ist neu: eines der ganz wenigen Probleme, deren Ausgang man nicht im Geschichtsbuch studieren kann. Mutige, entschlossene Personen sind gefragt. Philosophie wird plötzlich konkret, Gott wird ernsthaft gesucht, weil man von ihm ein paar Antworten möchte, die dringend gebraucht werden.
Bekommen wir das hin? Der erste Bericht, der von dort an die Öffentlichkeit dringt, an dem entschieden wird, zeigt eines: die Presse, die sich selbst gern als Enthüller und Vorkämpfer für die Freiheit sieht, stellt sich der Herausforderung erst einmal nicht. Der Bericht stammt aus den Räumen, in denen die Zensur stattfinden muss, die nicht stattfinden darf, doch die Frage ist nicht: was genau wird gemacht, wie und auf welcher Grundlage? Die Frage ist ein süßliches „Wie arbeitet und lebt es sich denn da so?“
Mitarbeiter sind belastet von dem, das sie sehen müssen. Das liest und hört sich interessant an, damit kann man sich identifizieren. Nicht die Zensur ist das Thema, sondern die Arbeitsbedingungen der Zensierenden.
Konservativismus, wie er NICHT sein sollte: ich löse nicht die Probleme mithilfe des Bewährten, sondern ich reduziere die Probleme auf das gewohnte, handliche Format; ein in linken Kreisen ungemein beliebter Konservativismus. Nur was ich kenne, kann ich angehen: die Mitarbeiter, die dort löschen müssen, brauchen keine tiefgreifende philosophische Unterstützung – sie brauchen mehr Betriebsräte. Danke, Frau Kühnast, für diese Information!
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