Der Umgang mit dem Begriff „Ehe“ trägt Züge von George Orwells Roman „1984“: Begriffe werden geändert mit dem Ziel, den dahinterstehenden Inhalt verblassen zu lassen, bis niemand ihn mehr kennt und er verschwindet. (LINK)
Für uns Katholiken stellt sich so eine schwierige Frage: verteidigen wir unsere Ehe oder nicht? Und wenn ja, wie?
Grundsätzlich haben wir einen schweren Stand, egal, was wir tun. Verteidigen wir den Begriff, erscheinen wir als unflexibel und eng, als Menschen, die andere ausgrenzen. Da mit dem Begriff „Ehe“ Rechtsfolgen verbunden sind, setzen wir uns in den Augen der Öffentlichkeit ins Unrecht, indem wir scheinbar bestimmen wollen, wer alles nicht in den Genuss von Förderungen etc. kommen darf. Das sind schwere Vorwürfe.
Verteidigen wir den Begriff nicht, nehmen wir Folgen (auch handfeste Rechtsfolgen) in Kauf, die wir nicht gutheißen können.
Was tun?
Erst einmal sollte man, so denke ich, erkennen, dass hier zwei unterschiedliche logische Systeme um die Vorherschafft ringen.
Das System, das uns derzeit eine Diskussion aufzwingt, besagt: die Wahrheit lässt sich wandeln. Seine Streiter sagen: Indem ich die Sprache und ihre Bedeutung ändere, übernehme ich die Hoheit über die Inhalte, die dahinter stehen. Dieser Ansatz hat augenscheinlich einiges für sich: er funktioniert offenbar, denn er setzt Dinge in Bewegung, wenn auch nicht so, wie man es wünschen sollte. Die Aufweichung des Ehebegriffs richtet schweren Schaden an, oder, wie die Gegenseite es formulieren würde: setzt längst notwendige Änderungen in Gang. Und so gibt es heftige Diskussionen, ob es sich bei den ablaufenden Prozessen um Schäden oder Erfolge handelt. Wenn wir uns auf diese Diskussionen einlassen, haben wir, wie ich befürchte, bereits verloren. Die gegen uns erhobenen Vorwürfe sind innerhalb der Logik, in der sich alles abspielt, nicht zu widerlegen.
Unsere Stärke, die letztlich gewinnen wird, liegt nicht in der Diskussion. Sie liegt darin, dass das derzeit handelnde System in sich falsch ist und wir die richtige Logik kennen: die der Wahrheit. Weil sie ein Bund ist, den letztlich Gott schließt, ist die Ehe nicht nur schützenswert. Sie ist aus eben diesem Grunde auch unermesslich stark, denn sie ist schlicht wahr. Die Ehe ist, was sie ist, egal, wie man ihren Namen zu verunstalten sucht. Um im Bild des oben verlinkten Beitrags zu bleiben: der Würfel wird unter den Quadern immer auffallen. Daran kann keine Verdrehung etwas ändern – das ist so. Selbst wenn man bei Würfeln ungleiche Kantenlängen zulassen oder gar vorschreiben würde: allein dieses Gebot würde den wirklichen Würfel für alle sichtbar definieren. Schafft man das Wort ab, wird sich ein anderes bilden, weil der Würfel eben nicht mit dem Wort verschwunden ist. Man kann ihn nicht abschaffen.
Wir sitzen am längeren Hebel. Gott hat den Ehebund gestiftet. Dieser Bund ist so real wie eine geometrische Form: er gehört zur umfassenden Logik der Welt. Aus dieser Logik heraus muss die Argumentation erfolgen, denn sie bringt das andere System zum Einsturz. Solange wir über Begriffe streiten, unterliegen wir der Gesellschaft, die Begriffe kapern und den Inhalt prägen will. Zeigen wir aber, dass es die Ehe, wie Gott sie gegeben hat, gibt, funktioniert die ganze Begriffsdiskussion nicht mehr.
Man mag sich verloren vorkommen, angesichts der überschäumenden Diskussionen und Aufbrüche in die Irre, doch wir können ruhig sein: wir stehen auf dem festen Boden – die anderen nicht. Und wir haben, dem Katholizismus sei Dank, eine unermessliche Menge an Mitstreitern: alle Heiligen kennen die Wahrheit und sind höchst aktiv. Und so kann man, denke ich, die Antwort Gottes bereits erkennen: an vielen Stellen gibt es kleine Aufbrüche, Ehe und Familie zu stärken und sie den Menschen ins Bewusstsein zu rücken.
Fazit: Wir müssen nicht alles in Kauf nehmen. Ich denke, es ist wichtig, Stellung zu beziehen! Doch gleich, wie man es tut: auf die Logik der von Menschen geänderten Wahrheit sollte man sich nicht einlassen. Die wirkliche Wahrheit siegt am Ende, das ist sicher.
Donnerstag, Juni 29, 2017
Montag, Juni 19, 2017
Klimawandel
Johannes Hartl hat die Frage nach der Beurteilung des
Klimawandels gestellt. Ein paar Gedanken dazu.
Bei der Beurteilung des Klimawandels gibt es einige
grundsätzliche Probleme.
Eines: die fehlende Beobachtbarkeit im Detail. Es gab jedes
einzelne der Phänomene schon so oder ähnlich in früheren Zeiten. „Hier und
jetzt sehen Sie den Klimawandel an dem und dem Phänomen!“ – diese Aussage verbietet
sich daher.
Weiterhin: die fehlenden Vergleichsmöglichkeiten. Sollte es
das Phänomen geben, ist es in der Zeit der wissenschaftlichen Beurteilung
Neuland. Es gibt keine empirischen Daten, auf die man Phänomene zurückführen
könnte, sondern nur Modellberechnungen. Jede Verifizierung ist damit schwer.
Zudem: wissenschaftlich gibt es wohl keine einzige Theorie,
zu der es nicht auch mindestens eine plausibel erscheinende Gegentheorie gibt.
Wie soll man nun etwas beurteilen, das sich nicht plausibel
darstellen lässt, nicht einmal konkret vorhersagbar ist und zu dem es Gegenstimmen
gibt? Hier ist auf die Struktur der Diskussion zu achten, die in großen Teilen
am Problem vorbeigeht. Dabei ist die Gesellschaft eigentlich mit einer solchen
Problematik vertraut. So gibt es Lungenkrebs bei Rauchern und Nichtrauchern.
Anfangs reagierte die Tabakindustrie genau wie manche in der Gesellschaft
jetzt: solange eine Erkrankung nicht ausdrücklich auf das Rauchen zurückgeführt
werden konnte, wurde die Verbindung als nicht erwiesen betrachtet und mit
diesem Einzelfall gleich der ganze Zusammenhang angezweifelt. Gegentheorien
wurden präsentiert und wissenschaftlich untermauert. Doch dann wurde klar, dass
es Zusammenhänge gibt, die sich durch Häufung zeigen, ohne dass der Einzelfall
beweisbar wäre. Der größte Teil der Gesellschaft hat das begriffen. So gesehen
könnte man sarkastisch fragen, wie viele vernichtende Stürme die Welt erleben
muss, bis man die Häufung als Symptome eines Wandels akzeptiert. Doch dann wäre
es zu spät: Handeln ist angesagt, bevor
der Klimawandel sich klar manifestiert. Voraussetzung: es gibt ihn, er ist menschengemacht
und man kann etwas Sinnvolles dagegen tun. Da gibt es eine Menge Konjunktive.
Allerdings: eine unbekannte Gefahr wird nicht dadurch
ungefährlich, dass man feststellt, dass man noch nichts Genaues weiß. Ein
Luftfahrtingenieur, der errechnete Gefahren für Flugzeuge ignoriert, bis es zu Abstürzen
kommt, landet im Gefängnis, selbst wenn er als Grund anführt, das Problem habe
sich so noch nie gestellt und er habe deshalb keine verlässlichen Daten gehabt.
Der gesunde Menschenverstand lässt uns ein Brett über den Brunnen legen, bevor ein Kind hineinfällt. Das Fehlen
von Beweisen mag ein Schwachpunkt in der Verstehbarkeit des Klimawandels sein –
ein Argument gegen das Handeln ist es nicht.
Was aber ist mit Beispielen, die eher das Gegenteil der
düsteren Prognosen nahelegen? Das prognostizierte Waldsterben hat so nicht
stattgefunden. Das kann man nun interpretieren, wie man möchte. Tatsache ist,
dass die Ursachen mit einigem Erfolg bekämpft, aber keinesfalls vollständig
beseitigt wurden. Tatsache ist auch, dass es Schäden gab und gibt, die jedoch
weit hinter den Prognosen zurückbleiben. Manche sehen darin ein Indiz dafür,
dass es in der Natur größere Selbstheilungskräfte gibt, als in der Panikmache
anerkannt wurde. Andere sehen darin gar einen Beweis dafür, dass derartige
Prognosen substanzlos sind, dass sie möglicherweise gar bewusst falsch in die
Welt gesetzt wurden. Wieder andere finden es ermutigend, dass man etwas
bewirken kann. Die Frage, die bleibt, ist die Übertragbarkeit. Wieder gilt: das
hatten wir noch nicht. Ist der Wald ein Indiz für den Sinn von umweltbestimmtem
Handeln oder eines dafür, dass genau das überflüssig ist? Oder, um ein Bild zu
wählen: befinden wir uns auf einer Straße, auf des es gilt, voranzuschreiten,
und der Klimawandel ist ein unverantwortliches Ausbremsen? Oder befinden wir
uns auf dünnem Eis und nehmen die Tatsache, dass wir noch leben, gerade als
Indiz dafür, dass auch die nächste Scholle trägt, obwohl viele warnen, sie sei
zu schwach?
Unser Problem ist, dass wir das im Letzten nicht wirklich
wissen. Keiner von uns.
Worauf also sollen wir unser Urteil stützen? Es gibt zwei
sehr verschiedene Dinge, die mir da plausibel erscheinen.
Zum einen: es gibt bessere Indizien als den Wald. In der
Natur gilt, dass ein System umso empfindlicher auf Störungen reagiert, je
stabiler es normalerweise als System ist. Pflanzen, die regelmäßig großen
Temperaturunterschieden ausgesetzt sind, vertragen in dieser Hinsicht einiges.
Pflanzen, die immer im gleichen Klima leben, sind empfindlicher. Das stabilste
System, das wir haben, sind die Meere. Schon deshalb, weil sie so groß und
damit träge sind, dass Veränderungen sich nur sehr langsam vollziehen. Folglich
haben sich die dort lebenden Wesen an extrem stabile Verhältnisse gewöhnt und
mussten kaum Toleranz gegen Abweichungen entwickeln. Vielleicht am spektakulärsten
sind da die Korallenriffe; der artenreichste Lebensraum der Erde, angepasst an stabile
Temperaturen, die bis zur Grenze ausgereizt werden. In diesem Zusammenhang
googele man einmal die Stichworte reef, coral und bleaching: in den letzten 50
Jahren starben über 80% des Great Barrier Reefs, dass 50.000 Jahre lang wuchs. Im
Indischen Ozean schwinden die Riffe. Die Malediven, einst ein Paradies, sind
großenteils von toten Riffen umgeben. Es wird manche Insel ihre Existenz
kosten, da die natürlichen Wellenbrecher fehlen. Es wird die Fischerei
beeinträchtigen, weil die Kinderstuben der Fische fehlen. Und es kostet die
Welt ein unersetzliches Stück Vielfalt und Schönheit. Die Ursache ist
wissenschaftlich untersucht und klar: Das Wasser wird zu warm.
Kein Beweis für unsere Verantwortung, aber ein starkes Indiz.
Es passt ins Bild, das vorhergesagt wurde und erhöht dessen Plausibilität auf
traurige Weise. Das Riffsterben ist für mich ein entscheidender Punkt: davon
brauchen wir nicht noch mehr.
Damit bin ich beim zweiten für mich entscheidenden Punkt: es
gibt ein Motiv, das handeln lässt, ohne das letzte Beweise vorliegen: die
Liebe. Eine errechnete Gefahr für meine Kinder, eine unbekannte Bedrohung für
meine Frau ließen mich als Familienvater handeln. Eine Schöpfung Gottes, von
Ihm geliebt, über die ich verantwortlich eingesetzt wurde, muss ich schützen.
Wie man da argumentieren soll, ohne dass es pathetisch oder
schwülstig klingt, weiß ich nicht. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, wie
man die Augen vor der Vernichtung von so viel Schönheit verschließen kann, mit
dem lapidaren Hinweis, das habe es schon immer gegeben. Nein, es gab das noch
nie, denn diesmal ist es mir anvertraut, was da vernichtet wird. Auch wenn es
Feuer schon immer gab, will ich nicht zusehen, wie mein Haus bedroht wird. Da
tue ich lieber etwas Überflüssiges, als dass ich Notwendiges auslasse. Wenn der
mögliche Beweis das Eintreten eines Unglücks ist, besteht die Tugend des
Handelns darin, nicht erst auf diesen Beweis zu warten.
Man kann dem entgegenhalten: So lässt sich die Menschheit
mit erdachten Bedrohungen steuern, wie man möchte. Doch man kann auch sagen:
schaut auf die Riffe und überlegt, ob ihr wirklich mehr davon wollt. Wer eine
Lebensgefahr bewiesen haben will, ist erst dumm und dann tot.
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