Mittwoch, Mai 21, 2014

Volkskirche hui – Katakombenkirche pfui?

[Peter Esser] In einer Diskussion über die Frage, ob sich die Kirche als Bekenntnisgemeinschaft der Eingeschworenen in möglichen, zukünftigen »Katakomben« selbst fromm ghettoisiert – oder ob sie im Versuch, Breitenkirche zu bleiben, ihr geistliches Profil verlieren wird, habe ich folgende Gedanken formuliert. Vielleicht sind sie hilfreich, vielleicht nicht. Auf jeden Fall wollte ich mal wieder bloggen.

Für mich ist eine paradox korrelierende Entwicklung auszumachen. Je mehr die Kirche als gesellschatliche Größe in einem Marginalisierungsprozeß ist, desto mehr interessieren sich Politiker und Politikerinnen für kirchliche Quasi-Ämter in Gremien und Laienvetretungen. Ich finde es atemberaubend, wieviele Politiker dem ZdK angehören; ein Bundestagspräsident schreibt eine Vaterunser-Paraphrase, zur Vertonung frei gegeben. Die Familienministerin wirbt über katholisch-de für Ehrenamtlichkeit bei Jugendlichen. Die Reihe läßt sich fortsetzen …

Seltsamerweise scheinen Parteigrenzen bei dieser neuen Form religiösen Engagements keine bedeutende Rolle zu spielen. Das Christentum wird überparteilich als gesellschaftlicher Kitt interessant.

Dabei ist festzustellen, daß bei Politikchristen parteiübergreifend eine Tendenz wahrzunehmen ist, das Christentum nicht mehr als normsetzend, sondern eine als relative kulturelle Größe unter anderen Größen neu zu beschreiben.

Aber damit ist die zentrale Botschaft von Jesus Christus, der als der eine Bestimmungspunkt Gottes in der Geschichte (Menschheit) doch derjenige ist, der das All trägt (Göttlichkeit) – der Relativierung und dem jeweiligen Zweck preisgegeben.

Wenn Politiker versuchen, auf die Kirche Druck auszuüben (»Ökumene jetzt!«, Kreuzstreit, Neubewertung der Morallehre) dann kann es sehr schnell geschehen, daß sich die eigentliche Gemeinde unter dem Druck der Tagesmeinung doch auf den gläubigen Kern reduziert – aber das geschieht nie in Selbstgenügsamkeit!

Erst eine bekennende Kirche wird auch wieder eine missionarische Kirche. Gefährlich für die Kirche ist nicht der Verzicht auf Strukturen, die zu Zeiten einer Volkskirche sinnvoll waren. So klingt das oft in der etwas suggestiven Warnung davor an, sich auf die »Sakristeiperspektive« zurückzuziehen. Eine Selbstmarginalisierung wäre hingegen der Versuch, die Menschenmassen in einem inhaltlich vagen Raum des Quasibekenntnisses als »Volkskirche« zu erhalten. Zum lebendigen Herz der Kirche finden dann nur wenige. Eine Kirche im Ungefähren steht ihrer eigenen Sendung im Wege. Sie muß anstößig bleiben.

4 Kommentare:

  1. Kassandra5:31 PM

    Also eine offene Katakombenkirche.
    Das finde ich gut

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  2. Staunende9:13 PM

    Ich stimme Ihnen im Grundsatz zu. An einer Stelle aber nicht: vor ca. 20, 25 Jahren bestand das ZdK aus nicht weniger (abgehalfterten oder noch hochaktiven) Politikern wie heute. Mit einem Unterschied; damals waren noch keine Grünen und kaum Sozen darunter, sondern 98% davon waren aus der Union. Die damals auch noch deutlich "konservativer", auch katholischer war. Und was sagt uns das: damals hätten Sie sich nicht über die vielen Politiker in kath. Gremien geärgert. Denn: sie waren ja noch verläßlich rechts, und damit ein leuchtend positives Beispiel für katholisches Laienengagement. :-)

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  3. Politische Richtungen werden allgemein überschätzt. Solange es ein Mensch gut bgründet, welche politische Rezepte er bevorzugt, ist mir progressiv oder konsrvativ einerlei.

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  4. Anonym4:28 PM

    "vor ca. 20, 25 Jahren bestand das ZdK aus nicht weniger Politikern wie heute" Ich behaupte einfach mal, dass dann auch damals schon eine verweltlichte, politische Sicht auf die Kirche im ZdK vorherrschte. Anstelle Normsetzung/ Verkündung der Wahrheit und frohen Botschaft herrschten dann damals auch schon "Stimmenfang" durch Relativierung, Halbwahrheiten und Wellness-Botschaften. Oder erkannten die hohen Laien damals noch zB. die geistige Dimension des Priestertums, der Kirche allgemein? Schon allein der Name "Zentralkomitee", Gemeinde etc "rat" ist doch schon auffällig (ergänzt heutzutage durch "Partei..." Verzeihung " Pfarrei neuen Typs". Demokratisch legitimiert ist das ZdK ja auch nicht.
    Wieso schadet ein Bischof Tebartz der Glaubwürdigkeit der Kirche, aber ein Herr Kretschmann mit seinem Gender-Bildungsplan nicht? Wieso verlangt niemand den Rausschmiss von Herrn Kretschmann aus dem ZdK?

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