[von Bastian]
Letzte Woche. Familienmesse. Ein paar schöne potentielle Weihnachtsgeschenke stehen im Kirchengang: ein Computerspiel, ein Fernseher und weitere Dinge. Die Gemeindereferentin erklärt, wie Kinder sich hinter ihren Bildschirmen etc. vergraben. Das verstelle den Blick auf die Krippe. Man könne doch auch mal etwas gemeinsam machen und z.B. abends mit der ganzen Familie ein Gesellschaftsspiel spielen. Oder in die Messe gehen. Die Kommunionkinder räumen das Zeugs weg und der Weg zur noch leeren einsamen Krippe, die vor dem Altar steht, ist frei.
Meine Familie murrt hinterher. Ob denn irgendjemand ernsthaft glaube, auch nur eines der anwesenden Kommunionkinder wäre jetzt vom Gedanken begeistert, auf ein Computerspiel zu verzichten, damit es sonntags in die Messe gehen kann. Angekommen sei ja wohl bloß, dass man damit rechnen muss, dass Gott was gegen Weihnachtsgeschenke hat. Ich bin stolz auf meine Familie.
Heute nun. Wieder Familienmesse. Die Gemeindereferentin fragt, was man denn in den Familien vor Weihnachten alles so machen muss. Ein Kind: Plätzchen backen. Die Gemeindereferentin: Richtig! Man muss Plätzchen backen! Ein Kind: Geschenke einpacken. Richtig! Man muss Geschenke einpacken! Weiteres wird gesammelt. All das steht uns im Weg! Es verhindert den Blick auf die Krippe!. Die steht wieder einsam und leer vor dem Altar und ist, wenn man ehrlich ist, auch ohne Hindernis kein Hingucker. Aber jetzt kommen die Kinder dran. Und ich lerne: die Meditation aus der letzten Woche funktioniert auch rückwärts. Dieses Mal wird die Krippe nicht freigelegt, sondern zugebaut. Welch tiefe Symbolik! Vor die einsame Krippe wird ein Rahmen gestellt. Das erste Kind kommt, sagt, dass es sich auf sein Fahrrad freut, und hängt das Bild von einem Rad in den Rahmen. Ein andere Kind sagt, es habe Plätzchen gebacken, eines leckerer als das andere. Statt nach der Messe welche davon auszuteilen, hängt es ein Plätzchenrezept in den Rahmen. 2-3 weitere Zettel werden montiert. Der volle Rahmen versperrt nun den Blick auf die Krippe. Optisch eindeutig eine Verbesserung.
Das Gespräch mit meiner Familie steht noch aus. Ich denke, wir lassen es ausfallen.
„Liebes Kind, leider freust du dich auf die falschen Dinge.“ Wieder und wieder. Die wahre Weihnachtsbotschaft wird nicht als Freude, sondern als Anspruch verkündet. Am Ende ist den Kindern bestenfalls die Krippe egal. Schlimmstenfalls haben sie zusätzlich ein schlechtes Gewissen, weil sie sich auf ihr Weihnachten mit Geschenken und Plätzchen freuen.
Was geht da ab? Sagt die Weihnachtsbotschaft wirklich, Gottes Geburt sei eine so kleine Sache, dass ein Fahrrad oder Plätzchenrezept sie verdeckt? Ich denke nicht. Bei welchem Fahrrad, bitte, haben Engel gesungen? Welches Computerspiel wurde, bitte, neun Monate zuvor nicht von Computerbild, sondern von einem Gottesboten angekündigt? Welcher Fernseher hat, bitte, nicht nur den Nachmittag gerettet, sondern die Menschen erlöst?
Was also geht ab? Ich meine dies: Wenn man meint, Kinder seien noch nicht in der Lage, ein Mysterium zu verstehen, versucht man eben, Weihnachten anders zu erklären. Nur geht das nicht, denn Gott wurde Mensch - das Wesen der Weihnacht ist ein Mysterium. Und so wird das, worum es geht, zum unausgesprochenen, schwammigen Ziel, das nur noch als Moral droht. „Ich sage dir zwar nicht, worüber du dich freuen sollst, aber ich sage dir, was dich daran hindert!“ Logisch. Oder anders ausgedrückt: wer nicht verkünden will, was Weihnachten ist, verkündet eben nachdrücklich, was es nicht ist. Wenn mir zu etwas Wichtigem nichts Gutes einfällt, mache ich eben den Rest madig.
Diese Kindermessen sind in keiner Weise bös gemeint ist - im Gegenteil! Doch die Botschaft ist fatal, denn die Kinder freuen sich auf Weihnachten. Was die Eltern für sie tun, backen, aussuchen und kaufen, einpacken, hinstellen, das erleben sie als Liebesbezeugung. Viele der Kinder kommen während der Zeit des Kommunionunterrichts das erste und letzte Mal zur Kirche. Welche Chance wird da vertan!
Bei einer Kinderkatechese über Weihnachten sollte man unterscheiden zwischen Kindern, die Jesus kennen, und solchen, die es nicht tun. Bei Kindern, die Jesus kennen, kann man durchaus auch einmal die Verhältnisse gerade rücken. Nicht in dem Sinn, dass man anderes schlecht macht, aber doch dadurch, dass man den Blick darauf lenkt, dass Jesu Geburtstag bevorsteht und alle Geschenke und Plätzchen eigentlich für ihn sind. Bei Kindern, die Jesus noch nicht kennen – und die sind bei den Kommunionkindern die gewaltige Mehrheit – sollte ich erst einmal vom Thema „Irrtümer beim Fest“ die Finger lassen. Ich sollte die Weihnachtsgeschichte mitverfolgen – dass Maria ein Kind bekommt, wie Josef und Maria aufbrechen und mühsam reisen, wie sie eine Herberge suchen. Es spannend machen.
Und wenn ich unbedingt eine Geschenkesymbolik will, dann diese: In die ersten Familienmesse nach Weihnachten bringen die Kinder ein paar Geschenke mit und legen sie vor der Krippe nieder. Vor der Krippe mit Jesus drin. Und hinterher nehmen sie sie wieder mit.
J.Stott (Zitiert nach AUFATMEN,S.55):
AntwortenLöschen"Das Reich Gottes ist keine christianisierte Gesellschaftsordnung, sondern die Herrschaft Gottes im Leben derer, die Christus angenommen haben."
Und frei danach:
"Die Krippe Jesu ist keine heidnische Geschenkeordnung, sondern der Beginn der Herrschaft Gottes im Leben derer, die auf Erlösung hoffen.
Vielleicht sollten wir mit der Annahme anfangen!
Welche vertane Chance!!!
Ganz großartiges Posting! Vielen Dank für die Mühe, denn es ist lang!
AntwortenLöschenTja, wo kommen die her, die sich selber wirklich (auf das "Richtige") freuen UND es dann auch noch gekonnt vermitteln können? Generationen "kritisch" ausgebildeter (z.B.) Gemeindereferent(inn)en sind erstmal einfach da. Wie immer hilft nur zuhause anfangen. Das geht immer!
Gereon Lamers