Dienstag, Mai 23, 2006

Christus und Mithras



Bild: Mithrasrelief von Neuenheim; Quelle: Wikipedia


So schreitet meine Sakrileg-Lektüre voran. Im fünfundfünfzigsten und den beiden darauffolgenden Kapiteln, während sich der liebe Silas eine kleine, verdiente Pause gönnen darf, genießt Sophie Neveu eine Ringvorlesung über die Herkunft des – Tusch! – Heiligen Grals.
Über Konstantin hat Dan Brown nur Mist zu sagen gewußt. Wie sieht es aber mit dem Rest aus? Zum Beispiel der Idee, die »Teabing« vorbringt, das Christentum sei eine Synthese aus einer Art Christentum vor Konstantin – Jesus als nice guy – und Heidentum gewesen? Konstantin als Priester des Sonnengotts habe den Jesusglauben mit dem Mithraskult verschmolzen? Doch wer hat hier von wem abgeschrieben? – Nun gut – Brown von Baigent, das ist klar …

Vielleicht dazu nur die Stimme eines frühen Zeugen der Christenheit, dem Philosphen und frühchristlichen Apologeten Justinus. Es trifft sich ganz gut, daß wir in wenigen Tagen sein Fest feiern. Wegen des Pfingstfestes dürfte das untergehen. Daher sollen hier seine berühmten Sätze zur Eucharistie zitiert werden, die um die Mitte des zweiten Jahrhunderts, also noch in Tuchfühlung zur Apostolischen Tradition stehen. Sie bezeugen die Feier der Eucharistie in der Kirche – und und bezeugen ihre apostolische Herkunft. Dieser Text ist zudem eines der vergleichsweise wenigen schriftlichen Zeugnisse über die Riten des Mithraskultes. Und er belegt, daß das Kultmahl der Mithrasanhänger von der christlichen Gemeinde als »Nachahmung« der Eucharistie gesehen wird. Lagge, lange vor Dan Brown. (Und lange, lange vor Konstantin, beziehungsweise vor dem, was Dan Brown für Konstantin hält.)

»Diese Nahrung heißt bei uns Eucharistie. Niemand darf daran teilnehmen, als wer unsere Lehren für wahr hält, das Bad zur Nachlassung der Sünden und zur Wiedergeburt empfangen hat und nach den Weisungen Christi lebt. Denn nicht als gemeines Brot und gemeinen Trank nehmen wir sie; sondern wie Jesus Christus, unser Erlöser, als er durch Gottes Logos Fleisch wurde, Fleisch und Blut um unseres Heiles willen angenommen hat, so sind wir belehrt worden, daß die durch ein Gebet um den logos, der von ihm ausgeht, unter Danksagung geweihte Nahrung, mit der unser Fleisch und Blut durch Umwandlung genährt wird, Fleisch und Blut jenes fleischgewordenen Jesus sei. Denn die Apostel haben in denen von ihnen stammenden Denkwürdigkeiten, welche Evangelien heißen, überliefert, es sei ihnen folgende Anweisung gegeben worden: Jesus habe Brot genommen, Dank gesagt und gesprochen: »Das tut zu meinem Gedächtnis, das ist mein Leib, und ebenso habe er den Becher genommen, Dank gesagt und gesprochen: »Dieses ist mein Blut« und er habe ihnen davon mitgeteilt. Auch diesen Brauch haben die bösen Dämonen in den Mithrasmysterien nachgeahmt und Anleitung dazu gegeben. Denn daß Brot und ein Becher Wassers bei den Weihen eines neuen Jüngers unter Hersagen bestimmter Sprüche hingesetzt werden, das wißt ihr und könnt es erfahren.»

(Justin, 1. Apologie, Kap. 66; aus BKV, 1. Reihe, Bd 12, Kempten 1912)

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