[Von Bastian]
Ein wesentlicher Aspekt im Dialog mit Nicht-Christen ist der Versuch, Gemeinsamkeiten festzustellen. Meist läuft das über gemeinsame Werte. Ein paar Gedanken dazu.
Menschlichkeit, Solidarität, die Erkenntnis der Menschenrechte und ihre Bewahrung – all das geht auf den Glauben und damit auf Gott zurück. Kann ich also auf Grundlage dieser Werte nicht in den Dialog eintreten?
Nein, so einfach geht es nicht.
Die Kirche ist keine Wertegemeinschaft. Sie ist es so wenig, wie ein Apfelbaum eine Obstkiste ist. Wie ein solcher Baum Früchte trägt, bringt auch die Kirche Früchte. Doch sie bringt sie hervor und ist nicht mit ihnen identisch. Wie Äpfel nur eine Weile gelagert und gegessen werden können, ist es auch mit den Werten. Sie müssen immer wieder von neuem wachsen, sonst werden sie unansehnlich und faul. Man schaue nur auf das, was mit dem Lebensrecht passiert, wenn man versucht, es auf Dauer abgekoppelt vom Baum Kirche zu lagern: es wird wurmig und hässlich. Irgendwann taugt es gar nichts mehr.
Es ist ein grundlegend unterschiedliches Werteverständnis, dass hier zum Tragen kommt. Wer vom Baum nichts weiß, hält das Gammeln eines Apfels für seine notwendige Entwicklung und das Wegwerfen des „überholten“ Rests irgendwann für angemessen und sinnvoll. Er wird die Vision eines knackigen frischen Apfels mit der "Lebenswirklichkeit" der Früchte in seinem Korb vergleichen und zur Illusion erklären. Er wird den knorrigen Stamm und die sperrigen Äste des Baums etwas mitleidig betrachten und sich fragen, ob man aus dem Holz nicht besser eine Obststiege bauen soll, damit die Äpfel gut gelagert werden und so länger halten können. Das ist genau das, was von der Kirche immer wieder erwartet wird: dass sie konserviert. Man ruft nach Strukturreformen, weil man den Baum, der Werte hervorbringt, umbauen will zu einer Kiste, in der man die Werte ausstellt und aus der man sie verteilt. Doch dann gammeln sie und sind irgendwann aufgebraucht.
Die Werte sind als Grundlage für den Dialog höchst unzulänglich. Um im Bild zu bleiben: während die Kirche anbietet, Apfelbäume zu pflanzen, damit man sich ernähren kann, wollen viele Dialogpartner einfach eine Kiste Obst mit nach Hause nehmen. Die Gemeinsamkeit ist der Apfel. Doch das Hungerproblem wird durch die Obstplantage namens Kirche gelöst, nicht durch die Obstkiste. Die Gespräche müssen vorrangig um Baumpflege und Düngung gehen, nicht über gefällige Geschmacksrichtungen.
Christus macht es immer wieder in ähnlichen Bildern deutlich. So bringt die Rebe am Weinstock die Frucht hervor, wenn sie am Weinstock bleibt. Nicht nur einmal essen, sondern Frucht bringen. Anstelle eines Schluckes Wasser bietet er eine immer sprudelnde Quelle an. Nicht nur einmal trinken, sondern überfließen.
Wer dieses Prinzip vernachlässigt, täuscht die, mit denen er diskutiert. Er sucht den Konsens, indem er Steine statt Brot gibt.
Das ist ein sehr gutes Bild.
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