In der letzten Zeit wurde mir das Schreiben immer zäher und schwerer. Ich habe mich lange gefragt, warum, aber fand nur, dass es mir sinnlos vorkam. Irgendwann fiel dann der Groschen. Es sind im Wesentlichen zwei Gründe.
Einmal: es läuft eine Diskussion, in der ich mich keiner Seite zuordnen kann. Da wird behauptet, die Kirche sei eine Wertegemeinschaft – folglich sei alles, wo man diese Werte vorfindet, in die Kirche zu integrieren. Treue und verantwortungsvolle Nicht-Ehen zum Beispiel. Nur ist die Kirche keine Wertegemeinschaft.
Dagegengehalten wird mit der katholischen Lehre, die nicht verändert werden darf. Logisch, wenn sie von Gott kommt. Nur ist die Kirche auch keine Lehrgemeinschaft.
Was hier meiner Meinung nach falsch läuft, ist die Frage, was Grundlage und was Frucht ist. Die Kirche hat eine Lehre, die Werte hervorbringt, sicher. Die Werte sind wichtig und die Lehre ist wahr, sicher. Doch was die Kirche eigentlich ist: der Leib Christi auf Erden. Christus ist das Haupt, nicht der Katechismus. Er kommt immer zuerst!
Das mag wie eine unsinnige Differenzierung klingen, ist doch im Katechismus zusammengefasst, was Christus für uns und von uns will. Das Problem ist jedoch: wenn ich Christus nicht kenne, bringt mir die Lehre wenig bis nichts. Sie ist dann so gehaltvoll, wie die Anleitung zu einer gelingenden Ehe, ohne dass ich verheiratet bin oder auch nur Aussicht auf eine Freundin hätte. Richtig zwar, aber reine Theorie und nicht umsetzbar. Nicht, weil der Wille fehlt, sondern weil es gar nicht gehen kann. Am Anfang steht die Liebe, die Begegnung mit Christus. Auf dieser Basis ergibt alles Sinn. Ohne diese Basis degradiert man die katholische Lehre zu einer Weltanschauung unter vielen, und zudem zu einer, deren Implikationen sich nicht umsetzen lassen.
Die Diskussion Lehre gegen Werte ist zum Scheitern verurteilt. Mehr noch: sie schadet, weil sie den Blick in eine falsche Richtung lenkt, so richtig inhaltlich vieles sein mag. Ich will aber nicht Recht haben, sondern helfen, das Problem zu lösen.
Der Zweite Grund ist der: wir sind in Gefahr, uns das Heft aus der Hand nehmen zu lassen und nicht mehr zu handeln, sondern zu reagieren. Viele heiße Diskussionen drehen sich darum, wie man verhindert, dass Dinge Gesetz werden, sie längst präsent sind. Sicher, das ist wichtig, um den Schaden nicht noch größer werden zu lassen, doch es ist zum einen ein ziemlich aussichtsloser Kampf und zum anderen die Reaktion auf Themen, die uns aufgezwungen werden. Das Beste, was wir beim Verhindern erreichen können, ist die Erhaltung des Status Quo. Es ist ein Rückzugsgefecht.
Rückzugsgefechte aber sind nicht unsere Aufgabe: „Geht und lehret alle Völker!“ ist mit „Verhindert das Schlimmste wenigstens für eine Weile“ unzureichend umgesetzt.
Die Antwort auf beide Probleme ist meiner Meinung nach die Evangelisation. Christus muss bekannt gemacht werden. Und darunter verstehe ich nicht, dass man um Ihn und seine Gebote weiß, sondern dass man ihn kennt und dann früher oder später Ihn und seine Gebote versteht. Werte ergeben sich dann automatisch. Und ich stelle fest, dass ich dieser Aufgabe nicht gewachsen bin. Diskutieren erscheint mir dagegen wie eine leichte Fingerübung. Ich weiß zumindest um einen Teil meiner Fehler und Sünden und erkenne mich ganz realistisch als unqualifiziert. Und doch ist genau das meine Aufgabe: Christus bekannt zu machen. Ich zögere und fühle mich unsicher, schäme mich und ducke mich weg. Da muss ich auf einen Boden, der nicht zu tragen scheint!
Vorgemacht hat es mir Petrus: er ging aufs Wasser, als Christus ihn rief. Und er wurde hochgezogen, als sein eigener Glaube nicht ausreichte. Für mein Empfinden ist genau das von mir verlangt: etwas zu tun, das gar nicht klappen kann, weil ich um das Gewicht meiner Sünden weiß. Doch der heutige Petrus ruft mich immer und immer wieder genau dazu auf: geht und evangelisiert! Jeder auf seine Weise und mit seinem Maß an Glauben, aber geht!
Ich bete um den Mut zum Gehorsam.