Mittwoch, Januar 28, 2015

Traurig, aber gut!

[Von Bastian]
Wer hätte das gedacht: für Kinder kann Information über den biologischen Vater für die Entfaltung der Persönlichkeit von elementarer Bedeutung sein! Stellt das BGH unter dem Aktenzeichen XII ZR 201/13 fest (LINK).
Es bleibt das verwunderte Augenreiben, dass es zu dieser banalen Erkenntnis eines hohen Gerichtsurteils bedarf, aber immerhin.

Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, wann dieses Urteil Folgen hat. Denn wenn die Kenntnis des eigenen biologischen Vaters wichtig ist, muss diskutiert werden, was das bedeutet. Wissen um den Namen? Kennen der Person? Kontakt zu dieser Person? Bei Bedarf sogar regelmäßiger Kontakt zu diesem Mann? Oder, man wagt es kaum auszusprechen, könnte es sogar wichtig sein, in seiner Gegenwart aufzuwachsen, wenn irgend möglich?
Für Männer bedeutet das: hat sich der großzügig gespendete und mit Verschwiegenheitsgelübden geschützte Samen plötzlich in irgendetwas verwandelt, dessen Rechte ein Eigenleben zu führen beginnen und mich tangieren können? Gibt es etwa Verpflichtungen, wenn man doch nichts weiter tat, als bloß einen Menschen zu zeugen?
Für alle gleich- oder getrenntgeschlechtlichen Pflege- oder Stiefeltern (um diese ungehobelt altmodischen, aber irgendwie treffenden Begriffe zu verwenden) heißt es: hat „unser“ Kind wirklich Anspruch auf etwas, was wir ihm nicht geben können? Muss „unser“ Kind, im Gegensatz zu anderen Kindern, etwa seine Identität außerhalb unserer Familie suchen? Ist unsere Elternschaft eventuell unvollkommen?

Das Urteil birgt Sprengstoff. Denn so merkwürdig die oben gestellten Fragen auch klingen, wenn man sie tatsächlich einmal aufschreibt – genau die ergeben sich daraus. In vielen guten Familien mit adoptierten Kindern werden sie offen gestellt und versöhnt beantwortet. In vielen Fällen der neuen Regenbogenfamilen hingegen werden sie erst gar nicht gestellt. Sie werden vermieden, geächtet oder gar unterdrückt, weil sie zu stellen hieße, sie als möglicherweise sinnig zu akzeptieren. Da sei Werauchimmer vor! Die Technik ist doch, das Bewusstsein so weit zu nivellieren, dass man da gar keine Unterschiede mehr festmachen und daher auch keine Fragen stellen kann. Und jetzt das!

Dieses Urteil ist seit langem das erste in der Reproduktionsmedizin, das die Rechte des gezeugten Kindes über die Rechte am gezeugten Kind stellt. Dass es überhaupt gefällt werden muss, ist ein Ausdruck der Armut und der Dekadenz unserer Gesellschaft, aber es schaut in die richtige Richtung. Es ist ein gutes Urteil.

Dienstag, Januar 20, 2015

Nette Zeichen

Wie leicht können nette Zeichen fehlgedeutet werden. Papst Franziskus und Kardinal Tagle machen es uns vor.


Freitag, Januar 16, 2015

Berliner Viehmarkt

Hier sucht der Diözesanrat des Erzbistums Berlin einen neuen Erzbischof und startet ein Meinungsbild »auch und gerade« unter den Nichtkatholiken. Soso.

Aber Vorsicht bei Käufen im Internet.


Dienstag, Januar 06, 2015

Wem hat der Dom das Licht ausgeknipst?

[Von Bastian]
PEGIDA demonstriert, und der Kölner Dom macht das Licht aus. Man will keine Kulisse für derartige Anliegen bieten. Durch dieses Abschalten hat sich der Dom allerdings mehr in Szene gesetzt, als wenn nichts passiert wäre: in den meisten Nachrichten wurde die Anti-Lightshow gezeigt. Eine klare und starke Stellungnahme. Das Abschalten des Lichts war ein Spektakel.

Doch wem wurde das Licht abgedreht? Offiziell den Anliegen von PEGIDA. Inoffiziell dem, was man so allgemein dafür hält. Noch inoffizieller dem, was nur ein Teil der Bevölkerung dafür hält oder halten will, denn bisher weiß wohl niemand genau, wie viele Anhänger PEGIDA mit seinen Anliegen hat und was diese Anhänger genau wollen. Faktisch jedoch hat man den Demonstranten das Licht abgedreht, jedem einzelnen von ihnen.

Was in der Presse als Distanzierung von Fremdenfeindlichkeit gefeiert wird, kommt bei den Demonstranten als persönliche Zurückweisung an. Das ist mehr als ein starkes Zeichen: die Gesprächsverweigerung der Kirche, die von sich sagt, dass in ihr das Heil liegt. Selbst wenn das tatsächlich alles verlorene Schafe sein sollten – ist es dann Aufgabe der restlichen Herde, möglichst laut zu blöken: „Ihr seid draußen, und das ist gut so!“?
Hier unterscheidet sich die Gesamtheit der Gesellschaft von der Kirche. Während es für die Politik gut und wichtig ist, klare Kante zu zeigen und nötigenfalls Grenzen zu setzen, ist es Auftrag Jesu, jenseits dieser Grenzen zu suchen und nach Hause zu bringen. Die Gesellschaft definiert, aber die Kirche überwindet. Dicht zu machen ist schlicht nicht ihr Job.

Es ist gut, dass die Kirche sich äußert und mahnt. Doch (vermeintlich?) Irrenden ihr Licht zu verweigern, ist eine Symbolik, die ihr nicht zusteht. Schon gar nicht, wenn es in einer Zeit geschieht, in der Kirchenferne normalerweise die Eintrittskarte in Dialoge auf Augenhöhe darstellt.
Mir scheint, es ging bei alldem weniger um Distanzierung, als um den Wunsch, aufzufallen und zu gefallen.

Samstag, Januar 03, 2015

Die Macht der Herausragenden

[Von Bastian]
1000 Beeren in der Marmelade, eine davon giftig. Darf man diese Marmelade seinen Kindern geben, oder nicht? Immerhin ist der überwiegende Teil der Beeren einwandfrei!
1000 Tonnen Geröll, Kies und Sand, 100g Gold. Lohnt das Suchen? Am Klondike wurde diese Frage beantwortet.
Offenbar reicht ein Tausendstel oder ein Zehnmillionstel durchaus aus, ein ganzes System zu prägen.

Diese Art, Dinge zu beurteilen, ist entscheidend für das Schicksal von Nationen: Niemand wählt eine Partei wegen ihrer Mitglieder, die über alle politischen Grenzen hinweg im Durchschnitt gleich engstirnig und spießig sein dürften. Man wählt die paar Goldstücke, die mühsam poliert an die Spitze gestellt wurden und dort vor sich hin zu glänzen versuchen. Auch die Kirche erfreut sich an ihren Heiligen, ohne den Millionen von halbherzigen Alltagschristen der Vergangenheit die gleiche Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Gleichermaßen erfolgt die Beurteilung durch Kirchengegner: Jahrhunderte der Kirchengeschichte werden vergessen über ein paar repräsentativen Sünden.

Sinnvoll? Auf jeden Fall allgegenwärtig und offenbar menschlich. Und potentiell gefährlich: längst geht es in der öffentlichen Meinung nicht mehr um Inhalte, sondern darum, mit ein paar Goldstücken oder Giftbeeren ganze Bereiche zu übernehmen. Unsere Politiker tun alles, um diese Denkweise zu fördern, denn so werden Stimmungen gemacht: man verallgemeinert den Einzelfall und löst damit wahlweise einen Goldrausch oder eine Boykottierung wegen enthaltenen Giftes aus.
Alles arbeitet so: kaputte Familien werden herbeizitiert, um Kinderbetreuung zum Ideal zu erheben, ein Politiker mit Skandal kostet den Wahlsieg, ein paar entdeckte Nazis (Deutschland) oder Kommunisten (USA) ruinieren ganze Bewegungen, ein paar Schwule, die es stört, dass sie nicht schwanger werden können, bestimmen den Inhalt künftiger Schulbücher.
Die Gesellschaft und mit ihr die Politik ist nicht in der Lage, zwischen dem Einzelfall und der Menge zu differenzieren. Und daher hat die Politik mit den muslimischen Extremisten so ein großes Problem: gemäß ihrer eigenen Denkweise prägen die plötzlich alle anderen Muslime mit. Unsere Politiker und so manche Kirchenoberen sind nicht in der Lage, zwischen Angst vor Extremisten und Angst vor allen Muslimen zu unterscheiden. Zudem glauben sie, dass alle anderen genau so denken, wie sie. Die erschreckten Appelle, man dürfe nicht vergessen, dass die meisten Muslime freundliche und gewaltfreie Menschen sind, richtet sich an sie selbst. Nach außen gerichtet sind sie eine Unverschämtheit, denn: das hat niemand vergessen. Oder besser: fast niemand. Denn ein paar Spinner gibt es immer, doch die sind für unsere Politiker leider gleich wieder repräsentativ für alle.
Gerade diese Appelle zeigen, dass diese Politiker sich selbst nicht glauben (sie werden wissen, warum). Das einzige, was ihnen zu diesem Thema einfällt, ist das, was sie selbst immer tun: sie warnen davor, ein paar blendenden Goldstückchen hinterher zu laufen (siehe oben), weil es da auch Giftbeeren zwischen gebe (siehe ebenfalls oben). Sie beantworten gleiches mit gleichem und merken es nicht. Und sie wundern sich, dass sie damit mehr und mehr in die Defensive geraten.

Derzeit noch beantwortet die Politik dies alles mit immer noch mehr vom alten Denksystem, doch man kann beobachten, wie das zu bröckeln beginnt. Es wird höchste Zeit für inhaltliche Auseinandersetzungen. Alles andere wird langsam gefährlich: die falschen Herausragenden warten nur darauf, ihre Chance zu nutzen.

Ich für mein Teil glaube der Politik übrigens die meisten ihrer Einsätze für Minderheiten nicht. Sie dienen dazu, sich in Szene zu setzen, da man aus diesen Minderheiten wieder ein Goldstückchen polieren kann, das die eigenen Ansichten bestätigt. Minderheiten, mit denen nichts zu gewinnen ist, werden auch bei uns geflissentlich ignoriert.

Freitag, Januar 02, 2015

Kirche der Sünder

[Von Bastian]
Zu Weihnachten kommt Gott auf die Welt. Sein Ziel: uns zu erlösen, und zwar von unseren Sünden. Von dem, was uns in Seinen Augen elend macht.
Gott scheut das Elend dieser Welt nicht – Armut, Krippe, Stall, einfache Hirten, Flucht und Exil machen es deutlich. Unser Elend sind unsere Sünden, wir sind bekanntermaßen eine Kirche von Sündern. Soweit stimmen die meisten zu.

Doch wenn der Papst es riskiert, aus dieser Theorie eine Praxis zu machen und das Elend auch in der Kirche benennt, regen sich plötzlich viele auf. Theologische Diskussionen sind halt viel schöner, als 15fach elend auszusehen.
Wirklich?
Wo hinein wurde Christus noch einmal geboren? In unser Elend. Es vor ihm und uns selbst auszubreiten, ist weihnachtlich, denn: die meiste Weihnachtsromantik ist erlösungsbedürftig. Unser Elend ist erlösungsfähig. Daher mein Dank an den Heiligen Vater, der auch mich mehrfach erwischt hat.