[Von Bastian]
Vorhin las ich einen alten Blogbeitrag und hatte Lust, ihn zu überarbeiten. Das Ergebnis ist dies. (Vorsicht: lang!)
Ich glaube an Gott als den Schöpfer. Selbstverständlich ist nicht nur das Seine Natur – was wäre ich ohne meinen Erlöser. Den Gedanken des Schöpfers bzw. seine Folgen für mich möchte ich betrachten.
Eine Schöpfung könnte sich auf die unterschiedlichsten Arten vollziehen, die ich nicht bewerten möchte. Zwischen einem von Gott gegebenen Anstoß einer Entwicklung, die alles hervorbringt (Gott hat den Urknall knallen lassen.) und sozusagen Einzelanfertigungen von allen Individuen sind beliebig viele Zwischenstufen denkbar. Auf jeden Fall wäre das, was ist, gewollt, und es wäre da, weil es gewollt ist.
Wie aber vollzöge sich eine Nicht-Schöpfung? Steven Hawking erklärt logisch, dass das Universum keinen Anfang hat, weil im Urknall die Zeit erst beginnt und es daher kein „vor“ dem Universum gibt. Dasselbe gelte für ein theoretisches Ende – den erneuten Zusammensturz. Es gibt weder ein „vor“ oder „nach“, noch ein „außerhalb“ des Universums: es ist einfach da, samt seinen Naturgesetzen. Diese Gesetze ermöglichen Entwicklungen. Das Prinzip dieser Entwicklungen ist so simpel wie genial: das, was innerhalb der Naturgesetze am besten qualifiziert ist, bleibt bestehen auf Kosten des weniger qualifizierten. Man nennt dieses einleuchtende Prinzip Evolution, ein faszinierendes Gedankengebäude von eigentümlicher Schönheit. Es wohnt in ihm aber auch eine große Trostlosigkeit, denn schon das Grundlegendste, was es gibt, die eigene Existenz, ist kein Zeichen von Liebe, sondern von Durchsetzungsvermögen. Dass man existiert, ist nicht gewollt, sondern ein Zeichen von Erfolg.
Gewollt oder erfolgreich – diese Alternative verändert das Weltbild grundlegend.
Bin ich gewollt, wäre jede Frage, die ich über mich selbst habe, am besten bei dem aufgehoben, der wollte, dass ich bin. Aus dieser Erkenntnis heraus wäre meine Wahrheitssuche für den Schöpfer offen, Ethik und Moral wären von ihm geprägt und führten zu ihm hin. Mich von ihm zu entfernen bedeutete, sich von mir selbst zu entfernen.
Ohne Schöpfer hingegen wäre ich selbst das Beste, was mir zugänglich ist: die derzeit am weitesten fortgeschrittene Entwicklung. Um recht zu leben, müsste ich mir selbst und meinem Leben folgen. Da ich aber endlich bin und eines Tages verschwinde, kann der Sinn meines Lebens allenfalls das Prinzip des Lebens selbst, wenn man das einen Sinn nennen will. Ethik wäre die Erkenntnis, wie sich das Leben weiter entfalten kann, Moral die Wegbeschreibung hin zu mir selbst. Wenn es etwas wie Sünde gäbe, wäre es die evolutionäre Sackgasse. Auszusterben macht aus dem Sieger den größtmöglichen Verlierer.
Dabei gibt es einen sehr wesentlichen Unterschied. Der Gläubige kann nämlich - ohne Widerspruch zu seinem Glauben - die Evolutionstheorie für überzeugend halten. Gott hat es so angestoßen und Er wusste, was Er tat. Er wollte mich und hat mich so geschaffen. Es ist für einen Christen nicht notwendig, aber durchaus möglich, die Evolution als Gottes Handschrift in der Schöpfung zu sehen. Er kann gelassen mit allen Lücken und Widersprüchen umgehen, da er um ein übergeordnetes System weiß, in dem sich alles abspielt.
Der Ungläubige hingegen muss entweder ein hieb- und stichfestes System wissenschaftlicher Erkenntnisse vorweisen können, oder aber die Lücken darin als Bedrohung zu erleben, die er dadurch erträglich macht, dass er gleichsam an die Evolution glaubt: uns fehlt halt noch der nötige Beweis, aber das ändert nichts an der Richtigkeit. Damit allerdings wird genau das gemacht, was man den Christen vorwirft: ein selbstgemachter Glaube dient als Lückenbüßer für das, was man wissenschaftlich nicht erklären kann. Das, was der Kirche seit jeher vorgehalten wird, nämlich dass sie die Tatsachen nicht zur Kenntnis nehmen wolle und entgegen sinnvoller Einwände ein ideologisches Weltbild gegen die Vernunft aufrecht erhalte – genau das kann man heute life in der Bevölkerung bewundern. Die Wissenschaft tut dabei etwas, was ihr selbst zutiefst zuwider läuft, da es völlig unwissenschaftlich ist: sie beobachtet nicht, um daraus Schlüsse zu ziehen, sondern sie sucht nach Beweisen für Schlüsse, die vorher feststehen. Gegenargumenten wird dementsprechend nicht sachlich, sondern ideologisch begegnet: man wolle wohl wieder ins Mittelalter zurück und eine flache Erde propagieren, sei ein Kreationist (incl. aller negativen Eigenschaften), sei homophob und dergleichen hochkarätige Einwände mehr. Die Evolutionsforschung wäre heute wahrscheinlich viel weiter, wenn sie nicht ständig das Ergebnis vorweg nehmen würde.
Interessant finde ich, dass von vielen Menschen die Folgen, die der Glaube für das Leben hat, als die größere Einschränkung empfunden wird, verglichen mit den Folgen des Unglaubens.
Als Beispiel dafür werden u.a. die sogenannten „alternativen Lebensentwürfe“ genannt, die man als Christ bekanntlich nicht leben dürfe, ohne Angst vor schlimmen Strafen haben zu müssen, wohingegen der Ungläubige freier sei. Doch stimmt das?
Vor Gott ist Kinderlosigkeit durchaus eine Möglichkeit. Nicht das Leben selbst ist der Maßstab, sondern das rechte Leben gemäß dem Willen des Schöpfers. Eine Schöpfung hat Platz für individuelle Lebensentwürfe. Gott hat Interesse am Einzelnen. Man braucht keine Kinder, um geliebt zu sein: es gibt viele Wege.
Ohne Gott jedoch trägt jede Form der Kinderlosigkeit, gleich ob aus Überzeugung, sexueller Neigung, Karrieregründen oder warum auch immer, als Tatstrafe die totale Exkommunikation in sich: wer keine Nachkommen hat, stirbt nicht nur irgendwann - er stirbt aus. Die reine Evolution ist da gnadenlos: man ist raus. Etwas wie Vergebung gibt es nicht, denn Tatsachen lassen sich nicht nachträglich ändern. Es gibt dann nur einen erfolgreichen Weg: den der Fortpflanzung, denn er erhält das einzige, was in der Evolution Bestand haben kann: den Genpool, die Art. Der Einzelne ist bedeutungslos. Sein „Überleben“ besteht bestenfalls im Weiterbestehen seiner Art. Wenn er sich aus dem Genpool kegelt, erfährt er das Schicksal der totalen Bedeutungslosigkeit: nichts bleibt von ihm.
Doch wie gehen die Menschen damit um? Warum argumentieren die Menschen, die sich am stärksten für „individuelle Lebensentwürfe“ stark machen, dann nicht religiös? Warum berufen sie sich auf eine Logik, die viele von ihnen ausrottet? Der Grund ist einfach: die atheistische Logik lässt sie zu Lebzeiten in Ruhe. Die Evolution hat Zeit und begnügt sich mit dem natürlichen Wegsterben. In ihr regieren Arten und Genpools – das Individuum ist belanglos. Die Religion hingegen stellt den Menschen in eine Verantwortung, die das tägliche Leben betrifft. Man kann nicht tun und lassen, was man will. Oder besser: man kann schon. Nur dass man die Folgen selbst tragen muss. Der Glaube ist spontan erst einmal unbequem.
Man hat also drei Möglichkeiten. Man kann sich der Evolution entsprechend sinnvoll verhallten und sich vermehren, oder man kann machen, wozu man gerade Lust hat und sich als Verlierer, Sackgasse und Endpunkt der Entwicklung begreifen, oder man kann sich Gott unterwerfen und verantwortlich sein.
Viele Menschen aber wollen weder Verantwortlichkeit, die sie als lästige Abhängigkeit empfinden, noch wollen sie die Verlierer der Geschichte sein. Sie suchen „Selbstbestimmung“ und, wenn sie überhaupt weiter denken, dafür eine Rechtfertigung vor sich selbst. Endlose Diskussionen über letztlich nicht haltbare Dinge und Prämissen ohne Basis sind vorprogrammiert, jede Idee für Lebenssinn ohne Verantwortlichkeit wird gierig aufgesogen, jeder Weg zu mir selbst mit einer Akribie gegangen, die bei Christen sofort als Fundamentalismus bezeichnet würde.
Für mich ergibt sich aus diesen Gedanken folgendes.
Wenn man an den Schöpfer glaubt, tut man gut daran, den Glauben zu bewahren. Selbst wenn man dich irren sollte, ist Glaube derzeit die offenere, beweglichere und damit für die Wahrheit freiere Haltung.
Wenn man nicht glaubt, tue man das konsequent und mache sich nichts vor. Man gebe sich nicht damit zufrieden, dass andere erzählen, nicht zu glauben legalisiere, was der Glaube verbiete. Man halte sich nicht daran fest, alles sei gut, was gefällt. Der Unglaube, der den Grund für eine solche Lebensweise liefert, wird den Offenen auch auf die Folgen blicken lassen. Es ist der Blick in den Abgrund völliger persönlicher Bedeutungslosigkeit. Unglaube führt oft geradewegs auf das Abstellgleis der Evolution. Genau die Wissenschaftlichkeit, mir der man versuchte, den Glauben auszuhebeln, wird ohne ihn zur persönlichen Falle. Dass man, dort hineingeraten, offenbar tun und lassen kann, was man will, liegt nur daran, dass man die Notwendigkeiten nicht mehr erkennt. Die vermeintliche gesellschaftliche Reputation dort ist die Anerkennung durch Haltlose, die Belanglosigkeiten beklatschen. Nach Dir die Sintflut? Nein, nicht einmal das. Nach Dir gar nichts. Du bist ausgeschieden. Du bist so bedeutungslos, dass es für Dich nicht einmal eine Hölle gibt. Die Evolution hat Dich abgeschrieben – Gott nicht.
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