[Von Bastian]
Meine Frau und ich twittern auf altmodische Weise.
„Hast Du eine Idee für ein Geschenk für Siggi? Alles Liebe, Deine…“ Wenn ich Briefchen dieser Art von ihr auf dem Küchentisch finde, bin ich fröhlicher. Nein, nicht, weil uns ein Geschenk fehlt, sondern weil sie im Briefchen für mich da ist. Weil es von ihr ist. Und wenn wir uns an diesem Tag zuhause nicht überschneiden, schreibe ich eine Antwort drauf: „Nein, noch nicht, aber ich werde drüber nachdenken. Alles Liebe zurück.“ Und dann freut sie sich. Weil es von mir kommt.
Durch unsere Zetteltweets werden keine großen Probleme gelöst. Sie ersetzen kein Gespräch, verkünden keine neuen Erkenntnisse über unser Eheleben und sind von ihrem Intellektuellen Anspruch her beschränkt. Die Zettel sind klein. Trotzdem schreiben wir sie immer wieder – sie machen Freude, schaffen Gemeinsamkeit. Manchmal, wenn es nichts mitzuteilen gibt, schreibe ich nur einen Gruß. Denn bei unseren Zetteltweets gilt: es ist der Absender, der zählt.
Jetzt twittert der Papst. Für mich fällt das genau in diese Sparte: Millionen von Followern erwarten keine virtuelle Audienz, sondern ein Briefchen vom Papst. Ein kurzes „Habt Ihr eine Idee, wie...“ oder ein „Ich denke an Euch…“ mit einem Gruß oder Segenswunsch am Ende. Der Papst, dessen Titel immerhin von Papa kommt und familiäre Nähe in sich trägt, nutzt ein Medium, um Gemeinsamkeit zu schaffen. Eine gute und gelungene Aktion.
Es gibt natürlich unzählige Möglichkeiten, eine solche Idee misszuverstehen. Das ist vorprogrammiert, denn die Tweets sind öffentlich. Man stelle sich nur vor, meine Frau und ich müssten unsere Zettel auf offener Straße in einer belebten Fußgängerzone deponieren. Es wäre nur eine Frage der Zeit, bis der erste dumm-pubertierende Jugendliche drunter kritzelte: “Ey, Alter, kennste nich mal nen guten versauten Witz?“ (Link) Viele würden sich das Maul zerreißen und fänden sich cool. Sollen sie. Nicht meine Zielgruppe.
Andere wollen nicht cool, sondern intellektuell überlegen sein. Sie nehmen die dummen Antworten und geben – ähnlich dümmlich - zu denken, wer solche Briefchen schreibe, müsse lernen, dass es Reaktionen gibt. (Link). Dabei bleibt unklar, ob man hier davon ausgehen soll, dass der Papst sie Reaktionen auf seine Aussagen noch nicht bemerkt hat, oder ob der Schreiber dieser Zeilen noch nicht wusste, dass der Papst öffentlich wahrgenommen wird. Da diese Anmerkung allerdings aus den katholischen Medien selbst kommt, ist sie etwas ärgerlicher, als die anderen „Kritiken“. Auch ich wäre enttäuscht, käme ein Teil des eher dummen Gekritzels unter meinem Zettel von einem meiner Kinder.
Nicht spontan oder persönlich genug, nicht inhaltsreich genug, vom Wesen her falsch, zu lang, zu kurz, unpassend und überhaupt sollte ein Papst sowas nicht tun und die Öffentlichkeit mit sich belästigen. All diese Kritik kann getrost stehen bleiben. Sie wirft weniger Licht auf den Papst als auf manche – bei weitem nicht alle! – der Kritiker selbst. Denn alle Kritiker, die meinen, ihre persönliche Kritik sei hier allgemeingültig, haben eines gemeinsam: sie glauben besser zu wissen, was Freude bereitet, als die, die sich freuen. Sie erliegen der gleichen intellektuellen Falle wie die Gegner von „Weihnachten im Schuhkarton“: das eigene Denken wird zum Maßstab, der wiederum zum KO-Kriterium dafür wird, woran andere Freude haben dürfen. Allerdings ändert das nichts. Ich habe meine Freude daran und interessiere mich überhaupt erst für Twitter, seitdem man dort vom Papst lesen kann.
Die Tweets sind für die, die Freude daran haben. Für die meisten dürfte auch hier gelten: es ist der Absender, der zählt.
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