Günter Wallraff (»Der Mann, der bei BILD ›Hans Esser‹ war«) wird siebzig. Damit er sich nicht angegriffen fühlt, gratuliere ich schon mal vorsichts- und überzeugungshalber. Er hat sich schließlich nicht nur Freunde geschaffen. Ich erinnere mich noch daran, daß ich seine Reportage »Ganz unten« atemlos gelesen und viel davon profitiert habe.
Zum Geburtstag tat er jedoch seinen Glauben kund, daß man sich zur Verteidigung der Freiheit gleich über alle Religionen lustig machen sollte. Der aktuelle Hintergrund ist natürlich der Streit um Schmähvideos und die Reaktionen in der islamischen Welt. Mit Beruhigung schließe ich daraus, daß er sich nicht in eine Moschee einschleichen wird – wie er es zum Beispiel als vorgeblich beichtwilliger »Ali« gemacht hat, um überforderte katholische Priester vorzuführen. Also keine Gefahr für Leib und Leben für »Ali«.
Stattdessen also allgemeiner Spottprotest gegen alle Religionen. Das ist aber in etwa so sinnvoll, wie zum Ladendiebstahl in Deutschland aufzurufen, um damit Protest gegen empfindliche Körperstrafen für ertappte Diebe in anderen Regionen der Erde einzulegen. Oder das zu tun, was die Friedensbewegung einst als »fucking for virginity« bezeichnete.
Wallraff und andere übersehen, daß Freiheit nicht darin besteht, willkürlich gegen diejenigen zu pöbeln, deren Nase mir zu Recht oder Unrecht nicht gefällt. Freiheit bedeutet, mich zu dem entscheiden zu können, was ich tun soll.
Wäre es anders – und ignoranter Spott ein Ausweis der Freiheit: Das bedeutete die Rechtfertigung des Soldatenstiefels, der den Leuchter zertritt.
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