[Von Bastian]
Eine Frage nach der Verbindlichkeit päpstlicher Aussagen wurde auf Facebook interessant und recht ausführlich beantwortet. Die Antwort endete mit dem Satz „Den eigentlichen Gehorsam des Glaubens schulden wir nur Gott allein, wie er sich vor allem in der Stimme des Gewissens kundtut.“ Dazu einige Gedanken.
Das Gewissen ist immer wieder ein Schwachpunkt in Argumentationen. Oft wird es herangezogen.
Schwachpunkt nicht, weil es abzulehnen oder zu relativieren wäre – im Gegenteil. Oft wird die mögliche Begrenzung der Wirksamkeit kirchlicher Aussagen für den einzelnen durch das Gewissen ausführlich dargestellt. Der begrenzende Faktor – eben das Gewissen selbst – wird hingegen meist nicht genauer definiert. Damit ist jedoch auch die Begrenzung nicht wirklich fassbar. Was ist eine Gewissensüberzeugung? Ein Bauchgefühl? Der persönliche Eindruck, schuldig zu sein, wenn ich anders handele? Reicht das?
Wäre das Gewissen allein in mir begründet, wäre ich damit der letzte Maßstab. Beim Beurteilen von Dingen, die über mich hinausgehen, ist ein solcher Maßstab ungeeignet. Er ist zu klein, greift zu kurz. Das Gewissen selbst muss als Maßstab immer neu geeicht werden. Dazu gehört der Mut, Dinge hinzuzufügen, die meinen eigenen gefühlsmäßigen oder intellektuellen Rahmen sprengen. Es kann sein, dass ich Dinge bejahen oder verneinen muss, die ich selbst so nicht vollständig nachvollziehen kann. Anderenfalls könnte ich nur einem Gott glauben, der in meinen Kopf passt. Zu einer Bildung des Gewissens gehört es deshalb, die eigenen Grenzen zu erkennen und jenseits dieser Grenzen die Maßstäbe anzuwenden, die ich verantwortlich als richtig erkannt habe. Das kann auch die Lehre der Kirche sein. Als Katholik glaube ich der Offenbarung Gottes, die er mir in der Kirche schenkt. Durch die Kirche glaube ich ihm.
Man mag einwenden: Du gibst dein Gewissen an der Kirchentür ab. Du stiehlst dich aus der Verantwortung, indem du vorgegebene Lösungen einfach anwendest und gar nicht selbst dahinter stehst.
Das wäre so, wenn ich die Lehre der Kirche aus Bequemlichkeit anwenden würde. Wenn ich jedoch erkenne, dass mein Wesen zur Beurteilung von Glaubenssätzen gar nicht ausreicht, muss ich den Maßstab suchen, der ausreicht, wenn ich Gott nicht auf mich und meine Fähigkeiten zurechtstutzen will. Das wäre ein armer Gott. Deshalb ist ein gläubiges und katholisches Gewissen geprägt von dem, was der Mensch als Gewissensträger selbst nicht erreichen kann.
Aussagen der Kirche haben daher für mich erst einmal eine hohe Verbindlichkeit, weil sie nicht nur von meinem Gewissen beurteilt sein wollen, sondern erst einmal Eingang in das Gewissen selbst finden. Eine Gewissensfrage wird so zu einer Vertrauensfrage und damit Glaubensfrage. Meine Aufgabe ist, nach meinem Gewissen zu handeln. Dazu gehört auch, darauf zu achten, dass ich nicht meine Begrenztheit an die Stelle der Größe Gottes setze und das mit meinem Gewissen begründe.
Für mich ist das gar nicht so sehr eine Frage, ob mein Gewissen noch richtig tickt, wenn ich mir etwas sagen lasse, sondern mein Gewissen sagt mir, dass die, die eine Glaubensaussage über viele Mühen und Gedanken hinweg vor Gott geprüft haben,sich dafür mehr Zeit genommen haben als ich. Und so eine Prüfung bedeutet mir viel!
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