Machterhalt oder Angst, so habe ich gehört, seien die Gründe dafür, daß die Katholische Kirche sich nicht, dem vernünftigen Beispiel der Evangelischen Kirche folgend, auf die »Priesterweihe der Frau« einlassen könne. Mal abgesehen davon, daß auch in der Evangelischen Kirche keine Frauen zu Priesterinnen geweiht werden, weil das Weihesakrament nicht existiert, habe ich versucht, eine Antwort zu finden:
Beide Erklärungsmöglichkeiten, Macht und Angst, haben die Eigenart, daß sie ihre Erklärung selber liefern und damit in sich plausibel klingen. Wenn Macht das Bestimmende im Handeln der Kirchenmänner ist, dann ist es folgerichtig, daß sie nicht teilen können. Wenn Angst bestimmt, dann kann es nur ein ängstliches Zurückhalten sein. Zumal wenn man für beide Motivationen selbstverständlich Beispiele bei den Kirchenfunktionären finden kann.
Beide Erklärungsmöglichkeiten erklären also nicht, sondern beschreiben einen Mechanismus, der aber, wie eben angedeutet, sein Ergebnis bereits voraussetzt.
Ich halte zwei Dinge für unabdingbar, wenn es um Zulassungsbedingungen zu Weiheamt, wie das heute so schön und mißverständlich heißt, geht:
Zum einen die Ehrfurcht vor der Berufung Christi und die Einsicht, daß er beruft, wen ER will.
Zum anderen die Rückgebundenheit auf Tradition und Praxis der Kirche.
Johannes Paul II hat mit der später »Theologie des Leibes« genannten Katechesereihe deutlich gemacht, daß sich im Zueinander der Geschlechter das Erlösungswerk Christi widerspiegelt. Das wiederum ist paulinisches Gedankengut. Die Hingabe Christi an seine Kirche wird in der Gabe, die der Priester selber an seine Gemeinde ist, repräsentiert. Im Handeln des Priesters bleibt Christus der Kirche gegenwärtig. Und daß Jesus Christus als ein Mann gelebt hat, ist keine Zufälligkeit der Geschichte.
Mich erstaunt nicht, daß diese Debatte in dem Moment überzuschwappen droht, in dem die Gewißheit der Geschlechteridentitäten in unserer Gesellschaft verloren zu gehen scheint. Und daß die Debatte gleichzeitig in die Spekulation um die Auflösbarkeit der Ehe zwischen Mann und Frau und die Interpretation von Homosexualität als einem eheähnlichen Band eingebettet ist, deutet für mich darauf hin, daß in der Frage nach sogenannten Weihebedingungen in Wirklichkeit eine gesellschaftliche Neurose gepflegt wird.
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