Dienstag, Dezember 21, 2010
Kirchenjahr stereoskopisch?
Als ich am 3. Juli 2007 zum ersten Mal eine Heiligen Messe in der – damals ganz knapp noch nicht – außerordentlichen Form besuchte, hatte ich mich darauf eingestellt, ein Apostelfest mitzuerleben. Wie verwundert war ich, daß der Apostel Thomas am 3. Juli nicht gefeiert wurde!
Zum ersten Mal verstand ich, daß mit der Neuordnung des Liturgischen Kalenders viele Katholiken ihren Namenstag, der doch immer mit einem bestimmten Datum, Erinnerungen, Gerüchen verbunden ist … verloren haben. In der Zwischenzeit spielt der Namenstag bei vielen Katholiken nur noch eine untergeordnete Bedeutung. Ich will diesen Verlust nicht der Kalenderreform in die Schuhe schieben. Doch er hat auch mit Irritation zu tun. Wenn Rationalismus die Heiligenverehrung infrage stellt, können Änderungen der Lebensgewohnheiten den Verlust doch nur beschleunigen. Und mehr: Wenn alles igegendwie verfügbar und veränderbar ist, dann ist es für mich auch nicht mehr verpflichtend. Natürlich weiß ich, daß es Kalenderreformen immer schon gegeben hat.
Ein Argument, das ich gegen die »Freigabe« oder »Zulassung« der alten Messe immer wieder höre, sind die unterschiedlichen Kalender. Die Kirche könne es sich auf Dauer nicht leisten, mit zwei Kalendern zu leben. Das mag sein. Und zeit meines Glaubenslebens habe ich die Feste des Kalenders der Zeit nach der Liturgiereform immer als gnadenvermittelnd erlebt und gefeiert. Wozu also die Rückkehr alter Zöpfe?
Was wir heute erleben, und was sich als Irritation in dieser Diskussion niederschlägt, ist, wie ich meine, schon ein wenig auf die Rücksichtslosigkeit der Reform zurückzuführen. Um es mit einem Bild zu beschreiben: Da wurden alte Eichen verpflanzt, jahrhundertealte Straßenzüge verlegt … ganz so, wie sich auch das Erscheinungsbild unserer Städte und Dörfer in dieser aufbruchsfreudigen Zeit veränderte.
Als Gestalter finde ich, daß säkulares Design und »Kirchendesign« zu wenig miteinander verglichen werden. Unter Kirchendesign verstehe ich nicht nur die Inneneinrichtung der Kirche, sondern das Gesamtbild, das die Kirche in allen sichtbaren Bereichen von sich gibt. Also auch die Ordnung ihrer Feste. Ich sage damit nicht, daß ich zu einer Bewertung der alten oder der neuen Form komme. Das steht mir nicht zu. Aber meine Aufgabe kann sein, zu beschreiben, wie ich den Unterschied wahrnehme.
In dem letzten Jahr, in dem ich den alten römischen Kalender ein wenig kennenlernen durfte, habe ich das Vorhandensein zweier Kalender natürlich als eine Spannung erlebt, von der ich nicht weiß, ob und wie sie sich auflösen läßt. Die Spannung ist für mich jedenfalls kein Argument gegen das Vorhandensein zweier Formen des Römischen Ritus, sondern das Ergebnis eines geschichtlich beschreibbaren Prozesses.
Mein Leben in meiner rheinischen Heimatstadt gestaltet sich doch ähnlich. Mich stört das das Vorhandensein einiger Fachwerkhäuser in einer modernen Geschäftsstraße nicht. Es erweckt aber Wehmut. Ich nehme den Bruch, das Mißverhältnis wahr und bedaure Kriege und Krämergeist, die zum Erscheinungsbild unserer Stadt geführt haben. Doch ich bin vorsichtig mit Schuldzuweisungen. Ich ahne das Ungeheuerliche, welches da geschehen ist, und das zur Entfremdung gewachsener Lebenswelten geführt hat.
An jenem 3. Juli 2007 jedenfalls wurde das Fest des heilige Irenäus gefeiert, den ich wegen seines Zeugnisses für die Menschwerdung Gottes sehr liebe. Auch gut! Im stillen nahm ich den Apostel Thomas mit. Offensichtlich konnte man den Baum des alten Kalenders nicht so ohne weiteres ausreißen. Nicht ohne das Erdreich zu erschüttern. Und es war offensichtlich nicht gelungen, alle Wurzeln zu entfernen. Ein unabsehbarer Weg der Versöhnung mit unserer katholischen Tradition liegt vor uns. O Wunder: Er ist mir Reichtümern und Schätzen gespickt.
Deshalb werde ich heute auch an den Apostel Thomas denken. Mit dem Zweiten sieht man besser.
obwohl das anliegen, die sieben großen tage vor dem weihnachtsfest freizuhalten schon zu würdigen ist. Im übrigen wurde der Heiligenkalender im Lauf der zeit sehr häufig verändert, das halte ich daher auch nicht für die große Spezialität der Liturgiereform...aber lustig- ich mußte heute morgen auch an das alte Apostelfest denken.Vielleicht weil ich mich erinnere, dass für meine Großmutter der 21. dezember immer der Thomastag geblieben ist.....warum auch immer; meinen Hl. Namenspatron - nein nicht den hl Johannes, meinen Taufpatron hat man im Lauf der Geschichte öfter verlegt, das war aber lange vor dem Vatik II und im Zuge der Liturgiereform wollte mnan ihn überhaupt als legendenhafte Gestalt verbannen, was - Gott sei Dank nicht gelang; aber das kleine "g" oder "m ad lib" an meinem Namenstag finde ich noch immer nicht nett....
AntwortenLöschenDas hier zu lesen ist äußerst interessant. Der Gestalter( schon dieses Wort ist heute fast ausgestorben)sieht Dinge, die wesentlich mit "Kirche" zusammenhängen. Das begeistert mich. Ja das Gesamtbild! Wie stehen wir heute eigentlich da, dicht nur die Kirchen-Gebäude auch die Kirchen-Menschen, Orden, Pfarren,usw.?
AntwortenLöschenUnd, Giovanni, es stimmt doch schon, dass mit der Liturgiereform nach dem Konzil ganz viele Feier- und Festtage verschoben wurden, oder ganz fallen gelassen worden sind.
"Um es mit einem Bild zu beschreiben: Da wurden alte Eichen verpflanzt..."
AntwortenLöschenÄh, ja. Und die Anhänger der außerordentlichen Form schützen diese alten Eichen und nebenbei auch noch die Juchtenkäfer?!
Wachsen die Eichen (die ja nicht abgehauen, sondern verpflanzt wurden), nicht auch an ihrem neuen Platz?
»Wachsen die Eichen (die ja nicht abgehauen, sondern verpflanzt wurden), nicht auch an ihrem neuen Platz?«
AntwortenLöschenZur Zeit, glaube ich, nicht so gut. Es ist nicht falsche Demut, wenn ich sage, daß ich das letztlich nicht beurteilen kann. Ich bin dem neuen Kalender verbunden; auch für mich ist das die »Ordentliche Form«.
Wenn man meinem Posting eine gebündelte Aussage entnehmen will, dann wäre das: Wir müssen zur Zeit damit leben, daß es zwei liturgische Kalender in den beiden erlaubten Formen des Römischen Ritus gibt. Ich plädiere dafür, diesen Zustand in einer großen Toleranz als Chance zu verstehen.
Habe den Titel des Posts geändert und den Schlußsatz erweitert.
AntwortenLöschenHallo Hier Robert - freut mich das mein Facebook Post diese Diskussion stimulier hat. Denke eine Rückkehr zum überlieferten Kalender plus Einfügung der Heiligen seit 1962 ist die Lösung.
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