Mittwoch, August 11, 2010

Erzbischof Burke: Aufgabe der ganzen Kirche

Erzbischof Burke schrieb im Vorwort zu einer Studie über das Motu Proprio »Summorum Pontificum« folgende Sätze, die ich sehr freudig aufgenommen habe:

Die Verfügung, mit der der Papst vor einigen Jahren die ältere Form der katholischen Messfeier für breitere Kreise zuließ, sei ein „Akt universeller Gesetzgebung“ und daher „für die gesamte Kirche weltweit verbindlich“, betont der aus den USA stammende Kurienerzbischof. Es gehe also nicht um einen „Gunsterweis gegenüber irgendwelchen Personen oder Gruppen, sondern eine Gesetzgebung zum Zweck der Wahrung und Beförderung des Lebens des ganzen mystischen Leibes Christi und der höchsten Ausdrucksform dieses Lebens, nämlich der heiligen Liturgie“.


In unserer gemeindlichen Situation müssen solche Sätze wie weit übers Kirchenvolk hin gesprochen erscheinen. Vielleicht hätte ich den Sinn dieser Worte nicht verstanden, wenn ich nicht selber die Erfahrung gemacht hätte, daß das »Ja« zur liturgischen Tradition der Kirche (inklusive ihrer Liturgiereformen) den Blick auf die Katholizität der Kirche richtet. Die traditionelle Messe gehört nicht an den Rand der Kirche; und ihre Freunde sind keine Randständigen; Gruppen, denen man ein Zugeständnis machen mußte.

Bevor ich erste »Erfahrungen« mit der Außerordentlichen Form machen konnte, habe ich eine starke Trennung zwischen vorkonziliarem und nachkonziliarem Kirchenbild in meinem Umfeld, besonders meinem theologischen Umfeld wahrgenommen. Auf liturgischem Gebiet war man schon weiter als die Reform, sprach von tridentinischem und vatikanischem Feierraum und konzipierte dialogische Spannungspole im liturgischen Feierraum. Tradierte Kirchenräume wurden teilweise mit Schlagworten (»Omnibus-Anordnung«) abgetan.

Gleichzeitig habe ich den teilweise unerleuchteten Eifer traditionalistischer Gruppen kennengelernt: Die alte Messe lag mir also relativ fern.

Ich habe selber festgestellt, daß mir das Motu Proprio erst einen Weg zur Außerordentlichen Form bahnte, denn der Papst war – zumindest in meinen Augen – im Begriff, die sogenannte »Tridnetinische Messe« aus der Schmuddelecke »Indultmesse« in die universale Berechtigung der Kirche zurückzuholen.

Es mag Zufall sein, daß mir gleichzeitig jene dritte liturgische Form des »Unordentlichen Ritus« sauer aufstieß. Aus verschiedenen Rücksichtnahmen heraus bin ich sogar einmal in einer Messe zur Kommunion (war es wirklich Kommunion?) gegangen, in der die Gemeindereferentin Teile des Hochgebetes übernommen hat. Das war für mich ein innerer Schock. War es wirklich noch Jesus, den ich da empfing? In einem Kirchenraum, der die existenzielle Wucht und Dramatik eines schwedischen Einrichtungskataloges besaß? Ohne zu dramatisieren, glaube ich, daß die Ideologie des Liturgie-Machens weit in den Raum der Kirche vorgedrungen ist.

Ich will nicht gegen eine legitime Form der Liturgie polemisieren, es sei denn eben gegen die Unordentliche Form. Ich weiß auch nicht, ob die liturgiefeindlichen Elemente (Liturgie als moralische oder pädagogische Veranstaltung; Eventcharakter der Liturgie) wegen oder mit der Liturgiereform eingezogen sind. Auf liturgische Anweisungen oder die Liturgiereform selber können sie sich jedenfalls nicht berufen. (Meiner Überzeugung nach haben die unterschiedlichen Formen der Liturgie unterschiedliche Gefährdungen.)

Ich stand vor der Alten Liturgie wie ein Kind, das an Heiligabend die Tür zum Gabenzimmer aufstößt. (Soweit die Analogie: Ich würde nicht soweit gehen, den Papst als Weinhnachtsmann zu bezeichnen …) :-)

Ich hatte etwas gefunden, das ich, ohne es zu kennen, vermißt habe: Eine weitgehende Einheit von Wort und Klang, Raum, Bewegung und Geste. Das bürgerliche: »Ihnen einen schönen Sonntag« – »Danke gleichfalls!« wurde mir angesichts des Gefeierten immer unerträglicher. – Ja, ich weiß: Das »Danke gleichfalls, Halleluja, Halleluja« der Osterzeit taucht nirgends in den Rubriken von 1970 auf.

Ich habe jetzt die Möglichkeit, die alten Opferungsgebete anzuschauen, Orationen zu vergleichen – mich andererseits über die Evangelienprozession zu freuen und festzustellen, wieviel mir doch an der neuen Leseordnung liegt; und das Wichtigste: Ich kann dies tun, ohne daß es mich innerlich ideologisch zerreißt. Das Motu Proprio hat mir doch ziemlich die Augen für die innere Einheit der Römischen Liturgie geöffnet. Dabei liegt es mir fern, Grenzen zu verwischen. Offene Fragen zwischen den beiden Usus (Wer oder was wird wann geopfert?) kann ich gerne stehenlassen – gerade wegen der Katholizität beider Formen.

Vielleicht bin ich in einigen Augen ja ein typischer Postmoderner, oder ein Mosebach-Katholik. Ich glaube heute nichts anderes über die Eucharistie als ich vor zwanzig Jahren geglaubt habe – und das ist der Glaube der Kirche –; aber die Alte Form der messe ist für mich eine Schule des Gebets geworden. In der Mitte der Kirche, wie auch ich in der Mitte der Kirche stehe.

Und wie auch die Menschen in der Mitte der Kirche stehen, die ich so oft beim sonntäglichen Choralamt treffe.

3 Kommentare:

  1. Schön, wenn es Menschen gibt, die so denken, und ich glaube, mit wenigen Abstrichen stehen wir da auf der Linie des Heiligen Vaters.

    Ich warte allerdings immer noch auf die durch das Motu proprio intendierte "Befruchtung der beiden Riten", einen überarbeiteten neuen Ordo und einen an einigen Stellen etwas aufpolierten alten Ritus.


    Wobei man dabei endlich mal wieder aufs Tapet bringen muss, was Liturgie eigentlich bedeutet! Denn das hat man in letzter Zeit nicht getan. Und wenn man jeden Sonntag morgens früh erwartet, dass die Leute wegen irgendwelcher Kindischkeiten in die Kirche kommen, dann hat man sich halt geschnitten.


    Pro Ritenbefruchtung! ;)

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  2. Anonym11:18 PM

    Ich finde es nicht so wichtig, in der Mitte der Kirche zu stehen, am oberen rechten Rand würde auch reichen. Allerdings ist es wahr, dass nicht die Frage, ob der der Alte Ritus der bessere oder schlechtere sei, die entscheidende ist. Aber wenn sich jemand dem Alten zugeneigt fühlt, so soll er nicht vom Mainstream jenseits des Randes der Kirche hinausgedrängt werden. Was immer noch nicht funktioniert, ist die erleuchtete Akzeptanz des Motu Proprios auf seiten der "Engagierten". Ich habe den Eindruck, der mag täuschen, dass der Alte Ritus Begehrlichkeiten nach Materiellem, nach Ruhm, Ehre und Macht bei den Reformfreudigen bedroht. So etwas kann aber auf Dauer nicht Bestand haben

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  3. Es wäre ein großer Güte, wenn Sie einen Link zu unserem blog auf Ihrer Webseite platzieren wäre:

    www.catholicheritage.blogspot.com

    Verband für das katholische erbe Sankt Conleth

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