Gestern, in der Familienmesse: Der Pfarrer hat einen zerrochenen Krug vor der Gemeinde aufgebaut und fragt die Kinder, was wohl die Besucher der Frühmesse gesagt haben könnten, als er die großen Tonscherben über den Kirchhof zur Kirche trug. Die Vermutung eines etwa Zehnjährigen ist präzise und schonungslos. Mit großem Ernst und glockenklarer Stimme verkündet er vor der Gemeinde: »Die sagten wohl: ›Oh Mann, bist du doof, daß du einen zerbrochenen Topf über den Hof schleppst!‹«
(Eine solche Antwort muß man erst mal wegstecken können.)
Die Katechese zum »Zebrochenen Krug« ist eindringlich und klar … bisweilen mag ich Familiengottesdienste. »Zerbruch« gehört ja zum seelsorglichen Grundvokabular der freikirchlichen Geschwister. Was ist nicht alles zerbrochen, was muß alles zerbrechen, bevor ich mein Innerstes Gott offenbare und seine Herrschaft über mein verheertes Land anerkenne?
Wäre ich zehn Jahre alt, schnippste ich jetzt ich mit den Fingern und riefe mit glockenklarer Stimme: »Ich weiß was!« Bischof Hemmerle ist nämlich vor etwa vierzehn Jahren in einer Predigt anläßlich einer Priesterweihe schon einmal auf das Bild vom entzweigeratenen Gefäß gekommen. Angeblich gibt es eine chinesische Porzellanart, die nach dem Brennen zerbrochen und dann mit Goldfugen wieder zusammengesetzt wird. Daran schloß sich das typisch Hemmerlesche Wort vom »Erscheitern« des Lebens an. Das Leben – keine Erfolgsstory, sondern ein Erscheitern des Weges. Nicht müde werden, wenn alles unter den Fingern zu zerrinnen droht, oder wenn unsere Bemühungen so gar keine Frucht zu bringen scheinen. Vertrauen, daß Gott die Scherben nicht nur zusammensetzt, sondern daß die Füllung das Gefäß noch veredelt.
Gefiel mir gestern, der Gedanke.
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