Donnerstag, Mai 11, 2006

Popetown und die Pressefreiheit

Einige wundern sich vielleicht, warum sich Christen so sehr gegen Popetown ins Zeug legen. Wäre es – fragen sie – nicht eine Verletzung der Pressefreiheit, wenn »Popetown« nicht hätte ausgestrahlt werden dürfen?

Ich meine, daß dieser Auffassung ein falsches Verständnis von Freiheit zugrundeliegt. Freiheit – als Willkür. Wenn Freiheit bedeutet, das zu tun, was ich will, ohne Rücksicht darauf, ob es mir oder anderen als gut erscheint, sind wir schnell bei gegenseitigem Terror angelangt.

Es ist eine Form des gesellschaftlichen Terrors, wenn Fernsehredakteure oder Content Manager es darauf anlegen, Jugendlichen die Kirche durch eine niveaulose Sendung sozusagen ex radice unmöglich zu machen.

Dietrich Bonhoeffer schrieb einmal:

»Der Begriff der Freiheit ist auch in der deutschen Geistesgeschichte ein hohes Gut (Idealismus). Aber er bedarf der näheren Bestimmung. Das Freisein von etwas erfährt seine Erfüllung erst in dem Freisein für etwas. Freisein allein um des Freiseins willen aber führt zur Anarchie. Freiheit bedeutet biblisch: Frei sein für den Dienst an Gott und am Nächsten, Freisein für den Gehorsam gegen die Gebote Gottes. Das setzt voraus: Freisein von jedem inneren und äußeren Zwang, der uns an diesem Dienst hindert. Freiheit bedeutet also nicht Auflösung aller Autorität, sondern es bedeutet: leben innerhalb der durch Gottes Wort geordneten und begrenzten Autoritäten und Bindungen. Die Frage der individuellen Freiheiten, wie die Redefreiheit, Pressefreiheit, Versammlungsfreiheit etc. ist erst in diesem übergeordneten Zusammenhang zu beantworten. Es kommt darauf an, wieweit diese Freiheiten notwendig und geeignet sind, die Freiheit des Lebens nach den Geboten Gottes zu fördern und sicherzustellen. Freiheit ist eben nicht in erster Linie ein individuelles Recht, sondern eine Verantwortung, Freiheit ist nicht in erster Linie ausgerichtet am Individuum, sondern am Nächsten.

(Dietrich Bonhoeffer, DBW 16.540, zit. nach »So will ich diese Tage mit euch leben«, Jahreslesebuch Hg.: M. Weber, Gütersloh 2005, ISBN-13: 978-3-579-07116-5)


Wer glaubt, sich durch einen »Support« von mtv um die Pressefreiheit verdient zu machen, muß sich vorhalten lassen, daß er damit sich und andere täuscht. Gerade die Akklamationsveranstaltung, »Diskussion« genannt, die tendenziös moderiert wurde – und während der keinen Augenblick außer Frage stehen konnte, wie die Entscheidung des Senders über weitere Ausstrahlung des »Formates« ausfallen würde, zeigte einen sehr beklagenswerten Mangel an Diskurskultur. Nur der Vertreter der Frankfurter Allgemeinen brachte es auf den Punkt, indem er die Diskussion auf den Punkt führte, auf den es letztlich ankam: Ist alles recht, wenn es um »Quote« und wirtschaftliche Interessen geht?

Es geht nicht um Popetown. Ich habe selten Dümmeres gesehen. Wir werden in gewissem Maße zu kontern verstehen. Zeichnen … kann ich auch. Aber ich bin verwundert, wenn einige Freunde meinen, sie müßten um der Pressefreiheit willen jubeln, nur weil die langweilige Klamotte jetzt für Kinder (infantes) gesendet werden darf. In Wirklichkeit ist wieder ein Stück Freiheit verloren gegangen. Ein Stück »Freiheit Für«.

3 Kommentare:

  1. Anonym6:16 PM

    >>In Wirklichkeit ist wieder ein Stück Freiheit verloren gegangen. Ein Stück »Freiheit Für«.<<

    Dafür kann man eine neue Freiheit in den modernen Wortschatz aufnehmen: Respektfreiheit.

    *doppelmurr*

    Lieben Gruß

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  2. Anonym12:10 AM

    Dank für das Bonhoeffer-Zitat.

    Ich überlegte, ob es nicht möglich wäre, eine Geschichte zu verfassen/zeichnen, mit einem Sender, der von egomanen und geldverliebten Mitarbeitern betrieben wird; Bilder als Grundlage, etwa von der Stralauer Allee, könnte ich beisteuern ... aber wäre wohl zuviel der Ehre durch Arbeit.

    Nochmals: Dank für Zitat und Überlegungen. Gruß.

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  3. Anonym10:00 PM

    Lieber Peter

    Herzlichen Dank für diesen guten Kommentar zur Unterscheidung. Eine gesegnete Woche wünsche ich Dir und den Deinen.

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