Donnerstag, April 28, 2016

Feindbild und Diskurs

Die Menge der Konfliktthemen wird immer unüberschaubarer. Die Anzahl der unterschiedlichen Lager kennt keiner mehr. Den Durchblick hat auch niemand mehr.
Viele Personen geben sich aufgeklärt und tragen durchaus interessante Analysen vor, legen ihre Finger in Wunden und fordern Lösungen, die logisch klingen. Je nach eigener Überzeugung findet man natürlich einige dieser Ansätze überzeugend, andere hingegen lehnt man ab, als dumm bis gefährlich. Jeder sieht es anders. Doch gleich welcher Meinung die Menschen sind, haben alle eines gemeinsam: die Überzeugung, dass die Lösung genau in ihrer besonderen Sicht der Dinge liegt.
Eigentlich klingt das für eine Demokratie noch nicht nach einer Krise, sondern nach Diskussionsbedarf. Doch wirkliche Diskussionen gibt es immer weniger, und das ist schlimm. Denn die Stimmung ist gekippt: Irrtum soll nicht mehr aufgeklärt werden, sondern ausgerottet, durch Rücktrittsforderungen, Verbote oder schlimmeres.

Das Problem ist ein Doppeltes: zum einen wird erheblich mehr Energie darauf verwendet, andere Meinungen zu falsifizieren, als die eigene Position argumentativ zu vertreten, was ein demokratisches Ringen massiv erschwert. Daraus resultiert das zweite: die Konzentration auf die eigene Verteidigung (anstatt auf positive Argumentation) schafft eine subjektive Bedrohungslage, in der nicht mehr das andere Denken zum Ziel wird, sondern der Andersdenkende. Und so sind wir längst an dem Punkt angekommen, in dem das Bekämpfen von Menschen moralisch geboten erscheint.
AfD-Wähler sind zu Bekämpfende, Politiker und Parteien sind es und Demonstranten (für jeden natürlich andere), der Papst ist es oder eben seine Gegner. Letztlich jeder. Nicht mehr die Qualität einer Aussage zählt, sondern die Person, die sie macht. Und da es jedem halbwegs intelligenten Menschen problemlos möglich ist, Dinge im gewollten Licht zu sehen, verstärkt jeder Versuch eines ehrlichen Disputs nur die Feindbilder. Der einzige Ausweg, der Dialog, erscheint so nur noch als Schwächung: die Wahrheit stellt man nicht zur Disposition; das wäre ihre Relativierung. Denn diskutiert man auf Augenhöhe, kann nur ein Kompromiss herauskommen. Die Zukunft jedoch erscheint schauerlich, wäre sie ein Kompromiss aus der Summe aller herrschenden abstrusen Meinungen. Das scheidet aus, schon aus Gewissensgründen: der Dialog wird verweigert, weil genau das moralisch geboten erscheint; seine Befürworter werden als dumm und blauäugig angesehen.

Faktisch jedoch ist der Dialog der einzige Weg, Wahrheit zu verbreiten, denn es ist der einzige Platz, in dem nicht nur gesprochen, sondern auch zugehört wird. Nur wo zugehört wird, kann überzeugt werden – der Dialog ist die einzige Alternative zum Zwang. Wer ihn aus Angst vor dem Kompromiss verweigert, sagt letztlich, dass er der eigenen Position so wenig Überzeugungskraft zutraut, dass sie untergehen wird, wenn sie nicht aufgezwungen wird. Wer den Dialog verweigert, predigt Gewalt.
Wir müssen zurück zum offenen Diskurs, damit das Versinken in Feindbildern aufhört, das ständige Drehen um den eigenen Standpunkt, in dem sich erkannte Wahrheit und persönliche Vorlieben vermischen. Wir müssen dringend aufhören, in Feindbildern zu denken! Denn wer in Feinden denkt, landet im Krieg.

Donnerstag, April 21, 2016

Mal anders gesehen

Im Internet kursiert der Link zu einem Bericht, der große Zustimmung findet: Nicht lustig – Diskriminierung von Christen. Anhand von teils wirklich heftigen Beispielen wird aufgezeigt, wie es gesellschaftlicher Konsens geworden ist, Satire kritisch zu hinterfragen, wenn sie zur Verunglimpfung wird, nur bei einer Zielgruppe nicht: den Christen. Der Schreiber kommt zu dem Schluss, dass es angebracht sei, sich dagegen zu wehren.
Ich habe den Artikel gelesen und finde, er geht mit großer Präzision genau am Ziel vorbei.

Grundsätzlich ist mir als Christ erst einmal nicht klar, warum Christen genauso behandelt werden sollten, wie andere Menschen. Eine Gesellschaft, der die eigenen Grundlagen unter den Füßen wegbrechen, spürt genau, wo die wirklichen Provokationen liegen. Und die liegen nicht dort, wo einem Menschen etwas heilig ist, sondern dort, wo etwas heilig ist. Nicht dort, wo Menschen etwas für wahr halten und verteidigen, sondern dort, wo etwas wahr ist. Allem kann man irgendwo zähneknirschend zustimmen, wenn man nur dabei derselbe bleiben kann. Wenn aber Gott ruft, kann man das nicht. Und die Gesellschaft reagiert mit Abwehr und haut drauf…

„Wir Christen dürfen gesellschaftlichen Respekt erwarten und einfordern – wie alle anderen auch.“ So heißt es im letzten Abschnitt. Dürfen wir das? Es ist uns vorhergesagt, von Christus selbst: Ihr werdet abgelehnt um meinetwillen. Wenn es aber um Seinetwillen ist, wird es nicht um unser willen aufhören. Unbequem, fürwahr, und oft schlimm, aber Tatsache. Ginge es um uns, hätten wir die gleichen Rechte: jedem das Seine – das ist erlaubt. Nur gehört unser Glaube nicht uns, sondern wir sind Gottes Eigentum. Er hat uns mit Seinem Blut erkauft, damit wir Ihn, die Wahrheit, verkünden. Er hat nicht sein Blut vergossen, damit wir sagen, wir wollten sein wie alle anderen.
Die Dunkelheit wehrt sich gegen das Licht. Das Licht wird niemals gleichberechtigter Bestandteil einer allgemeinen Dämmerung sein. Das ist die Gnade, die unsere Freude sein soll, nicht die Ungerechtigkeit, die wir beklagen sollen.
Anderenfalls empfehle ich, die Apostelgeschichte gerechtigkeitskonform zu lesen:
Sie … riefen die Apostel herein und ließen sie auspeitschen; dann verboten sie ihnen, im Namen Jesu zu predigen, und ließen sie frei. Sie aber gingen weg vom Hohen Rat und freuten sich, dass sie gewürdigt worden waren, für seinen Namen Schmach zu erleiden und murrten: immer auf die Christen! Wir wollen behandelt werden, wie die Römer auch! Kein Mensch würde sich das bei Römern trauen!

Montag, April 18, 2016

Amoris laetitia

Ich habe angefangen, den Text zu lesen.
Jeden Abend schaffe ich ca. 5-7 Seiten.
Ich werde Kapitel 8 erst lesen, wenn ich dort angekommen bin.
Zwischenstand: ein einfach wunderschöner Text, der mich glücklich macht.

Donnerstag, April 07, 2016

Funkstille

Derzeit herrscht von meiner Seite aus Funkstille. Wann sich das ändert, weiß ich nicht. Vor allem weiß ich noch nicht, wie es sich ändern soll.
Der Grund ist ein gewisser Frust über mich selbst. Denn wenn ich mir die Situation und den großen Mut der Christen in Arabien anschaue, in der Türkei, in China oder in Nordkorea, dann weiß ich, wo die Zukunft der Kirche liegt.
Die Idee, unser Glaube habe doch irgendwo eine europäische Komponente, zerbricht für mich. Nicht dass ich das bewusst geglaubt hätte. Ich bemerke das nur daran, dass ich mir verwundert die Augen reibe bei der Feststellung, dass Europa mir irgendwie geistig sehr leer vorkommt, und ich mit ihm, wohingegen sich der Glaube an anderer Stelle unter schärfsten Prüfungen bewährt und vermehrt.
Währenddessen beteilige ich mich an Diskussionen, ob es besser ist, die Heilige Messe nach Osten zu feiern oder nicht, wie genau man die Eucharistie zu empfangen hat, ob das neue geistliche Lied nun schädlich oder gut ist, wie katholisch unsere Bischöfe sind oder ob man politisch konservativ sein muss/darf, wenn man Christ sein will. Was ist das angesichts der Heldentaten, die derzeit im Namen Christi vollbracht werden? Mein einziger Anteil am wirklichen Glauben scheint mir der zu sein, ihn ab und zu zu beobachten, mir ein Urteil zu bilden und ein wenig über die Umstände zu klagen. So als ob ich auch nur ansatzweise in der Lage sei, zu beurteilen, was Märtyrer vor Gott sind. Zwischen der Verteidigung des eigenen Wohlstands und der Liebe zu Gott bis in lebenslange Lagerhaft oder in den Tod liegen Welten. Die Helden leben woanders – das Missionsgebiet sind wir.

Keinesfalls glaube ich dabei, dass es bei uns kein Elend gäbe. Mutter Teresa sprach von der großen, schlimmen Krankheit des Westens, schlimmer als Lepra in Indien: nicht geliebt zu sein. Sie rief uns auf, da etwas gegen zu tun. Ich glaube auch nicht, dass ich nicht das Recht hätte, von Christus zu reden, nur weil ich kein Glaubensheld bin. Es ist die Größe Christi, die verkündet werden muss, nicht meine Größe. Wenn man den Menschen die Nachricht bringt, dass sie einen Riesengewinn im Lotto gemacht haben, ist es egal, ob man als Lottobote ebenfalls reich ist oder nicht.
Kurz: ich halte viel von dem, woran ich mich beteiligt habe, für leer und nicht zielführend. Den Ansatz, mich an dem zu beteiligen, was ich hier und jetzt für notwendig erachte, habe ich noch nicht. Ich suche danach. Und bis ich da nicht wenigstens die grobe Richtung kenne, wird es bei wenigen Beiträgen bleiben.