Jammern auf hohem Niveau – das sind wir in Deutschland gewohnt. Die Jammernden selbst bestreiten das meist, doch eine große Menge von Zuwanderern beweist: was uns oft schlecht oder zu wenig erscheint, ist anderen Anreiz genug, die Heimat zu verlassen. Man mag in der Flüchtlingsfrage stehen, wo man eben steht: allein die Tatsache, dass man sich Sorgen um etwas im Lande macht, zeigt, dass es hier etwas gibt, das man behalten möchte. Jeder setzt da einen anderen Schwerpunkt, doch eines haben wir alle gemeinsam: nach Syrien auswandern wollen wir nicht. Manche Diskussion wäre milder und menschlicher, würden sich die Teilnehmer vorher den Unterschied klar machen, der zwischen dem Leben hier und dem Leben in einem Kriegsgebiet besteht.
Nun liegt das Problem liegt nicht darin, dass wir versuchen, die Dinge hier zu verbessern, wenn wir Fehler oder Schwächen entdecken. Vielmehr liegt es darin, dass wir darüber vergessen, dass vieles bereits sehr gut ist. Das kostet uns im Inneren Freude und nach außen hin Glaubwürdigkeit. Zudem werden wir systemblind: verschieben sich die Relationen gegenüber den Tatsachen, beginnt man, Unsinn zu reden. Man schätzt man die Lage falsch ein und entscheidet falsch.
Umgekehrt geht es genauso: man kann den Gesamtzusammenhang auch über vermeintlich Gutes vergessen. Dann ist es kein Jammern auf hohem Niveau, sondern Feiern auf niedrigem. Die Folgen sind die gleichen; unsinnige Schlüsse werden gezogen. Genau das passiert in diesen Tagen beim Betrachten der Bevölkerungsentwicklung. Die Geburtenrate steigt seit Jahren, wird gefeiert. Nie war sie seit der Wiedervereinigung so hoch wie heute! Die Maßnahmen greifen, weiter so! Jedoch: die Kinderzahlen, die hier gefeiert werden, liegen nach wie vor sehr sehr weit unter denen, die wir bräuchten, um unser zügiges Aussterben zu verhindern: „1,47 Kinder durchschnittlich pro gebärfähiger Frau“. (Anm.: meiner Meinung nach sollte man weder Kinder noch gebärfähige Frauen als „durchschnittlich“ ansehen, doch auf dieser Ebene wird das Problem behandelt: ins Unmenschliche hinein abstrahiert und damit falsch.)
Das heißt im Klartext: von 4 Paaren bleiben in der nächsten Generation noch knapp 3, und so geht es weiter. Faktisch eine Katastrophe. Diesen Zustand zu als Erfolg feiern ist absurd. Oder feiert man es, wenn ein ertrinkendes Kind satt 50 Meter nur noch 48 Meter vom rettenden Ufer entfernt ist und jeder sehen kann, dass es keine 10 mehr schwimmen kann? Feiert man die guten Bremsen eines Autos, das anstatt mit Hundert „nur“ mit Fünfundneunzig vor die Wand fährt?
Wenn man verschobene Maßstäbe hat, dann tut man es. Denn dann schaut man nicht auf das Ganze, sondern auf den Einzelpunkt. Das Kind kommt näher, das Auto wird langsamer und die Geburtenrate steigt – für solche Erfolge kann man wiedergewählt werden, wenn man ein guter Verkäufer ist.
Die Liste dieser falschen Freuden ist lang: Wir exportieren etwas weniger Waffen in Krisengebiete, beuten andere Länder und natürliche Ressourcen etwas weniger aus. Man könnte tausende Einzelpunkte nennen - alles als Erfolg verkauftes Übel. Es geht sogar bis ins Mathematisch Absurde: der Anteil der sprachgestörten Kinder steigt langsamer. Erfolg! Da würde man den Autofahrer mit Kurs auf die Wand sogar dafür loben, dass er nur noch wenig beschleunigt.
Diese ganzen Dinge sind im Grunde unglaublich dumm. Genauso dumm sind wir, lassen wir uns darauf ein, auf dieser Basis zu diskutieren. Was ist vom Intellekt derer zu halten, die aufgrund solcher Entwicklungen messerscharf schließen, KiTas seien ein Erfolgsmodell?
Mittwoch, Dezember 16, 2015
Mittwoch, Dezember 09, 2015
Westliche Hybris
[Von Bastian]
Wie können wir den Terrorismus stoppen? Diese Frage treibt Politik und Gesellschaft um, doch sie ist falsch gestellt.
Den Terrorismus stoppen können nur die Terroristen. Tun sie es nicht, können wir nur die Terroristen stoppen. Wenn sie uns angreifen, dürfen wir uns selbstverständlich verteidigen. Das moralisch infrage zu stellen, ist schlicht Unsinn. Die große Frage ist: wie?
Zum einen können wir sie bekämpfen. Das können wir hier vor Ort und dort, wo sie herkommen. Keiner wünscht sich das, doch jeder würde einen Angreifer, der ihn oder seinen Bruder töten will, ohne Zögern niederstrecken. Mit Recht. Ihn danach zu verarzten, wenn das noch geht, und ihm einen fairen Prozess zu machen, ist ein Gebot der Nächstenliebe und Gott sei Dank auch eines unserer westlichen Verfassungen. Gut so.
Zum anderen können (und müssen!) wir versuchen, zu verhindern, dass Menschen zu Terroristen werden. Das ist gut für uns und gut für diese Menschen. Und wieder die Frage: wie?
Als Antwort wird nach den Gründen gesucht, aus denen jemand zum Terroristen wird. Diese Suche geht mit einer Art politischer Demutsübung einher: offen für eigene Fehler suchen wir die Schuld bei uns selbst, da es unmoralisch ist, andere für irgendetwas zu beschuldigen. Doch diese Denkweise ist in Wahrheit alles andere als demütig und offen: Wenn ich ernsthaft glaube, der Fehler, den ein ausländischer Selbstmordattentäter begeht, liege letztlich bei mir begründet, muss ich mich für den Nabel der Welt und den Rest der Menschheit für meine Marionetten halten. In jeder anderen Logik erscheint diese Idee absurd, doch genauso denken große Teile unserer Gesellschaft.
Ich kann der Meinung sein, die westliche Präsenz, sei sie wirtschaftlich oder militärisch, zerstöre andere Kulturen und bringe Terroristen hervor. Genauso gut kann ich sagen, noch viel mehr Intervention in den Herkunftsländern der Terroristen sei notwendig. Gleich welcher Argumentation ich folge: die Lösung des Problems, davon sind wir alle überzeugt, liegt bei uns. Wie könnte es anders sein? Sind wir doch daran gewöhnt, die Probleme der Welt zu lösen. Eines steht für uns felsenfest: die Welt wird nur gut, wenn sie ist, wie wir sind: demokratisch, offen für alles und tolerant. Alles und jedes darf bekämpft werden, nur wir und unsere Vorstellungen nicht. Wir sind Ursache und Grund für alles. Und so benehmen wir uns auch. Deswegen exportieren wir erst unsere „Werte“ und dann Waffen zu ihrer Verteidigung. Das ist geistiger Kolonialismus.
Was auch immer geeignete Maßnahmen sind: der Westen muss als erstes seinen falschen Hochmut aufgeben. Er muss erkennen: unsere vermeintliche Überlegenheit ist Einbildung. Kein (vernünftig denkender) Mensch vom „Rest der Welt“ will sein, wie wir: wer außer uns betrachtet kaputte Familien, die für den Arbeitsmarkt geschleift wurden, als Errungenschaft? Wer den Verlust der eigenen Identität bis hin zur Geschlechtslosigkeit? Oder radikalen Individualismus von Individuen, die jedes für sich ganz individuell politisch korrekt, trendy und gleich sind? Wer vertraut jemandem, der seine Konsumgüter billig im Ausland produzieren lässt, auch wenn die Menschen dort dann hungern? Oder jemandem, der seine Entwicklungshilfe an die Übernahme von Ideologien wie Gender koppelt? „Übernimm meine Meinung, oder du musst leider verhungern!“ sagt der Westen heute, und wendet sich zugleich vollmundig gegen jede Unfreiheit in der Welt. Kein Mensch will sein, wie wir. Nicht einmal wir selbst, wie die Auflösungserscheinungen unserer Kultur zeigen.
Wenn wir uns für den Heilsbringer halten, der das Wertesystem schlechthin notfalls mit üblem Druck vertritt, aber zugleich nicht wissen, ob wir uns selbst überhaupt verteidigen dürfen, sind wir für Terroristen leicht zu provozieren und zu erschüttern, doch für den Rest der Welt nicht berechenbar. Jede militärische Option kann so zum Selbstmordkommando werden, denn sie steht auf einer Basis, die keine ist. Sie zeigt Stärke, wo nichts dahintersteht. Ihre einzige Rechtfertigung ist, dass es noch gefährlicher erscheint, nichts zu tun. Armer Westen!
Niemand weiß, was passiert, wenn der Westen in sich geht. Wenn er Bündnisse mit Diktaturen beendet, Knebelverträge stoppt und auf so manchen Billigimport verzichtet. Niemand weiß, was innenpolitisch passiert, wenn sich die demokratischen Staaten auf ihre Wurzeln besinnen, anstatt mit dem Fundamentalismus gleich die eigenen Fundamente zu bekämpfen. Doch jeder kann sehen, was passiert, wenn wir weitermachen, wie bisher: Instabilität, Flüchtlingsströme und Terrorismus sind erst der Anfang. Nicht weil wir der Grund für all das sind, sondern weil wir zum Ziel werden. In einer Welt, die uns zum eigenen Schutz immer stärker ausgrenzt, doch unser Geld noch gut gebrauchen kann, bevor wir uns selbst auflösen. Mitleid ist nicht angebracht, denn wenn wir die Kurve nicht mehr kriegen, werden wir überzeugt sein, unsere Auflösung sei der Gipfel der Werte.
Dienstag, Dezember 08, 2015
SM in Münster.
(Peter) Leute, das hat der SM-Praktikant in Münster Wochenenddienst gehabt. Also, der mit den Sozialen Medien.
»Bleib halt präsent, poste was Nettes. Vielleicht was zum Nikolaus.«
Klar, was rauskommt, ist dann nicht einmal mehr Prilblumen-Theologie. Aber seien wir doch froh, daß die nicht auch noch theologisch werden!
»Bleib halt präsent, poste was Nettes. Vielleicht was zum Nikolaus.«
Klar, was rauskommt, ist dann nicht einmal mehr Prilblumen-Theologie. Aber seien wir doch froh, daß die nicht auch noch theologisch werden!
Samstag, November 28, 2015
Leben vor oder nach dem Tod?
Auch wenn Misstände zum Himmel schreien, ist dieser Himmel für viele Menschen keine zufriedenstellende Antwort. „Für ein Leben vor dem Tod!“ lautet folgerichtig ein Slogan, der gern verwendet wird, wenn wieder einmal auf praktische Fragen theologisch geantwortet wird. Wenn man sich vom Heilsversprechen des Glaubens glaubt abgrenzen zu müssen, weil es als billiger Trost erscheint, als Entschuldigung fürs Nichtstun, mehr noch: als Rechtfertigung des kritisierten Zustands.
Doch dieser Spruch tut mehr, als heuchlerischen Glauben anzuprangern (den es leider zuhauf gibt). Er schüttet das Kind mit dem Bade aus, denn lenkt nicht nur den Blick auf Probleme, sondern verstellt zugleich den Lösungsweg: ohne Leben nach dem Tod geht es nicht. Ja, es ist ein Trost, aber einer, ohne den wir nicht leben können. Fehlt das letzte Auffangnetz, taucht das Bedürfnis danach an anderer Stelle auf. Unsere Situation zeigt es nur zu deutlich.
Die ganzen schrägen Gesetze, die derzeit verabschiedet werden, sind nichts anderes als die Aufforderung an den Staat, die eigentlich an Gott gerichtet sein will: nimm mich, wie ich bin, verurteile mich nicht, liebe und erhalte mich. Gesellschaft und Staat treten an die Stelle Gottes, soziale Netze an die Stelle von Liebe und Geborgenheit, Karriere an die Stelle von Verheißung.
Politische Diskussionen werden mit Inbrunst darüber geführt, doch sind sie meist fruchtlos. Kein Wunder, denn hinter diesen Gesetzen und Anliegen steht als Motivation die nackte Angst um das eigene Selbst. Es hat halt wenig Sinn, mit einem Ertrinkenden über den besten Schwimmstil zu diskutieren. Dass er gerade in einer Suppe ertrinkt, die er sich selbst eingebrockt hat, ändert daran nichts.
Der Ertrinkende fürchtet sich zu recht. Es ist schlecht bestellt um das eigene Selbst, fixiert man sich aufs Diesseits. Das Selbst will sein. Es schreit nach Verwirklichung. Doch was, wenn die scheitert? Vor mir das Nichts, nach mir das Nichts – da bleibt nur ein verzweifeltes „Carpe Diem“. Jeder Wunsch, jede Sehnsucht, jedes Bedürfnis: alles wird zur Existenzfrage, denn ich erlange die Erfüllung jetzt in diesem Leben oder nie. Das Leben muss genossen werden, wo immer nur möglich – alles andere ist menschenfeindlich.
Jede Einschränkung muss folglich weg. Endgültigkeiten verbieten sich. Für jeden eingeschlagenen Weg muss es einen Rückweg geben. Familie oder Beruf? Natürlich beides! Ehescheidung? Selbstverständlich. Der Mensch darf nicht begrenzt werden. „Menschenwürdig“ ist nur noch das, was die Möglichkeit zur diesseitigen Verwirklichung bietet. Alles andere wird verboten oder aufgehoben, in der allgemeinen Panik bis hin zum eigenen Geschlecht. Innerhalb dieser Philosophie ist das eine gute Tat. Nur der Tod lässt sich nicht wegregeln. Nach dem Motto „Was ich nicht vertreiben kann, fresse ich!“ verleibt die verzweifelte Gesellschaft sich ihn ein. Seine Endgültigkeit wird kurzerhand zur persönlichen Option umdefiniert: Sterben auf Verlangen. Die eigenen Vorstellungen von Würde bieten die Gründe dafür. Das eigene Ende soll als letzter Akt der Freiheit erscheinen. Der Tod ist besiegt, weil man vor seinem Stachel davonläuft.
Der Hass auf alles, das mir Endgültiges vorsetzt, ist in diesem System nur logisch: das geht mir an die Existenz, denn Endgültiges lässt sich nicht korrigieren, wenn ich anders empfinde! Und damit schließt dieses System der Angst die Lösung aus, denn nur Endgültiges kann mich retten, im Jenseits wie im Diesseits. Nur mit der Hoffnung, die mich übersteigt, kann ich mein Leben riskieren, weil ich scheitern darf. Nur wenn meine Angst um mich selbst nicht das letzte Wort hat, kann ich den Blick wirklich auf Anderes richten. Ich kann dieses Andere höher schätzen, als mich selbst, kann lieben und Genuss durch Glück ersetzen.
Ohne Leben nach dem Tod wird das Leben vor dem Tod zur Qual, der man nur durch Genuss entkommen kann. Genuss ist Glück – diese Lüge will uns eine diesseitige und daher notgedrungen materialistische Gesellschaft einbläuen. Sie will uns verbieten, anderes auch nur zu denken, weil es gefährlich ist. Für sie ist das unerträglich, was uns lebendig macht: das Glück und die Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod, geschenkt von einem endgültig liebenden Gott.
Doch dieser Spruch tut mehr, als heuchlerischen Glauben anzuprangern (den es leider zuhauf gibt). Er schüttet das Kind mit dem Bade aus, denn lenkt nicht nur den Blick auf Probleme, sondern verstellt zugleich den Lösungsweg: ohne Leben nach dem Tod geht es nicht. Ja, es ist ein Trost, aber einer, ohne den wir nicht leben können. Fehlt das letzte Auffangnetz, taucht das Bedürfnis danach an anderer Stelle auf. Unsere Situation zeigt es nur zu deutlich.
Die ganzen schrägen Gesetze, die derzeit verabschiedet werden, sind nichts anderes als die Aufforderung an den Staat, die eigentlich an Gott gerichtet sein will: nimm mich, wie ich bin, verurteile mich nicht, liebe und erhalte mich. Gesellschaft und Staat treten an die Stelle Gottes, soziale Netze an die Stelle von Liebe und Geborgenheit, Karriere an die Stelle von Verheißung.
Politische Diskussionen werden mit Inbrunst darüber geführt, doch sind sie meist fruchtlos. Kein Wunder, denn hinter diesen Gesetzen und Anliegen steht als Motivation die nackte Angst um das eigene Selbst. Es hat halt wenig Sinn, mit einem Ertrinkenden über den besten Schwimmstil zu diskutieren. Dass er gerade in einer Suppe ertrinkt, die er sich selbst eingebrockt hat, ändert daran nichts.
Der Ertrinkende fürchtet sich zu recht. Es ist schlecht bestellt um das eigene Selbst, fixiert man sich aufs Diesseits. Das Selbst will sein. Es schreit nach Verwirklichung. Doch was, wenn die scheitert? Vor mir das Nichts, nach mir das Nichts – da bleibt nur ein verzweifeltes „Carpe Diem“. Jeder Wunsch, jede Sehnsucht, jedes Bedürfnis: alles wird zur Existenzfrage, denn ich erlange die Erfüllung jetzt in diesem Leben oder nie. Das Leben muss genossen werden, wo immer nur möglich – alles andere ist menschenfeindlich.
Jede Einschränkung muss folglich weg. Endgültigkeiten verbieten sich. Für jeden eingeschlagenen Weg muss es einen Rückweg geben. Familie oder Beruf? Natürlich beides! Ehescheidung? Selbstverständlich. Der Mensch darf nicht begrenzt werden. „Menschenwürdig“ ist nur noch das, was die Möglichkeit zur diesseitigen Verwirklichung bietet. Alles andere wird verboten oder aufgehoben, in der allgemeinen Panik bis hin zum eigenen Geschlecht. Innerhalb dieser Philosophie ist das eine gute Tat. Nur der Tod lässt sich nicht wegregeln. Nach dem Motto „Was ich nicht vertreiben kann, fresse ich!“ verleibt die verzweifelte Gesellschaft sich ihn ein. Seine Endgültigkeit wird kurzerhand zur persönlichen Option umdefiniert: Sterben auf Verlangen. Die eigenen Vorstellungen von Würde bieten die Gründe dafür. Das eigene Ende soll als letzter Akt der Freiheit erscheinen. Der Tod ist besiegt, weil man vor seinem Stachel davonläuft.
Der Hass auf alles, das mir Endgültiges vorsetzt, ist in diesem System nur logisch: das geht mir an die Existenz, denn Endgültiges lässt sich nicht korrigieren, wenn ich anders empfinde! Und damit schließt dieses System der Angst die Lösung aus, denn nur Endgültiges kann mich retten, im Jenseits wie im Diesseits. Nur mit der Hoffnung, die mich übersteigt, kann ich mein Leben riskieren, weil ich scheitern darf. Nur wenn meine Angst um mich selbst nicht das letzte Wort hat, kann ich den Blick wirklich auf Anderes richten. Ich kann dieses Andere höher schätzen, als mich selbst, kann lieben und Genuss durch Glück ersetzen.
Ohne Leben nach dem Tod wird das Leben vor dem Tod zur Qual, der man nur durch Genuss entkommen kann. Genuss ist Glück – diese Lüge will uns eine diesseitige und daher notgedrungen materialistische Gesellschaft einbläuen. Sie will uns verbieten, anderes auch nur zu denken, weil es gefährlich ist. Für sie ist das unerträglich, was uns lebendig macht: das Glück und die Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod, geschenkt von einem endgültig liebenden Gott.
Donnerstag, November 26, 2015
In eigener Sache
Nach erneutem Durchlesen des Beitrags, der an dieser Stelle stand, und Nachdenken finde ich, dass er ein Fehler war.
Auch wenn es reizte, war es doch das Anheizen eines Feuers, das mir nicht angebracht erscheint, da es bereits brennt.
Ich habe den Beitrag daher zurückgezogen.
An meiner Empörung über den Sachverhalt, auf den er sich bezog, hat sich allerdings nichts geändert.
Auch wenn es reizte, war es doch das Anheizen eines Feuers, das mir nicht angebracht erscheint, da es bereits brennt.
Ich habe den Beitrag daher zurückgezogen.
An meiner Empörung über den Sachverhalt, auf den er sich bezog, hat sich allerdings nichts geändert.
Gleichnis vom barmherzigen Zahnarzt
[Von Bastian]
In jener Zeit lebte in einem Ort namens Mundus ein Zahnarzt. Er hatte eine gut gehende Praxis, verstand sein Handwerk und behandelte jedermann fachmännisch nach dem Zustand der Zähne.
Eines Tages kam ein Händler in den Ort, der große Mengen Süßigkeiten verkaufte. Der Zahnarzt warnte die Leute, zu viel davon zu essen, doch sie hörten nicht auf ihn. Als sie zur Inspektion in die Praxis kamen, stellte er beginnende Karies fest und musste bohren. Das missfiel den Leuten und sie murrten.
„Warum missgönnst du uns die Süßigkeiten?“ fragten sie. „Musst du uns mit dem Bohrer drohen und wehtun? Mach es wie früher und attestiere uns gesunde Zähne!“ Doch der Zahnarzt fuhr fort, zu bohren und zu überkronen.
Da wandten sich viele Leute von ihm ab und bekamen Zahnschmerzen. In ihrer Bestürzung fragten sie den Händler um Rat. „Was hat er gegen dich und deine Süßigkeiten?“ fragten sie ihn. Er aber antwortete: „Nicht gegen mich ist er, sondern gegen euch. Der Zahnarzt ist unbarmherzig und hält seine Lehren für wichtiger als euer Wohlbefinden! Fordert Barmherzigkeit!“
Die Leute gingen zum Zahnarzt und sprachen: „Jahrelang warst du gut zu uns, doch jetzt willst du uns Schmerzen bereiten. Steht es nicht in deiner Macht? Sei barmherzig und verschreibe uns Schmerzmittel, doch höre auf, in unseren Zähnen zu bohren, denn die tun ohnehin schon weh!“
Er aber erwiderte: „Schmerzmittel helfen nicht lange, die verschreibe ich nur in Zusammenhang mit einer Behandlung. Wenn ich euch nicht bohre und heile, könnt ihr gutes Essen nicht mehr genießen.“
Da zerrissen die Leute ihre Kleider und riefen: „Ihr habt es gehört – jetzt will er uns jedes gute Essen streichen. Er gibt vor, uns heilen zu wollen, und tut uns doch nur Schlechtes.“ Und sie trieben ihn zur Stadt hinaus.
Ihr aber seht zu, dass ihr lernt, was wahre Barmherzigkeit ist!
In jener Zeit lebte in einem Ort namens Mundus ein Zahnarzt. Er hatte eine gut gehende Praxis, verstand sein Handwerk und behandelte jedermann fachmännisch nach dem Zustand der Zähne.
Eines Tages kam ein Händler in den Ort, der große Mengen Süßigkeiten verkaufte. Der Zahnarzt warnte die Leute, zu viel davon zu essen, doch sie hörten nicht auf ihn. Als sie zur Inspektion in die Praxis kamen, stellte er beginnende Karies fest und musste bohren. Das missfiel den Leuten und sie murrten.
„Warum missgönnst du uns die Süßigkeiten?“ fragten sie. „Musst du uns mit dem Bohrer drohen und wehtun? Mach es wie früher und attestiere uns gesunde Zähne!“ Doch der Zahnarzt fuhr fort, zu bohren und zu überkronen.
Da wandten sich viele Leute von ihm ab und bekamen Zahnschmerzen. In ihrer Bestürzung fragten sie den Händler um Rat. „Was hat er gegen dich und deine Süßigkeiten?“ fragten sie ihn. Er aber antwortete: „Nicht gegen mich ist er, sondern gegen euch. Der Zahnarzt ist unbarmherzig und hält seine Lehren für wichtiger als euer Wohlbefinden! Fordert Barmherzigkeit!“
Die Leute gingen zum Zahnarzt und sprachen: „Jahrelang warst du gut zu uns, doch jetzt willst du uns Schmerzen bereiten. Steht es nicht in deiner Macht? Sei barmherzig und verschreibe uns Schmerzmittel, doch höre auf, in unseren Zähnen zu bohren, denn die tun ohnehin schon weh!“
Er aber erwiderte: „Schmerzmittel helfen nicht lange, die verschreibe ich nur in Zusammenhang mit einer Behandlung. Wenn ich euch nicht bohre und heile, könnt ihr gutes Essen nicht mehr genießen.“
Da zerrissen die Leute ihre Kleider und riefen: „Ihr habt es gehört – jetzt will er uns jedes gute Essen streichen. Er gibt vor, uns heilen zu wollen, und tut uns doch nur Schlechtes.“ Und sie trieben ihn zur Stadt hinaus.
Ihr aber seht zu, dass ihr lernt, was wahre Barmherzigkeit ist!
Mittwoch, November 25, 2015
Denkfehler
Ein Kurzfilm auf Facebook zeigt eindrucksvoll die Größe des bekannten Universums (LINK).
Nur bliebt es nicht beim Staunen - der Film endet, wie heute fast jeder Naturfilm, mit einer Moral: "No, you are NOT the center of the universe!"
Da es physikalisch und räumlich keinen Mittelpunkt des Universums gibt, kann das Fazit des Films nur auf die Bedeutung anspielen. Doch dann ist der Ansatz schwach. Größe hat nichts mit Wichtigkeit zu tun. Wichtig ist letztlich, was geliebt ist. (Oder was gefürchtet ist, doch das ist nur dann wichtig, wenn man den höchsten Maßstab, die Liebe, nicht kennt.)
Liebe schaut nicht auf die Abmessungen. Meine Kinder wurden klein so geliebt, wie sie jetzt geliebt werden. Gott liebt mich weder wegen meiner Größe noch trotz meiner Kleinheit. Ist das Universum groß, senkt das nicht meine Bedeutung. Wenn überhaupt hebt es sie, denn nur für wichtige Personen wird ein derartiger Aufwand getrieben. Dieser Aufwand aber ist für die Menschen, denn nur zu denen kam Gott und wurde einer von ihnen. Mensch wurde er, nicht Alien.
Das Heranziehen reiner Größe als Wertmaßstab ist etwas für Personen, die Gott und seine Liebe nicht kennen. Gottes Liebe ist groß und er lässt sich nicht lumpen, wie der Film eindrucksvoll zeigt.
Nur bliebt es nicht beim Staunen - der Film endet, wie heute fast jeder Naturfilm, mit einer Moral: "No, you are NOT the center of the universe!"
Da es physikalisch und räumlich keinen Mittelpunkt des Universums gibt, kann das Fazit des Films nur auf die Bedeutung anspielen. Doch dann ist der Ansatz schwach. Größe hat nichts mit Wichtigkeit zu tun. Wichtig ist letztlich, was geliebt ist. (Oder was gefürchtet ist, doch das ist nur dann wichtig, wenn man den höchsten Maßstab, die Liebe, nicht kennt.)
Liebe schaut nicht auf die Abmessungen. Meine Kinder wurden klein so geliebt, wie sie jetzt geliebt werden. Gott liebt mich weder wegen meiner Größe noch trotz meiner Kleinheit. Ist das Universum groß, senkt das nicht meine Bedeutung. Wenn überhaupt hebt es sie, denn nur für wichtige Personen wird ein derartiger Aufwand getrieben. Dieser Aufwand aber ist für die Menschen, denn nur zu denen kam Gott und wurde einer von ihnen. Mensch wurde er, nicht Alien.
Das Heranziehen reiner Größe als Wertmaßstab ist etwas für Personen, die Gott und seine Liebe nicht kennen. Gottes Liebe ist groß und er lässt sich nicht lumpen, wie der Film eindrucksvoll zeigt.
Moral und Militär
Die „Nordatlantische-Verteidigungs-Organisation“ (NATO) war einst eine Wertegemeinschaft, die sich militärischen Beistand versprach, um diese Werte überzeugend zu verteidigen. Heute erscheint die Nato als Militärbündnis auf der Suche nach gemeinsamen Werten. Doch damit tut sie sich schwer.
Die eigenen Überzeugungen scheinen korrumpiert zu werden, sowie sie mit militärischen Interessen in Konflikt geraten. Davor wurde lange gewarnt, doch häufig ungeschickt. „Frieden schaffen ohne Waffen!“ war ein Ansatz der Kritiker, der so viel Angriffsfläche bot, dass man mithilfe seiner Naivität die ganzen Zweifel an einer militärischen Option glaubte diskreditieren zu können. Übersehen wurde dabei, dass man sich damit das Weltbild ebenso zurechtbog, wie es die Friedensinitiative tat.
Zu lange wird schon versäumt, bei sich selbst das zu erhalten, was man zu verteidigen vorgibt. Stattdessen exportiert man erst Demokratie und danach Waffen zu ihrem Erhalt. Beides genau so lange, wie es der eigenen militärischen oder vermeintlichen moralischen Stärke dient. Eine moralische Stärke, die auf der Welt wohl nur noch von denen wahrgenommen wird, die sie sich selbst zuschreiben. Tatsächlich ist der Westen dabei, für jeden sichtbar innerlich moralisch zu verarmen, um nicht zu sagen zu verrotten.
Entsprechend erfolgt der Umgang mit der eigenen militärischen Stärke. Schwerste Kollateralschäden werden in Kauf genommen, solange sie „nur“ die Werte betreffen. Saudi-Arabien, offenbar Unterstützer des weltweiten Terrors, wird lang schon hofiert und akzeptiert, weil man dort Basen hat. Die Türkei, seit Jahrzehnten mehr als kritisch im Umgang mit dem kurdischen Teil der eigenen Bevölkerung, lässt man aufgrund ihrer strategisch wichtigen Lage agieren. Diese Liste geht weiter, und sie ist lang!
Dem militärischen Potential steht kein moralisches Potential mehr gegenüber, oder besser, das militärische Potential steht auf keiner moralischen Grundlage mehr. Freundschaften sind nicht mehr die Basis für Bündnisse, sondern militärische Optionen entscheiden, mit wem man befreundet ist. Doch Vorsicht: im Bündnis sind wir von unseren Partnern abhängig, auch wenn wir mit ihnen nur wenig gemeinsame Moral haben. Ein Angriff auf das Territorium eines der Bündnisstaaten gilt als Angriff auf alle und zieht die entsprechenden Konsequenzen nach sich. So wurde vereinbart. Jeder Partner hat damit die Möglichkeit, Reaktionen zu provozieren, die alle anderen nahezu automatisch in einen Krieg verwickeln.
Es war eine Frage der Zeit, bis es dazu kommt, dass einer der Bündnispartner Teil einer bedenklichen militärischen Eskalation wird. Nun ist es (wieder einmal) passiert, an der türkisch-syrischen Grenze. Manche militärische Krisensituation erfordert als erstes eine moralische Antwort. Der Westen täte gut daran, sich auf seine Grundlagen zu besinnen. Alles andere könnte auf Dauer lebensgefährlich sein.
Die eigenen Überzeugungen scheinen korrumpiert zu werden, sowie sie mit militärischen Interessen in Konflikt geraten. Davor wurde lange gewarnt, doch häufig ungeschickt. „Frieden schaffen ohne Waffen!“ war ein Ansatz der Kritiker, der so viel Angriffsfläche bot, dass man mithilfe seiner Naivität die ganzen Zweifel an einer militärischen Option glaubte diskreditieren zu können. Übersehen wurde dabei, dass man sich damit das Weltbild ebenso zurechtbog, wie es die Friedensinitiative tat.
Zu lange wird schon versäumt, bei sich selbst das zu erhalten, was man zu verteidigen vorgibt. Stattdessen exportiert man erst Demokratie und danach Waffen zu ihrem Erhalt. Beides genau so lange, wie es der eigenen militärischen oder vermeintlichen moralischen Stärke dient. Eine moralische Stärke, die auf der Welt wohl nur noch von denen wahrgenommen wird, die sie sich selbst zuschreiben. Tatsächlich ist der Westen dabei, für jeden sichtbar innerlich moralisch zu verarmen, um nicht zu sagen zu verrotten.
Entsprechend erfolgt der Umgang mit der eigenen militärischen Stärke. Schwerste Kollateralschäden werden in Kauf genommen, solange sie „nur“ die Werte betreffen. Saudi-Arabien, offenbar Unterstützer des weltweiten Terrors, wird lang schon hofiert und akzeptiert, weil man dort Basen hat. Die Türkei, seit Jahrzehnten mehr als kritisch im Umgang mit dem kurdischen Teil der eigenen Bevölkerung, lässt man aufgrund ihrer strategisch wichtigen Lage agieren. Diese Liste geht weiter, und sie ist lang!
Dem militärischen Potential steht kein moralisches Potential mehr gegenüber, oder besser, das militärische Potential steht auf keiner moralischen Grundlage mehr. Freundschaften sind nicht mehr die Basis für Bündnisse, sondern militärische Optionen entscheiden, mit wem man befreundet ist. Doch Vorsicht: im Bündnis sind wir von unseren Partnern abhängig, auch wenn wir mit ihnen nur wenig gemeinsame Moral haben. Ein Angriff auf das Territorium eines der Bündnisstaaten gilt als Angriff auf alle und zieht die entsprechenden Konsequenzen nach sich. So wurde vereinbart. Jeder Partner hat damit die Möglichkeit, Reaktionen zu provozieren, die alle anderen nahezu automatisch in einen Krieg verwickeln.
Es war eine Frage der Zeit, bis es dazu kommt, dass einer der Bündnispartner Teil einer bedenklichen militärischen Eskalation wird. Nun ist es (wieder einmal) passiert, an der türkisch-syrischen Grenze. Manche militärische Krisensituation erfordert als erstes eine moralische Antwort. Der Westen täte gut daran, sich auf seine Grundlagen zu besinnen. Alles andere könnte auf Dauer lebensgefährlich sein.
Donnerstag, November 19, 2015
Einen neuen Standard setzen!
Mittwoch, November 18, 2015
Freitag, November 06, 2015
Straßennamen
[Von Bastian]
Derzeit ist wieder mal von Straßennamen in Berlin zuhören und zu lesen. Eine Lesbe soll her...
Irgendwie dumm.
Ich hoffe hingegen, dass es im Himmlischen Jerusalem eine Straßenbahn geben wird, die mich vom Claudia-Roth-Platz über den Charlotte-Hahm-Hügel zur David-Berger-Allee bringt, wo ich bim Beck's-Inn eine Kleinigkeit essen kann.
Dann haben die sich nämlich alle bekehrt...
Derzeit ist wieder mal von Straßennamen in Berlin zuhören und zu lesen. Eine Lesbe soll her...
Irgendwie dumm.
Ich hoffe hingegen, dass es im Himmlischen Jerusalem eine Straßenbahn geben wird, die mich vom Claudia-Roth-Platz über den Charlotte-Hahm-Hügel zur David-Berger-Allee bringt, wo ich bim Beck's-Inn eine Kleinigkeit essen kann.
Dann haben die sich nämlich alle bekehrt...
Mittwoch, September 30, 2015
The answer is 56
[Von Bastian]
Da hat sich jemand die Mühe gemacht, herauszufinden, welche Geschlechter Facebook in den USA anbietet:
Agender, Androgyne, Androgynous, Bigender, Cis, Cisgender, Cis Female, Cis Male, Cis Man, Cis Woman, Cisgender Female, Cisgender Male, Cisgender Man, Cisgender Woman, Female to Male, FTM, Gender Fluid, Gender Nonconforming, Gender Questioning, Gender Variant, Genderqueer, Intersex ,Male to Female, MTF, Neither, Neutrois, Non-binary, Other, Pangender, Trans, Trans*, Trans Female, Trans* Female, Trans Male, Trans* Male, Trans Man, Trans* Man, Trans Person, Trans* Person, Trans Woman, Trans* Woman, Transfeminine, Transgender, Transgender Female, Transgender Male, Transgender Man, Transgender Person, Transgender Woman, Transmasculine, Transsexual, Transsexual Female, Transsexual Male, Transsexual Man, Transsexual Person, Transsexual Woman, Two-Spirit.
Es sind 56. Und jetzt? Ich meine, Amis sind zwar sicherlich anders als wir, aber auf dieser Ebene eher nicht.
All das lässt die Zuwanderungsproblematik in ganz neuem Licht erscheinen. Natürlich sind Konflikte vorprogrammiert, wenn die alle in einer Unterkunft zusammen leben sollen. Wir brauchen 56 verschieden Arten Erstunterkünfte.
Auch die VW-Krise hätte es so nie gegeben, wenn die Firma einen 56-köpfigigen, paritätisch besetzten Vorstand gehabt hätte.
Wenn ich bei meinen Kindern erlebe, dass auf Klassenfahrten nur ein Mann und eine Frau als Begleitung mit müssen, wird mir ganz anders. Da fehlen 54 Lehrer!
Jetzt begreife ich auch das Streben nach Unisex-Toiletten: die Alternative hätte Labyrinth-Charakter.
Die Fußgängerampeln in Duisburg werden künftig sicher lustig, ebenso wie die Namensgebung von Hoch- und Tiefdruckgebieten.
Die Tagesschau wird künftig 5min länger, da sich „Guten Abend, meine Damen und Herren“ nicht mehr halten lässt. Am Ersatztext wird noch gefeilt.
Gut, dass es uns gibt! Wir kennen die eine, die heute wichtige, die weltbewegende, die Große Frage und die Antwort darauf. Addio, Deep Thougt, du hast Dich verrechnet. Die Antwort ist 56.
Da hat sich jemand die Mühe gemacht, herauszufinden, welche Geschlechter Facebook in den USA anbietet:
Agender, Androgyne, Androgynous, Bigender, Cis, Cisgender, Cis Female, Cis Male, Cis Man, Cis Woman, Cisgender Female, Cisgender Male, Cisgender Man, Cisgender Woman, Female to Male, FTM, Gender Fluid, Gender Nonconforming, Gender Questioning, Gender Variant, Genderqueer, Intersex ,Male to Female, MTF, Neither, Neutrois, Non-binary, Other, Pangender, Trans, Trans*, Trans Female, Trans* Female, Trans Male, Trans* Male, Trans Man, Trans* Man, Trans Person, Trans* Person, Trans Woman, Trans* Woman, Transfeminine, Transgender, Transgender Female, Transgender Male, Transgender Man, Transgender Person, Transgender Woman, Transmasculine, Transsexual, Transsexual Female, Transsexual Male, Transsexual Man, Transsexual Person, Transsexual Woman, Two-Spirit.
Es sind 56. Und jetzt? Ich meine, Amis sind zwar sicherlich anders als wir, aber auf dieser Ebene eher nicht.
All das lässt die Zuwanderungsproblematik in ganz neuem Licht erscheinen. Natürlich sind Konflikte vorprogrammiert, wenn die alle in einer Unterkunft zusammen leben sollen. Wir brauchen 56 verschieden Arten Erstunterkünfte.
Auch die VW-Krise hätte es so nie gegeben, wenn die Firma einen 56-köpfigigen, paritätisch besetzten Vorstand gehabt hätte.
Wenn ich bei meinen Kindern erlebe, dass auf Klassenfahrten nur ein Mann und eine Frau als Begleitung mit müssen, wird mir ganz anders. Da fehlen 54 Lehrer!
Jetzt begreife ich auch das Streben nach Unisex-Toiletten: die Alternative hätte Labyrinth-Charakter.
Die Fußgängerampeln in Duisburg werden künftig sicher lustig, ebenso wie die Namensgebung von Hoch- und Tiefdruckgebieten.
Die Tagesschau wird künftig 5min länger, da sich „Guten Abend, meine Damen und Herren“ nicht mehr halten lässt. Am Ersatztext wird noch gefeilt.
Gut, dass es uns gibt! Wir kennen die eine, die heute wichtige, die weltbewegende, die Große Frage und die Antwort darauf. Addio, Deep Thougt, du hast Dich verrechnet. Die Antwort ist 56.
Freitag, September 25, 2015
Bauernregel
Im Herbst wird es wieder Zeit für Bauernregeln. Was sagen die Zeichen?
Meine Lieblingsregel sei hier verraten, eine die IMMER zutrifft:
"Wenn die Störche zieh'n, braucht der Bauer nicht zu schieben."
"Wenn die Störche zieh'n, braucht der Bauer nicht zu schieben."
Dienstag, September 22, 2015
Vortrag zum Thema "..und die Wahrheit wird Euch frei machen."
[Von Bastian]
Heute Abend soll es um einen Satz gehen:
"…und die Wahrheit wird Euch frei machen." (Joh 8,32 )
Dieser Halbsatz reicht für riesige Bücher, ohne an ein Ende zu kommen. Ich möchte ebenfalls versuchen, ein Licht darauf zu werfen. Unvollständig natürlich, doch es dient dazu einen bestimmten Gedanken zu verfolgen, wozu es hoffentlich reicht.
3 Dinge sind es, die zu betrachten wären:
- Was ist Wahrheit?
- Was ist Freiheit?
- Wie kann die Wahrheit – doch wohl ein Abstraktum – etwas machen? Oder ist das nicht wörtlich zu nehmen, sondern eher zu verstehen wie: „Wo Wahrheit ist, da ist Freiheit.“?
Wir werden sehen.
Wahrheit
Für die Wahrheit gilt erst einmal etwas ganz grundlegendes, fast banales: sie muss stimmen.
Vor Gericht aufgefordert, die Wahrheit zu sagen, muss ich das sagen, von dem ich überzeugt bin, dass es den Tatsachen entspricht. Dabei ist nicht das gemeint, was ich gern als richtig sähe, weil es mir Glaube oder Weltanschauung vorschreiben. Auch nicht, was besser für mich oder einen anderen Menschen wäre. Wahr ist, was stimmt, nicht, was moralisch wünschenswert wäre. Die Wahrheit ist etwas Unzensiertes, Ungeschminktes, geradezu Nacktes: sie beschreibt schlicht das, was ist. Nicht mehr, aber auch nicht weniger: auch das Verschweigen von Tatsachen ist eine Abkehr von der Wahrheit.
Ich habe den Verdächtigen am Tatort gesehen. Auch wenn ich ihn mag: darüber falsch auszusagen wäre genauso unwahr, wie zu verschweigen, dass er nicht allein war.
Ich kann nichts als Wahrheit bezeichnen, von dem ich weiß, dass es nicht stimmt. Genauso wenig kann ich etwas, das ich als stimmig erkenne, verleugnen, wenn ich die Wahrheit sagen will.
Die Wahrheit sei vorläufig einmal die Summe all dessen, was stimmt.
Doch hier stellt sich natürlich die Frage: was stimmt denn alles?
Einmal gehören zur Wahrheit die erkennbaren Tatsachen. In einem Raum liegt ein Haufen Glasstücke und Drähte. Gefragt, was in dem Raum ist, antworte ich: Glas und Drähte, zusammen auf einem Haufen. Es stimmt. Zweifellos ist die Aussage daher erst einmal wahr, denn sie stimmt mit den Tatsachen überein. Doch ist es damit auch das, was wir Wahrheit nennen?
Die Frage ist berechtigt, denn bei dem Haufen Glasstücken und Drähten handelt es sich um einen Kronleuchter, der noch nicht hängt. Ich erkenne das vielleicht nicht, und doch ist das, was in meiner Beschreibung nach Sperrmüll klingt, in Wirklichkeit eine wunderschöne Lichtquelle - man muss sie nur aufhängen und anschließen.
Glas und Drähte sind mehr, als sie mir zu sein scheinen. Sie haben ein Potential, das nicht sofort ersichtlich ist; dennoch gehört es unbestreitbar zur Wahrheit über diesen Glashaufen, denn auch dies stimmt: das ist ein Leuchter. Es hat keinen Sinn, das Potential aus der Wahrheit ausklammern zu wollen, weil es keine Tatsache sei: es ist eine. Für mich wird das spätestens dann ersichtlich, wenn die Müllabfuhr auf mein beschränktes Urteil hin Glasstückchen und Drähte entsorgt hat und der Besitzer es bemerkt: ich zahle Schadenersatz für einen Kronleuchter, nicht für Scherben und Draht. Das Potential gehört zur Wahrheit, wenn sie der Definition, dass sie alles Stimmende enthält, standhalten soll.
Doch hier ergibt sich ein weiteres Problem: es gibt viele Potentiale. Der Einwand, aus den Drähten hätte man auch einen schönen glasbehängten Zaun fertigen können, ist wichtig. Ein Zaun könnte durchaus sinnvoll sein. Was spricht dagegen? Der Zaun ist machbar, das stimmt. Doch ebenso stimmt, dass das Kronleuchter zu sein dem Glashaufen mehr entspricht. Ist es nun ein Kronleuchter, aus dem man auch einen Zaun machen kann, oder ein Zaun, der auch als Leuchter aufgehängt werden könnte, oder ist es schlicht beides? Was bevorzugt Kronleuchter gegenüber Zaun? Wie soll man unter mehreren Potentialen das wahre herausfinden?
Dazu ein anderes Beispiel, das dieses Problem noch schärfer beleuchtet. Ein Ziegelstein eignet sich zum Bauen – das stimmt. Er eignet sich ebenso dazu, ein Fenster einzuwerfen – auch das stimmt. Verstehe ich die Wahrheit als Summe aller offenbaren und versteckten Eigenschaften und Potentiale einer Sache oder Person, stehen dort Hausbau und Zerstörung als Möglichkeiten gleichberechtigt nebeneinander. Was unterscheidet beide? Die Moral ist es nicht. Sie könnte mein Handeln bewerten, aber nicht den Stein selbst.
Der Unterschied liegt in etwas, was gar nicht mehr im Stein selbst zu finden ist, sondern außerhalb: der Stein ist zum Bauen gedacht, nicht zum Zerstören.
Unter all den Potentialen, die in jedem Ding verborgen sind, ist eines das wahre: das, was angedacht wurde. Es ist wahr, dass es viele Möglichkeiten, die man mit einem Ziegelstein hätte: zerbrechen, in den See werfen, vergraben, meinem Nächsten den Schädel einschlagen, als Briefbeschwerer nutzen etc…, von denen durchaus nicht alle schlecht sind. Doch es ist auch wahr, dass nur eine oder wenige davon dem Gegenstand wirklich entsprechen. Die Bestimmung gehört zur Wahrheit. (Wenn Sie das nicht glauben, fragen Sie einmal einen Ziegelhersteller, warum er tausende Mordwaffen herstellt. Er wird Ihnen sehr deutlich erklären, dass es darauf ankommt, wozu etwas gedacht ist.)
Für all diese Aspekte dessen, was stimmt, gibt es ein deutsches Wort: das Wesen einer Sache. Es ist die Summe all dessen, was eine Sache zu dem macht, was sie ist, auch und gerade dann, wenn das nicht sofort ersichtlich ist. Es ist das Wesen eines Ziegelsteins, hart, kantig und Baustein zu sein. Es ist das Wesen eines Kronleuchters, aus Glas und Drähten zu bestehen und Lichtquelle zu sein. Es gehört zum Wesen eines jeden Dinges, das sein zu sollen, wozu es gedacht ist, wozu es bestimmt ist.
Was also ist die Wahrheit? Ich definiere sie als das Licht, in dem das Wesen von etwas sichtbar wird. In diese Definition passen auch wahre Freunde du wahre Klugheit, abstrakte „Dinge“ also, die mit messbaren Tatsachen nicht erfassbar sind.
C.S. Lewis schreibt: "Die Freiheit, eine Giraffe mit kurzem Hals und kurzen Beinen zu zeichnen, gibt es nicht. Es wäre eben keine Giraffe mehr... Ich kann einen Tiger von seinen Gitterstäben befreien, doch nicht von seinen Streifen."
Einem Vogel die Flügel mit der Begründung abzuschneiden, man wolle ihn davon befreien, verbietet sich. Es wäre Befreiung in die Unfreiheit hinein: er kann nicht mehr fliegen. Die Giraffe ist sie selbst durch ihren langen Hals, der Tiger durch seine Streifen, der Vogel durch seine Flügel. Davon kann man nicht befreien. Es gibt also Dinge, von denen man nicht frei sein kann: Freiheit existiert prinzipiell nur mit Einschränkungen. Es sind die Aspekte, die das Wesen der zu befreienden Sache oder Person beeinträchtigen.
Tolkien gibt in seinem „Herrn der Ringe“ eine hervorragende Definition von Freiheit. Saruman hat einen Damm gebaut, um zu verhindern, dass Wasser seine Rodungsarbeiten stört, und er vernichtet den Wald. Als die Ents kommen und seinen Turm angreifen, ertönt der Ruf: „Zerstört den Damm – befreit den Fluss!“. Jeder versteht es sofort: der Fluss wir nicht AUS seinem Bett befreit, sondern IN sein Bett. Er wird dazu befreit, Fluss zu sein. Er wird dazu befreit, seinem Wesen gerecht zu werden. Ist er ein wahrer Fluss, ist er wirklich frei.
Freiheit ist dort, wo die Wahrheit regieren kann. Freiheit ist dort, wo etwas seinem Wesen gemäß sein kann.
Eigentlich ist dieses Prinzip jedem klar, doch meist ist es einem nicht bewusst, wo wir es überall einsetzen. Wenn heute versucht wird, verschwundene Tierarten wieder einzubürgern, erhofft man natürlich, dass die frei gelassenen Tiere sich möglichst genau ihrem Wesen getreu verhalten. Der frei gelassene Biber soll Dämme bauen, der Uhu Mäuse jagen, das Wisent im Wald leben. Die Voraussetzungen dafür habe ich mit meinem Wissen über diese Tiere geschaffen. Hier ist es für jeden offensichtlich: die Wahrheit macht das eigentliche Wesen sichtbar – in der Freiheit kann es sein. Ich brauche also beides, Wahrheit und Freiheit, denn beide gehen zusammen.
Hier gibt es einen begrenzenden Faktor: mich. Die Wahrheit über irgendeinen Menschen kenne ich nicht, nicht einmal über mich selbst. Nicht einmal meine eigenen Potentiale kenne ich wirklich. Ich weiß nicht einmal, ob es sie gibt. Wie soll ich gemäß meinem Wesen frei sein, wenn ich es nicht kenne?
Unsere Möglichkeit, die Wahrheit zu erkennen, ist definitiv beschränkt. Tatsächlich beschränkt sie sich auf die Wahrnehmung des Status Quo mit meinen Sinnen, und selbst die sind sehr beschränkt. Ich kann mein Erkennen durch Erfahrungen und erlerntes Wissen erweitern, doch niemals werden mir alle faktischen Aspekte, jedes Potential und jedes Gedacht-Sein zur Verfügung stehen. Es ist immer nur ein Teilbereich.
Darüber hinaus kann ich bei der Wahrheitssuche, der Wesenssuche, Dinge und Aspekte verwechseln, vermischen und meinen Vorlieben unwissentlich den Vorzug geben. Mein eigenes Bild von Wahrheit ist zwingend unvollständig und subjektiv. Eine Wahrheit, die über das hinausgeht, ist für mich nicht erreichbar.
Das Konzept einer befreienden Wahrheit kann für mich daher nur momentan sein. Aussagen eines Menschen über einen Bereich, der dem Mensch nicht zugänglich ist, verbieten sich logischerweise. Eine Lehre ist sinnvoll, solange sie mich bereichert. Darüber hinaus ist sie Anmaßung und Indoktrination. Jeder erkennt einen anderen Teilbereich und hat eine daher andere Wahrheit. Jeder erkennt seins; Glauben und Religion sind somit Privatsache. Die Wahrheit kann bestenfalls theoretisch definiert werden, als Summe aller Teilwahrheiten.
Dass ein Mensch, und sei er Papst, Verbindlichkeit für alle verkündet, verbietet sich dementsprechend. Daher lehnen viele die Kirche ab, die sich anmaßt, Wahrheit für alle zu verkünden, ohne sich intern überhaupt einig zu sein. Absurd! Diese Ablehnung ist durchdacht, mit gutem Gewissen begründet und darf nicht abgetan werden, denn sie ist logisch und entspricht dem Erleben.
Entsprechend ist heute Freiheit für viele die Erlaubnis zur Unverbindlichkeit, zum Leben aus dem Moment, denn Unverbindlichkeit scheint das einzige Konzept zu sein, das niemanden einschränkt. Ich bin frei, wenn ich letztlich in jedem Moment etwas anderes sein kann und von meinen Mitmenschen keine Kontinuität erwarte. Denn ich habe die Gültigkeit meiner eigenen Teilwahrheiten zu respektieren, wie auch die Gültigkeit der Wahrheit eines jeden anderen Menschen.
Doch hier tut sich eine Sackgasse auf, ein Dilemma: Der Tiger wurde zum Tiger-Sein befreit, der Fluss in sein Bett. Befreiung ist die Befreiung des Wesens. Der Mensch aber kann, wie gezeigt, die Wahrheit über sich selbst aufgrund seiner Schranken nicht wirklich vollständig wissen. Doch es gilt: mangels beleuchtender Wahrheit kein erkanntes Wesen, mangels erkanntem Wesen keine sinnvolle Freiheit. Es sind Teilbereiche, die da sichtbar werden. Ich muss mich mit der subjektiven Wahrheit und der daraus resultierenden immer falschen Freiheit zufrieden geben.
Doch das ist gefährlich. Wenn man einen Baum dazu befreit, Blatt zu sein, ist das zwar ein wahrer Aspekt, doch zugleich eine schlimme Verstümmelung. Die subjektiven Wahrheiten führen zu Freiheiten, die gar nicht frei sind, sondern selbstgewählte Versklavungen, die mich von meinem Wesen abschneiden. Denn: das Wesen ist da, ob ich es nun kenne oder nicht.
An dieser Stelle habe ich drei Möglichkeiten.
Ich entscheide mich für die dritte Lösung. Wenn ich diese Logik nicht widerlegen kann, denke ich sie eben zu Ende. Ich weiß, dass ich die Wahrheit nicht finden kann. Wenn alles Menschliche automatisch begrenzt ist, gibt es nur noch eine Möglichkeit: Weiterführendes muss aus dem Bereich jenseits der Grenzen zu mir kommen. Es kann nicht erdacht worden sein, nicht einmal gezielt gesucht worden sein. Es muss aus eigenem Antrieb zu uns kommen.
Meine Anforderungen an eine Wahrheit über den Menschen sind also: Die Wahrheit muss größer sein, als ich fassen kann. Ich muss sie nicht finden, sondern sie muss mich finden. Ich brauche eine Wahrheit, die selbst freiwillig handeln kann. Ich brauche eine Wahrheit, die eine Person ist, die Interesse an mir hat.
Doch reicht das? Wenn, wie gezeigt, der Mensch als Medium zur Weitergabe der Wahrheit nicht ausreicht, benötigt der offenbarte Glaube eine Pflege durch seinen Offenbarer selbst. Uns überlassen ginge sie den Weg alles Bewussten: sie würde zum Teilbereich und damit untauglich.
Im Alten Testament wurde das durch die Propheten und von Gott berührte Menschen getan: immer hat Gott selbst dafür gesorgt, dass seine Wahrheit nicht in den Köpfen der Menschen langsam verkümmerte.
Und heute? Keine Propheten. Aber eine Zusage, die alles erklärt: „Ich bin bei Euch bis ans Ende der Welt!“. Und ein Konzept: „Auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen!“. Gott selbst garantiert für Seine Wahrheit und sagt, wo wir sie finden.
Ohne diese Garantie wäre die Lehre der Kirche eine Sammlung alter Sitten und begrenzter Erkenntnis, mit ihr ist sie die immer deutlicher werdende Auskristallisation von Gottes Willen. Ohne diese Garantie wäre die Kirche dazu verdammt, die Offenbarung langsam zu verschleiern. Mit ihr ist sie hingegen die notwendige Pflege, die Gott selbst Seiner Offenbarung angedeihen lässt.
In Seiner Kirche finden wir die Wahrheit. Nicht in den Personen, sondern in Ihm der durch sie hindurch scheint. Das Vertrauen, das wir in die Kirche haben können, ist umso größer, je weniger wir in ihr die Menschen sehen. Ihre Aufgabe ist keinerlei Selbstzweck: durch sie soll Gottes Licht scheinen, sonst nichts. Kein Heiliger hat je auf etwas anderes vertraut als auf Gott.
Die strahlendste Kirche ist die, die sich von allem frei macht, was nicht von Gott kommt, die sich entweltlicht. Die nicht uns, sondern Gott in den Mittelpunkt stellt, damit nicht wir die Wahrheit auf uns selbst zurechtstutzen, weil wir sie haben müssen, sondern selbst wachsen in der Wahrheit, die uns ergriffen hat. Weil sie uns liebt, es will und deshalb selbst zu uns kommt.
Unsere Ausgangspunkte waren: was wahr ist, muss stimmen. Freiheit ist, wo die Wahrheit, wo das Wesen, sein können. Wir sind den Gedanken derer gefolgt, die aus guten Gründen die Kirche ablehnen, haben nicht widersprochen, sondern nur zu Ende gedacht und unsere Grenzen akzeptiert.
Das Denken diente dazu, diese eigenen Grenzen zu finden. Und es macht zugleich sensibel, weil man zu erahnen beginnt, was es heißt, dass Gott sich offenbart.
Und damit wir finden uns wieder bei Christus, der uns frei macht, indem er uns sein Wort verkündet. Der uns unser wahres Wesen zeigt, indem er uns erklärt, wozu wir gedacht sind. Und wir finden uns wieder in Seiner Kirche. Nicht weil wir Regeln suchen, sondern weil wir dort Sein Wort finden, das uns frei macht.
„Ich bin das Licht der Welt“ sagt Christus. „Ich bin die Wahrheit“. Die Wahrheit ist Person, handelnde Person. Und die Wahrheit wird uns frei machen. Sie machte es, nicht wir.
Dazu ein anderes Beispiel, das dieses Problem noch schärfer beleuchtet. Ein Ziegelstein eignet sich zum Bauen – das stimmt. Er eignet sich ebenso dazu, ein Fenster einzuwerfen – auch das stimmt. Verstehe ich die Wahrheit als Summe aller offenbaren und versteckten Eigenschaften und Potentiale einer Sache oder Person, stehen dort Hausbau und Zerstörung als Möglichkeiten gleichberechtigt nebeneinander. Was unterscheidet beide? Die Moral ist es nicht. Sie könnte mein Handeln bewerten, aber nicht den Stein selbst.
Der Unterschied liegt in etwas, was gar nicht mehr im Stein selbst zu finden ist, sondern außerhalb: der Stein ist zum Bauen gedacht, nicht zum Zerstören.
Unter all den Potentialen, die in jedem Ding verborgen sind, ist eines das wahre: das, was angedacht wurde. Es ist wahr, dass es viele Möglichkeiten, die man mit einem Ziegelstein hätte: zerbrechen, in den See werfen, vergraben, meinem Nächsten den Schädel einschlagen, als Briefbeschwerer nutzen etc…, von denen durchaus nicht alle schlecht sind. Doch es ist auch wahr, dass nur eine oder wenige davon dem Gegenstand wirklich entsprechen. Die Bestimmung gehört zur Wahrheit. (Wenn Sie das nicht glauben, fragen Sie einmal einen Ziegelhersteller, warum er tausende Mordwaffen herstellt. Er wird Ihnen sehr deutlich erklären, dass es darauf ankommt, wozu etwas gedacht ist.)
Für all diese Aspekte dessen, was stimmt, gibt es ein deutsches Wort: das Wesen einer Sache. Es ist die Summe all dessen, was eine Sache zu dem macht, was sie ist, auch und gerade dann, wenn das nicht sofort ersichtlich ist. Es ist das Wesen eines Ziegelsteins, hart, kantig und Baustein zu sein. Es ist das Wesen eines Kronleuchters, aus Glas und Drähten zu bestehen und Lichtquelle zu sein. Es gehört zum Wesen eines jeden Dinges, das sein zu sollen, wozu es gedacht ist, wozu es bestimmt ist.
Was also ist die Wahrheit? Ich definiere sie als das Licht, in dem das Wesen von etwas sichtbar wird. In diese Definition passen auch wahre Freunde du wahre Klugheit, abstrakte „Dinge“ also, die mit messbaren Tatsachen nicht erfassbar sind.
Freiheit
Freiheit wird meist als Möglichkeit, sich zu bewegen, zu entwickeln und zu wandeln verstanden. Als Sein ohne Einschränkungen, ohne Begrenzungen. Doch ist es das wirklich? Ist die Freiheit frei für alles?C.S. Lewis schreibt: "Die Freiheit, eine Giraffe mit kurzem Hals und kurzen Beinen zu zeichnen, gibt es nicht. Es wäre eben keine Giraffe mehr... Ich kann einen Tiger von seinen Gitterstäben befreien, doch nicht von seinen Streifen."
Einem Vogel die Flügel mit der Begründung abzuschneiden, man wolle ihn davon befreien, verbietet sich. Es wäre Befreiung in die Unfreiheit hinein: er kann nicht mehr fliegen. Die Giraffe ist sie selbst durch ihren langen Hals, der Tiger durch seine Streifen, der Vogel durch seine Flügel. Davon kann man nicht befreien. Es gibt also Dinge, von denen man nicht frei sein kann: Freiheit existiert prinzipiell nur mit Einschränkungen. Es sind die Aspekte, die das Wesen der zu befreienden Sache oder Person beeinträchtigen.
Tolkien gibt in seinem „Herrn der Ringe“ eine hervorragende Definition von Freiheit. Saruman hat einen Damm gebaut, um zu verhindern, dass Wasser seine Rodungsarbeiten stört, und er vernichtet den Wald. Als die Ents kommen und seinen Turm angreifen, ertönt der Ruf: „Zerstört den Damm – befreit den Fluss!“. Jeder versteht es sofort: der Fluss wir nicht AUS seinem Bett befreit, sondern IN sein Bett. Er wird dazu befreit, Fluss zu sein. Er wird dazu befreit, seinem Wesen gerecht zu werden. Ist er ein wahrer Fluss, ist er wirklich frei.
Freiheit ist dort, wo die Wahrheit regieren kann. Freiheit ist dort, wo etwas seinem Wesen gemäß sein kann.
Eigentlich ist dieses Prinzip jedem klar, doch meist ist es einem nicht bewusst, wo wir es überall einsetzen. Wenn heute versucht wird, verschwundene Tierarten wieder einzubürgern, erhofft man natürlich, dass die frei gelassenen Tiere sich möglichst genau ihrem Wesen getreu verhalten. Der frei gelassene Biber soll Dämme bauen, der Uhu Mäuse jagen, das Wisent im Wald leben. Die Voraussetzungen dafür habe ich mit meinem Wissen über diese Tiere geschaffen. Hier ist es für jeden offensichtlich: die Wahrheit macht das eigentliche Wesen sichtbar – in der Freiheit kann es sein. Ich brauche also beides, Wahrheit und Freiheit, denn beide gehen zusammen.
Ein Problem
Doch woher nehme ich beides? Freiheit für Fluss und Biber mögen ja angehen – da weiß ich recht genau, was sie brauchen, da kenne ich ihr Wesen gut genug. Doch wie soll ein Mensch frei sein?Hier gibt es einen begrenzenden Faktor: mich. Die Wahrheit über irgendeinen Menschen kenne ich nicht, nicht einmal über mich selbst. Nicht einmal meine eigenen Potentiale kenne ich wirklich. Ich weiß nicht einmal, ob es sie gibt. Wie soll ich gemäß meinem Wesen frei sein, wenn ich es nicht kenne?
Unsere Möglichkeit, die Wahrheit zu erkennen, ist definitiv beschränkt. Tatsächlich beschränkt sie sich auf die Wahrnehmung des Status Quo mit meinen Sinnen, und selbst die sind sehr beschränkt. Ich kann mein Erkennen durch Erfahrungen und erlerntes Wissen erweitern, doch niemals werden mir alle faktischen Aspekte, jedes Potential und jedes Gedacht-Sein zur Verfügung stehen. Es ist immer nur ein Teilbereich.
Darüber hinaus kann ich bei der Wahrheitssuche, der Wesenssuche, Dinge und Aspekte verwechseln, vermischen und meinen Vorlieben unwissentlich den Vorzug geben. Mein eigenes Bild von Wahrheit ist zwingend unvollständig und subjektiv. Eine Wahrheit, die über das hinausgeht, ist für mich nicht erreichbar.
Das Konzept einer befreienden Wahrheit kann für mich daher nur momentan sein. Aussagen eines Menschen über einen Bereich, der dem Mensch nicht zugänglich ist, verbieten sich logischerweise. Eine Lehre ist sinnvoll, solange sie mich bereichert. Darüber hinaus ist sie Anmaßung und Indoktrination. Jeder erkennt einen anderen Teilbereich und hat eine daher andere Wahrheit. Jeder erkennt seins; Glauben und Religion sind somit Privatsache. Die Wahrheit kann bestenfalls theoretisch definiert werden, als Summe aller Teilwahrheiten.
Dass ein Mensch, und sei er Papst, Verbindlichkeit für alle verkündet, verbietet sich dementsprechend. Daher lehnen viele die Kirche ab, die sich anmaßt, Wahrheit für alle zu verkünden, ohne sich intern überhaupt einig zu sein. Absurd! Diese Ablehnung ist durchdacht, mit gutem Gewissen begründet und darf nicht abgetan werden, denn sie ist logisch und entspricht dem Erleben.
Entsprechend ist heute Freiheit für viele die Erlaubnis zur Unverbindlichkeit, zum Leben aus dem Moment, denn Unverbindlichkeit scheint das einzige Konzept zu sein, das niemanden einschränkt. Ich bin frei, wenn ich letztlich in jedem Moment etwas anderes sein kann und von meinen Mitmenschen keine Kontinuität erwarte. Denn ich habe die Gültigkeit meiner eigenen Teilwahrheiten zu respektieren, wie auch die Gültigkeit der Wahrheit eines jeden anderen Menschen.
Doch hier tut sich eine Sackgasse auf, ein Dilemma: Der Tiger wurde zum Tiger-Sein befreit, der Fluss in sein Bett. Befreiung ist die Befreiung des Wesens. Der Mensch aber kann, wie gezeigt, die Wahrheit über sich selbst aufgrund seiner Schranken nicht wirklich vollständig wissen. Doch es gilt: mangels beleuchtender Wahrheit kein erkanntes Wesen, mangels erkanntem Wesen keine sinnvolle Freiheit. Es sind Teilbereiche, die da sichtbar werden. Ich muss mich mit der subjektiven Wahrheit und der daraus resultierenden immer falschen Freiheit zufrieden geben.
Doch das ist gefährlich. Wenn man einen Baum dazu befreit, Blatt zu sein, ist das zwar ein wahrer Aspekt, doch zugleich eine schlimme Verstümmelung. Die subjektiven Wahrheiten führen zu Freiheiten, die gar nicht frei sind, sondern selbstgewählte Versklavungen, die mich von meinem Wesen abschneiden. Denn: das Wesen ist da, ob ich es nun kenne oder nicht.
An dieser Stelle habe ich drei Möglichkeiten.
- Die erste Möglichkeit: ich verschließe die Augen vor dem Problem und lebe vor mich hin. Diese Möglichkeit soll hier ausscheiden, auch wenn jeder sicher häufig danach handelt.
- Die zweite Möglichkeit: ich glaube an die Subjektivität der Wahrheit. Dieser Glaube wäre gleichermaßen die mutige Erkenntnis der eigenen Begrenztheit und die Kapitulation davor. Ich würde sagen: es gibt keine absolute Wahrheit. Und ich würde damit paradoxerweise diesen einen Satz zur absoluten Wahrheit erheben. Ich lebte in diesem ständigen Paradoxon, das ich letztlich selbst wäre.
- Schwerer ist die dritte Möglichkeit: ich ertrage meine Unfertigkeit. Ich akzeptiere die Stichhaltigkeit der Logik, der sie Einwände folgen, und erwarte dennoch eine Lösung.
Ich entscheide mich für die dritte Lösung. Wenn ich diese Logik nicht widerlegen kann, denke ich sie eben zu Ende. Ich weiß, dass ich die Wahrheit nicht finden kann. Wenn alles Menschliche automatisch begrenzt ist, gibt es nur noch eine Möglichkeit: Weiterführendes muss aus dem Bereich jenseits der Grenzen zu mir kommen. Es kann nicht erdacht worden sein, nicht einmal gezielt gesucht worden sein. Es muss aus eigenem Antrieb zu uns kommen.
Meine Anforderungen an eine Wahrheit über den Menschen sind also: Die Wahrheit muss größer sein, als ich fassen kann. Ich muss sie nicht finden, sondern sie muss mich finden. Ich brauche eine Wahrheit, die selbst freiwillig handeln kann. Ich brauche eine Wahrheit, die eine Person ist, die Interesse an mir hat.
Die Wahrheit macht etwas
Damit sind wir am Herzen des Christentums angelangt, denn genau das ist passiert: Gott hat sich uns offenbart. Das, was wir glauben, kam aktiv zu uns, wurde uns aus eigenem Antrieb erzählt. Deshalb kommt unser Glaube vom Hören, nicht vom Nachdenken. Gott ist die Wahrheit, die von sich aus zu uns kommt. Nicht wir haben die Wahrheit gefunden, sondern sie hat uns ergriffen.Doch reicht das? Wenn, wie gezeigt, der Mensch als Medium zur Weitergabe der Wahrheit nicht ausreicht, benötigt der offenbarte Glaube eine Pflege durch seinen Offenbarer selbst. Uns überlassen ginge sie den Weg alles Bewussten: sie würde zum Teilbereich und damit untauglich.
Im Alten Testament wurde das durch die Propheten und von Gott berührte Menschen getan: immer hat Gott selbst dafür gesorgt, dass seine Wahrheit nicht in den Köpfen der Menschen langsam verkümmerte.
Und heute? Keine Propheten. Aber eine Zusage, die alles erklärt: „Ich bin bei Euch bis ans Ende der Welt!“. Und ein Konzept: „Auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen!“. Gott selbst garantiert für Seine Wahrheit und sagt, wo wir sie finden.
Ohne diese Garantie wäre die Lehre der Kirche eine Sammlung alter Sitten und begrenzter Erkenntnis, mit ihr ist sie die immer deutlicher werdende Auskristallisation von Gottes Willen. Ohne diese Garantie wäre die Kirche dazu verdammt, die Offenbarung langsam zu verschleiern. Mit ihr ist sie hingegen die notwendige Pflege, die Gott selbst Seiner Offenbarung angedeihen lässt.
In Seiner Kirche finden wir die Wahrheit. Nicht in den Personen, sondern in Ihm der durch sie hindurch scheint. Das Vertrauen, das wir in die Kirche haben können, ist umso größer, je weniger wir in ihr die Menschen sehen. Ihre Aufgabe ist keinerlei Selbstzweck: durch sie soll Gottes Licht scheinen, sonst nichts. Kein Heiliger hat je auf etwas anderes vertraut als auf Gott.
Die strahlendste Kirche ist die, die sich von allem frei macht, was nicht von Gott kommt, die sich entweltlicht. Die nicht uns, sondern Gott in den Mittelpunkt stellt, damit nicht wir die Wahrheit auf uns selbst zurechtstutzen, weil wir sie haben müssen, sondern selbst wachsen in der Wahrheit, die uns ergriffen hat. Weil sie uns liebt, es will und deshalb selbst zu uns kommt.
Unsere Ausgangspunkte waren: was wahr ist, muss stimmen. Freiheit ist, wo die Wahrheit, wo das Wesen, sein können. Wir sind den Gedanken derer gefolgt, die aus guten Gründen die Kirche ablehnen, haben nicht widersprochen, sondern nur zu Ende gedacht und unsere Grenzen akzeptiert.
Das Denken diente dazu, diese eigenen Grenzen zu finden. Und es macht zugleich sensibel, weil man zu erahnen beginnt, was es heißt, dass Gott sich offenbart.
Und damit wir finden uns wieder bei Christus, der uns frei macht, indem er uns sein Wort verkündet. Der uns unser wahres Wesen zeigt, indem er uns erklärt, wozu wir gedacht sind. Und wir finden uns wieder in Seiner Kirche. Nicht weil wir Regeln suchen, sondern weil wir dort Sein Wort finden, das uns frei macht.
„Ich bin das Licht der Welt“ sagt Christus. „Ich bin die Wahrheit“. Die Wahrheit ist Person, handelnde Person. Und die Wahrheit wird uns frei machen. Sie machte es, nicht wir.
Mittwoch, September 16, 2015
Unverständlich!
[Von Bastian]
Die Schrift lehrt uns, Waisen und Witwen zu helfen, Fremde aufzunehmen und den Armen zu geben. Und sie lehrt, dass da Segen drauf liegt. Einen Zusatz wie "außer bei Moslems, dann bringt es nämlich Unheil!" gibt es nicht.
Warum machen sich eigentlich gerade so viele Christen derart in die Hose, wenn es um die Flüchtlinge geht?
Wir sollten sie nicht abweisen, weil wir Angst haben, sondern sie aufnehmen und uns auf den Segen freuen. Ich meine, wir haben doch Gott. Der ist doch stärker, oder?
Die Schrift lehrt uns, Waisen und Witwen zu helfen, Fremde aufzunehmen und den Armen zu geben. Und sie lehrt, dass da Segen drauf liegt. Einen Zusatz wie "außer bei Moslems, dann bringt es nämlich Unheil!" gibt es nicht.
Warum machen sich eigentlich gerade so viele Christen derart in die Hose, wenn es um die Flüchtlinge geht?
Wir sollten sie nicht abweisen, weil wir Angst haben, sondern sie aufnehmen und uns auf den Segen freuen. Ich meine, wir haben doch Gott. Der ist doch stärker, oder?
Freitag, September 04, 2015
Wie es mir zu stehen scheint
[Eine Polemik von Bastian]
Wir erleben einen Zeitenaufbruch: eine neue Völkerwanderung. Klingt vielleicht zu dramatisch, scheint mir aber so zu sein. Die Flüchtlingswelle dürfte der erste Gipfel einer Entwicklung sein, die längst nicht mehr umkehrbar ist.
Der Politik ist seit langem klar, dass man die Schere zwischen Arm und Reich nicht zu groß werden lassen darf. Es muss einen Mindestausgleich und eine möglichst hohe Transparenz zwischen beiden Bereichen geben, sonst kommt es zu Unruhen. Auf die Idee, dass diese Erkenntnis auch über Staatengrenzen hinweg Anwendung finden sollte, ist offenbar keiner derer, die Verantwortung tragen, ernsthaft gekommen. Die Folgen sehen wir jetzt, oder besser: diese Folgen beginnen gerade. Es ist erst der Anfang: es werden Millionen von Zuwanderern sein.
Der Versuch der Politik, die Situation in den Griff zu bekommen, hat etwas Rührendes an sich. Man versucht den Spagat zwischen vermeintlicher Wählermeinung, Mitleid und Political Correctness (haben die Flüchtlinge bei der Einreise eigentlich auch die Wahl zwischen Dutzenden möglicher Geschlechter?). Man versucht es mit den richtigen berücksichtigten Gesichtspunkten und guten Regeln, die fein trennen zwischen berechtigt und unberechtigt, kurz, indem man das Problem verwaltet.
Große Teile der Bevölkerung polarisieren sich inzwischen in zwei Lager, die beide völlig unbrauchbar sind. Die einen sehen ihren Wohlstand gefährdet. Ausgestattet mit einem Einkommen, das locker 20 Flüchtlinge ernähren könnte, fragen sie: „Und wer tut was für uns?“. Die anderen interessieren sich nicht für die Flüchtlinge, wie sie sind, sondern vereinnahmen sie für ihre Alles-egal-Weltanschauung. Angezogen mit Klamotten, für die sie in den meisten islamischen Staaten im Knast säßen, fordern sie die Freigabe der Burka. Und damit natürlich auch die Macht derer, die sie sofort in den Knast stecken würden, hätten sie das Sagen.
Beide Positionen haben selbstzufriedene Mitläufer, zufrieden, weil sie das Problem nicht ignorieren, sondern sich „Gedanken machen“. Sie kommen mit dem Erhalt des Christlichen Abendlandes, meinen damit aber nicht das Christentum, das sie erhalten wollen (in Messe oder Gottesdienst sieht man sie jedenfalls meist nicht), sondern unsere Kultur, an die sie sich gewöhnt haben. Andere kommen mit der Erkenntnis, dass auch der Islam zu uns gehöre. Da sie die Anwendung der Scharia für sich selbst natürlich nie akzeptieren würden, meinen sie tatsächlich wohl eher: Der Islam gehört zu denen, die nicht zu uns gehören. Gleichwie – sie halten sich für integrativ.
Nun werden in den nächsten Jahren wohl einige Millionen Menschen zu uns kommen. Verwaltungsfreudig, wie wir sind, bestehen diese Menschen für uns meist aus Kosten und Unterbringungsproblemen. Für die „Aufgeklärten“ unter uns zudem aus Traumatisierung und berechtigten Ansprüchen, für die „Rückständigen“ unter uns auch aus Gefahr. Und alles schreit nach der Verwaltung. Deren Chef möchte allerdings von Aufgeklärten wie Rückständigen wiedergewählt werden.
Tatsächlich allerdings bringen diese Menschen vor allem einmal sich selbst, und das heißt: Persönlichkeit, geprägt durch Religion und Kultur. Diese Persönlichkeit wird künftig ein Teil der Summe sein, die unsere Gesellschaft ausmacht. Dagegen hilft weder ein „Ich will das nicht“ noch ein „Das stimmt doch gar nicht, die sind doch letztlich wie wir!“. Beides ignoriert die Menschlichkeit derer, die zu uns kommen.
Integration bedeutet, die Menschen anzunehmen, wie sie sind, und in unsere Kultur einzufügen, wie es möglich ist. Wie sie sind: also nicht ohne ihre Eigenschaften und auch Probleme. Die zu leugnen wäre Ignoranz diesen Menschen gegenüber. Einfügen in unsere Kultur: keine Nebenkulturen (möglichst mit eigenem Rechtssystem) akzeptieren, sondern wirklich aufnehmen und zu akzeptieren, dass sich unser Land dadurch ändern wird.
Dazu allerdings muss unsere Kultur auch kraftvoll auftreten. Wir brauchen Identität, damit überhaupt etwas da ist, in das wir aufnehmen können. Doch was ist da? Wir ändern die Sprache, damit sie nicht mehr eindeutig ist, weil wir gegebene Identität nicht mehr ertragen: es ist das höchste, das eigene Geschlecht nicht mehr zu kennen. Wir reduzieren unsere Identität auf unsere Lebensqualität, die wiederum auf Geld und Sex. Daneben lieben wir nur Beliebigkeit.
Diese Gesellschaft ist nicht integrationsfähig, weil es sie gar nicht mehr gibt. Sie besteht nur noch in einem System, das unsere Beliebigkeit schützen soll. Für einen gläubigen Muslim sind wir als Gesprächspartner weit unter seinem Niveau. Christliche Kultur ist offenbar geistige Verwahrlosung und Identitätslosigkeit. Das ist zwar unbeschreiblich dumm, aber man kann darin recht ordentlich leben, interessiert es doch niemanden, was man tut. Denn was kann man bei uns holen? Geld. Und während wir nach einer Verwaltungslösung dafür suchen, wie wir unsere Beliebigkeit, den Islam und fremde Kulturen unter einen Hut bekommen, beobachten uns die anderen Länder fassungslos. Mit Recht.
All das wird uns über den Hut wachsen. Unsere Systeme werden es nicht schaffen. Es wird sich zeigen, ob Deutschland dann noch ein Herz hat und offen ist. Oder ob wir unser Herz verschließen und als Grund auf unsere Partner zeigen, weil die das auch tun und niemanden aufnehmen. Es ist schließlich nur gerecht, genauso ungerecht zu sein wie die. Eins werden wir opfern müssen: Einen großen Teil unseres Wohlstands, den wir auf unseren Werten aufgebaut haben, oder unsere Werte selbst, um den Wohlstand zu sichern. Letzteres wäre Selbstmord. Die Flüchtlinge sind unsere Chance, uns selbst in unserer selbstgewählten Identitätslosigkeit wiederzufinden. Entweder wir schaffen das, oder wir verschwinden als Land und Kultur.
Wir erleben einen Zeitenaufbruch: eine neue Völkerwanderung. Klingt vielleicht zu dramatisch, scheint mir aber so zu sein. Die Flüchtlingswelle dürfte der erste Gipfel einer Entwicklung sein, die längst nicht mehr umkehrbar ist.
Der Politik ist seit langem klar, dass man die Schere zwischen Arm und Reich nicht zu groß werden lassen darf. Es muss einen Mindestausgleich und eine möglichst hohe Transparenz zwischen beiden Bereichen geben, sonst kommt es zu Unruhen. Auf die Idee, dass diese Erkenntnis auch über Staatengrenzen hinweg Anwendung finden sollte, ist offenbar keiner derer, die Verantwortung tragen, ernsthaft gekommen. Die Folgen sehen wir jetzt, oder besser: diese Folgen beginnen gerade. Es ist erst der Anfang: es werden Millionen von Zuwanderern sein.
Der Versuch der Politik, die Situation in den Griff zu bekommen, hat etwas Rührendes an sich. Man versucht den Spagat zwischen vermeintlicher Wählermeinung, Mitleid und Political Correctness (haben die Flüchtlinge bei der Einreise eigentlich auch die Wahl zwischen Dutzenden möglicher Geschlechter?). Man versucht es mit den richtigen berücksichtigten Gesichtspunkten und guten Regeln, die fein trennen zwischen berechtigt und unberechtigt, kurz, indem man das Problem verwaltet.
Große Teile der Bevölkerung polarisieren sich inzwischen in zwei Lager, die beide völlig unbrauchbar sind. Die einen sehen ihren Wohlstand gefährdet. Ausgestattet mit einem Einkommen, das locker 20 Flüchtlinge ernähren könnte, fragen sie: „Und wer tut was für uns?“. Die anderen interessieren sich nicht für die Flüchtlinge, wie sie sind, sondern vereinnahmen sie für ihre Alles-egal-Weltanschauung. Angezogen mit Klamotten, für die sie in den meisten islamischen Staaten im Knast säßen, fordern sie die Freigabe der Burka. Und damit natürlich auch die Macht derer, die sie sofort in den Knast stecken würden, hätten sie das Sagen.
Beide Positionen haben selbstzufriedene Mitläufer, zufrieden, weil sie das Problem nicht ignorieren, sondern sich „Gedanken machen“. Sie kommen mit dem Erhalt des Christlichen Abendlandes, meinen damit aber nicht das Christentum, das sie erhalten wollen (in Messe oder Gottesdienst sieht man sie jedenfalls meist nicht), sondern unsere Kultur, an die sie sich gewöhnt haben. Andere kommen mit der Erkenntnis, dass auch der Islam zu uns gehöre. Da sie die Anwendung der Scharia für sich selbst natürlich nie akzeptieren würden, meinen sie tatsächlich wohl eher: Der Islam gehört zu denen, die nicht zu uns gehören. Gleichwie – sie halten sich für integrativ.
Nun werden in den nächsten Jahren wohl einige Millionen Menschen zu uns kommen. Verwaltungsfreudig, wie wir sind, bestehen diese Menschen für uns meist aus Kosten und Unterbringungsproblemen. Für die „Aufgeklärten“ unter uns zudem aus Traumatisierung und berechtigten Ansprüchen, für die „Rückständigen“ unter uns auch aus Gefahr. Und alles schreit nach der Verwaltung. Deren Chef möchte allerdings von Aufgeklärten wie Rückständigen wiedergewählt werden.
Tatsächlich allerdings bringen diese Menschen vor allem einmal sich selbst, und das heißt: Persönlichkeit, geprägt durch Religion und Kultur. Diese Persönlichkeit wird künftig ein Teil der Summe sein, die unsere Gesellschaft ausmacht. Dagegen hilft weder ein „Ich will das nicht“ noch ein „Das stimmt doch gar nicht, die sind doch letztlich wie wir!“. Beides ignoriert die Menschlichkeit derer, die zu uns kommen.
Integration bedeutet, die Menschen anzunehmen, wie sie sind, und in unsere Kultur einzufügen, wie es möglich ist. Wie sie sind: also nicht ohne ihre Eigenschaften und auch Probleme. Die zu leugnen wäre Ignoranz diesen Menschen gegenüber. Einfügen in unsere Kultur: keine Nebenkulturen (möglichst mit eigenem Rechtssystem) akzeptieren, sondern wirklich aufnehmen und zu akzeptieren, dass sich unser Land dadurch ändern wird.
Dazu allerdings muss unsere Kultur auch kraftvoll auftreten. Wir brauchen Identität, damit überhaupt etwas da ist, in das wir aufnehmen können. Doch was ist da? Wir ändern die Sprache, damit sie nicht mehr eindeutig ist, weil wir gegebene Identität nicht mehr ertragen: es ist das höchste, das eigene Geschlecht nicht mehr zu kennen. Wir reduzieren unsere Identität auf unsere Lebensqualität, die wiederum auf Geld und Sex. Daneben lieben wir nur Beliebigkeit.
Diese Gesellschaft ist nicht integrationsfähig, weil es sie gar nicht mehr gibt. Sie besteht nur noch in einem System, das unsere Beliebigkeit schützen soll. Für einen gläubigen Muslim sind wir als Gesprächspartner weit unter seinem Niveau. Christliche Kultur ist offenbar geistige Verwahrlosung und Identitätslosigkeit. Das ist zwar unbeschreiblich dumm, aber man kann darin recht ordentlich leben, interessiert es doch niemanden, was man tut. Denn was kann man bei uns holen? Geld. Und während wir nach einer Verwaltungslösung dafür suchen, wie wir unsere Beliebigkeit, den Islam und fremde Kulturen unter einen Hut bekommen, beobachten uns die anderen Länder fassungslos. Mit Recht.
All das wird uns über den Hut wachsen. Unsere Systeme werden es nicht schaffen. Es wird sich zeigen, ob Deutschland dann noch ein Herz hat und offen ist. Oder ob wir unser Herz verschließen und als Grund auf unsere Partner zeigen, weil die das auch tun und niemanden aufnehmen. Es ist schließlich nur gerecht, genauso ungerecht zu sein wie die. Eins werden wir opfern müssen: Einen großen Teil unseres Wohlstands, den wir auf unseren Werten aufgebaut haben, oder unsere Werte selbst, um den Wohlstand zu sichern. Letzteres wäre Selbstmord. Die Flüchtlinge sind unsere Chance, uns selbst in unserer selbstgewählten Identitätslosigkeit wiederzufinden. Entweder wir schaffen das, oder wir verschwinden als Land und Kultur.
Dienstag, September 01, 2015
Ranzige Toleranz
[Von Bastian]
Die Farbe der Reissäcke in China gefällt mir möglicherweise nicht, doch ich beklage mich nicht. Im Gegenteil bin ich der Ansicht, dass die Sackdesigner auf mich gar nicht achten, sondern nur wichtigere Gesichtspunkte berücksichtigen sollen. Bin ich jetzt tolerant?
Erst einmal ist es mir schlicht egal, wie Reissäcke aussehen. Es gibt überhaupt sehr, sehr viel, das mir völlig wurscht ist. Wäre das Toleranz – ich wäre der Tolerantesten einer!
Nur gehört zur Toleranz leider auch eine kleine persönliche Leistung, nämlich das Tolerieren. Etwas, das mir egal ist, brauche ich nicht zu tolerieren, ebenso wenig wie etwas, dass ich gar nicht weiß. Tolerieren muss ich etwas, das mich berührt. Folglich bin ich tolerant, weil ich Frau und Kinder im Hause dulde? Nein, denn die liebe ich. Ich freue mich, dass sie da sind. Ich muss sie nicht tolerieren.
Berühren allein genügt nicht: es muss eine Berührung sein, die nicht notwendig unangenehm aber doch wenigstens andersartig ist. Eine Berührung, die ich mir so nicht ausgesucht hätte. Akzeptiere ich die als gegeben und lebe mit ihr, ohne dagegen anzugehen, dann bin ich tolerant.
Da ich Katholik bin, gibt es heute selbstverständlich die Nagelprobe: Schwule. Bin ich da tolerant?
Klare Antwort: nein. Denn: ich kann es nicht sein, weil mir erst einmal völlig wurscht ist, wer mit wem in Bett geht. Von den meisten Menschen weiß ich nicht einmal, wie sie sich ihr Liebes- und Sexualleben vorstellen. Es geht mich auch nichts an. Mangels Berührung ist keine Toleranz möglich.
Doch dann kommt das Outing. Da wird es schwieriger. Wer sich als homosexuell outet, sendet mir in dieser Hinsicht eine Botschaft, und zwar eine sehr persönliche. Der Inhalt dieser Botschaft interessiert mich nicht. Keine Berührung, keine Toleranz.
Die Tatsache, dass ich ungefragt mit intimen Details Fremder konfrontiert werde, stört mich hingegen massiv. Es geht mich nichts an und ich will es nicht wissen. Ich empfinde es als unangemessene intime Annäherung von Personen, die mich nicht danach gefragt haben, ob ich das überhaupt will. Da ich jedoch hinter solchen Outings das Recht auf freie Äußerung der eigenen Position erkenne, akzeptiere ich dieses für mich unpassende Verhalten. Da bin ich tolerant.
Doch das Problem ist damit nicht geklärt, denn Toleranz birgt einen inhärenten Reibungspunkt: wer tolerant ist, stimmt damit nicht zu, sondern lässt etwas stehen, das er so nicht hingestellt hätte. Toleranz beinhaltet immer auch den kritischen Blickwinkel, und den muss ich aushalten, wenn ich toleriert werde. Kurz gesagt: der Tolerierte muss, wenn ihn Anders-Denken berührt, die ihm entgegengebrachte Toleranz selbst tolerieren. Toleranz ist zweiseitig – anders funktioniert sie nicht.
Wer selbst intolerant ist, für den ist entgegengebrachte Toleranz unerträglich. Er fordert gegenüber seinen Positionen daher entweder Gleichgültigkeit oder Zustimmung. Hat er zudem ein hohes Geltungsbedürfnis, scheidet die auch Gleichgültigkeit aus. Es bleibt der Schrei nach Zustimmung. Ein ranziger Abklatsch wahrer Toleranz.
Nun haben wir inzwischen eine Gesellschaft, in der viele gar nicht damit leben können, dass mich ihr Sex nicht interessiert. Es stört sie, dass ich da nicht drauf abfahre, und sie versuchen, dagegen vorzugehen. Sie sind mir gegenüber also erst einmal intolerant und alle ihre Handlungen, die auf dieser Haltung beruhen, entspringen dementsprechend ihrer Intoleranz.
Ihr Ziel ist daher auch nicht meine Toleranz. Genau die wird abgelehnt, weil mein Denken falsch ist, da ich nicht interessiert bin. In einer Pervertierung des Toleranzbegriffs erklären sie meine Distanziertheit zur Intoleranz (sie ist das Gegenteil!) und fordern von mir Zustimmung ohne Vorbehalte – nur die sei tolerant. Nur hat das, wie gezeigt, mit Toleranz nichts zu tun.
Vorbehaltlose Zustimmung ist nicht möglich, denn spätestens wenn ich anfange, über meine eigene Sexualität nachzudenken, komme ich zu eigenen Schlüssen. Und genauso, wie die Schlüsse der Fordernden von meinen abweichen können, ist es umgekehrt natürlich auch.
Man muss mir das eigene Denken absprechen, wenn das Konstrukt der zwingenden Toleranz stehen bleiben soll. Zwingen lasse ich mich aber nicht – ob dies in den Augen der Ranzigen Intoleranz gegenüber dem Zwingenden darstellt, ist mir wieder erst einmal wurscht.
Die Farbe der Reissäcke in China gefällt mir möglicherweise nicht, doch ich beklage mich nicht. Im Gegenteil bin ich der Ansicht, dass die Sackdesigner auf mich gar nicht achten, sondern nur wichtigere Gesichtspunkte berücksichtigen sollen. Bin ich jetzt tolerant?
Erst einmal ist es mir schlicht egal, wie Reissäcke aussehen. Es gibt überhaupt sehr, sehr viel, das mir völlig wurscht ist. Wäre das Toleranz – ich wäre der Tolerantesten einer!
Nur gehört zur Toleranz leider auch eine kleine persönliche Leistung, nämlich das Tolerieren. Etwas, das mir egal ist, brauche ich nicht zu tolerieren, ebenso wenig wie etwas, dass ich gar nicht weiß. Tolerieren muss ich etwas, das mich berührt. Folglich bin ich tolerant, weil ich Frau und Kinder im Hause dulde? Nein, denn die liebe ich. Ich freue mich, dass sie da sind. Ich muss sie nicht tolerieren.
Berühren allein genügt nicht: es muss eine Berührung sein, die nicht notwendig unangenehm aber doch wenigstens andersartig ist. Eine Berührung, die ich mir so nicht ausgesucht hätte. Akzeptiere ich die als gegeben und lebe mit ihr, ohne dagegen anzugehen, dann bin ich tolerant.
Da ich Katholik bin, gibt es heute selbstverständlich die Nagelprobe: Schwule. Bin ich da tolerant?
Klare Antwort: nein. Denn: ich kann es nicht sein, weil mir erst einmal völlig wurscht ist, wer mit wem in Bett geht. Von den meisten Menschen weiß ich nicht einmal, wie sie sich ihr Liebes- und Sexualleben vorstellen. Es geht mich auch nichts an. Mangels Berührung ist keine Toleranz möglich.
Doch dann kommt das Outing. Da wird es schwieriger. Wer sich als homosexuell outet, sendet mir in dieser Hinsicht eine Botschaft, und zwar eine sehr persönliche. Der Inhalt dieser Botschaft interessiert mich nicht. Keine Berührung, keine Toleranz.
Die Tatsache, dass ich ungefragt mit intimen Details Fremder konfrontiert werde, stört mich hingegen massiv. Es geht mich nichts an und ich will es nicht wissen. Ich empfinde es als unangemessene intime Annäherung von Personen, die mich nicht danach gefragt haben, ob ich das überhaupt will. Da ich jedoch hinter solchen Outings das Recht auf freie Äußerung der eigenen Position erkenne, akzeptiere ich dieses für mich unpassende Verhalten. Da bin ich tolerant.
Doch das Problem ist damit nicht geklärt, denn Toleranz birgt einen inhärenten Reibungspunkt: wer tolerant ist, stimmt damit nicht zu, sondern lässt etwas stehen, das er so nicht hingestellt hätte. Toleranz beinhaltet immer auch den kritischen Blickwinkel, und den muss ich aushalten, wenn ich toleriert werde. Kurz gesagt: der Tolerierte muss, wenn ihn Anders-Denken berührt, die ihm entgegengebrachte Toleranz selbst tolerieren. Toleranz ist zweiseitig – anders funktioniert sie nicht.
Wer selbst intolerant ist, für den ist entgegengebrachte Toleranz unerträglich. Er fordert gegenüber seinen Positionen daher entweder Gleichgültigkeit oder Zustimmung. Hat er zudem ein hohes Geltungsbedürfnis, scheidet die auch Gleichgültigkeit aus. Es bleibt der Schrei nach Zustimmung. Ein ranziger Abklatsch wahrer Toleranz.
Nun haben wir inzwischen eine Gesellschaft, in der viele gar nicht damit leben können, dass mich ihr Sex nicht interessiert. Es stört sie, dass ich da nicht drauf abfahre, und sie versuchen, dagegen vorzugehen. Sie sind mir gegenüber also erst einmal intolerant und alle ihre Handlungen, die auf dieser Haltung beruhen, entspringen dementsprechend ihrer Intoleranz.
Ihr Ziel ist daher auch nicht meine Toleranz. Genau die wird abgelehnt, weil mein Denken falsch ist, da ich nicht interessiert bin. In einer Pervertierung des Toleranzbegriffs erklären sie meine Distanziertheit zur Intoleranz (sie ist das Gegenteil!) und fordern von mir Zustimmung ohne Vorbehalte – nur die sei tolerant. Nur hat das, wie gezeigt, mit Toleranz nichts zu tun.
Vorbehaltlose Zustimmung ist nicht möglich, denn spätestens wenn ich anfange, über meine eigene Sexualität nachzudenken, komme ich zu eigenen Schlüssen. Und genauso, wie die Schlüsse der Fordernden von meinen abweichen können, ist es umgekehrt natürlich auch.
Man muss mir das eigene Denken absprechen, wenn das Konstrukt der zwingenden Toleranz stehen bleiben soll. Zwingen lasse ich mich aber nicht – ob dies in den Augen der Ranzigen Intoleranz gegenüber dem Zwingenden darstellt, ist mir wieder erst einmal wurscht.
Montag, August 31, 2015
Alles beim Alten, zumindes ungefähr.
[Von Bastian]
„…, da weißt Du nicht mehr, ob Du Männlein oder Weiblein bist!“
Zu viel getrunken, einen kräftigen Schlag auf den Kopf („in die Fresse?“) bekommen, etwas wirklich extrem scharfes gegessen? Gleichwieviel – in meiner Jugend galt es als Metapher für das geistige Ausgeknocktsein schlechthin, wenn man sein Geschlecht nicht mehr kannte.
Früher war mancher stolz darauf, am Abend zuvor sternhagelvoll gewesen zu sein. Heute spart man sich das Geld fürs Bier und ist gleich stolz darauf, sein Geschlecht nicht mehr zu kennen. Ist wohl einfacher.
Sieht anders aus, aber inhaltlich haben sich die Zeiten offenbar kaum geändert.
„…, da weißt Du nicht mehr, ob Du Männlein oder Weiblein bist!“
Zu viel getrunken, einen kräftigen Schlag auf den Kopf („in die Fresse?“) bekommen, etwas wirklich extrem scharfes gegessen? Gleichwieviel – in meiner Jugend galt es als Metapher für das geistige Ausgeknocktsein schlechthin, wenn man sein Geschlecht nicht mehr kannte.
Früher war mancher stolz darauf, am Abend zuvor sternhagelvoll gewesen zu sein. Heute spart man sich das Geld fürs Bier und ist gleich stolz darauf, sein Geschlecht nicht mehr zu kennen. Ist wohl einfacher.
Sieht anders aus, aber inhaltlich haben sich die Zeiten offenbar kaum geändert.
Montag, August 24, 2015
Reisebericht
[Von Bastian]
Mal ein etwas anderer Post: ein Urlaubsbericht. Wer bis zum Ende durchhält, findet einen Film meiner Begegnung mir einem großen Barrakuda.
Zum ersten Mal im Leben war ich am Roten Meer in Ägypten, genauer gesagt in Marsa Alam. Alles hat bestens funktioniert und ich hatte mit meinem Sohn 10 schöne Tage. Zum ersten Mal im Leben habe ich Korallenriffe gesehen und bin restlos begeistert. Hier ein paar der Fotos, die ich unter Wasser gemacht habe. Untergebracht waren wir im Hotel Oasis von Werner Lau. Bequem, ruhig (keine Disko, keine Animation etc…) und mit einer feinen Tauchbasis.
Am ersten Tag habe ich geschnorchelt. Über einen Steg ging es über das Riffdach hinweg zur Kante, die beim Hausriff steil, teils senkrecht, auf bis zu 80m abfällt. Oben empfingen mich Doktoren (v.a. A. sohal), Kugelfische, Kaiserfische, Falterfische und riesige Schwärme von Anthias. Ein paar Meter tiefer gab es Soldatenfische. Ich hätte nie gedacht, dass es so viele Fische auf einem Haufen geben kann! Das Problem war immer wieder, einen Fisch so aufs Foto zu bekommen, dass ihn kein anderer verdeckt. Fotografiert habe ich mit einer einfachen Outdoor-Kamera (Olympus Stylus), die bis 15m wasserdicht sein soll und das auch gehalten hat. Die Fotos musste ich nur verkleinern und manchmal ein wenig aufhellen. Bin sehr angetan von dem Ding – für Anfänger genau das richtige, scheint mir.
Danach gab es 16 herrliche Tauchgänge an ca. 10 unterschiedlichen Plätzen.
Eine Besonderheit war der Dugong, der sich in diesem Gebiet aufhält und immer wieder in Buchten kommt, in denen viel getaucht wird.
Interessant war auch ein großer Drücker (fast einen Meter lang), der sich Tagelang an derselben Stelle in einer Seegraswiese aufhielt und alles androhte, was näher als 10-15m kam.
Manche Fische waren ziemlich dreist und kamen von selbst, so ein großer Barrakuda, den die Kamera interessierte, und ein Lippfisch, der richtig zudringlich wurde.
Was mich sehr faszinierte, waren die Korallen. Die Riffe dort scheinen in sehr gutem Zustand zu sein. Riesige Flächen mit nahezu 100% Korallenabdeckung. Sogar im Flachwasser unter 1m Tiefe, wo gebadet wurde, versuchten sich Acroporen zu behaupten. Dort waren sie fast alle rot oder orange. In etwas tieferem Wasser dominierten gelbe und blaue Farben, bis hin zu violetten Steinkorallensäulen. Hier ein paar Bilder von Korallen und Schwämmen in ca. 5-7m Tiefe.
Hier noch meine drei Favoriten unter den Fotos:
Ein paar Bilder vom Wracktauchgang.
Eigentlich fand ich ein Wrack nicht sehr reizvoll, sondern als Tauchevent eher kitschig. Mein Sohn sah das allerdings anders. Es wurde dann aber sehr interessant. Das Schiff sank 1993, als ein Kapitän den Rumpf an einem übersehenen kleinen Riff aufriss. Er versuchte, das Schiff zu retten, indem er schnell über ein anderes Riff fuhr, das etwas tiefer lag. Das misslang – er lag selbst schon zu tief. Daher rammte er das Riff, das 70m-Schiff zerbrach und sank. Die Stelle, an der das Schiff auf das Riff traf, ist bis heute eine Schutthalde. Nahezu kein neuer Bewuchs, obwohl ringsum alles nahezu vollständig von Korallen bedeckt ist. Das Schiff selbst ist inzwischen von Korallen bewachsen, und zwar umso dichter, je exponierter die Lage ist.
Ein paar Taucher durchschwammen den Rumpf, weshalb Luftblasen aus dem Wrack aufstiegen. Es wirkte, als sei es eben erst gesunken. Man sieht den an den Kanten und Enden verstärkten Bewuchs, verglichen mit den Flächen.
Die Reling ist inzwischen recht kräftig bewachsen. Es gibt hier mehr Weichkorallen, als im angrenzenden Riff.
Noch stärker sind die Oberseiten der Masten besiedelt. Auch hier gibt es viele Weichkorallen, teilweise recht groß.
Auf dem oben liegenden Kiel steht eine Tischkoralle, die sicher 60-70cm Durchmesser hat.
An den Kanten und am Ende der Masten ist das Wrack bereits zu einem großen Teil bewachsen.
Während des Tauchens gesellte sich ein recht großer Barrakuda zu uns (deutlich über 1m). Er war etwas zu neugierig, während ich ihn filmte, und kam bis auf 30cm an mein glänzendes Objektiv heran. Unser Tauchguide hat mich dann zurück gepfiffen.
Hier noch der Barrakuda als Film in 720p. War für mich schon eine tolle Sache. Als derTauchguide Signal gab, habe ich die Kamera nicht abgeschaltet, sondern bin nur los geschwommen, daher der eher wirre zweite Teil...
Mal ein etwas anderer Post: ein Urlaubsbericht. Wer bis zum Ende durchhält, findet einen Film meiner Begegnung mir einem großen Barrakuda.
Zum ersten Mal im Leben war ich am Roten Meer in Ägypten, genauer gesagt in Marsa Alam. Alles hat bestens funktioniert und ich hatte mit meinem Sohn 10 schöne Tage. Zum ersten Mal im Leben habe ich Korallenriffe gesehen und bin restlos begeistert. Hier ein paar der Fotos, die ich unter Wasser gemacht habe. Untergebracht waren wir im Hotel Oasis von Werner Lau. Bequem, ruhig (keine Disko, keine Animation etc…) und mit einer feinen Tauchbasis.
Haupthaus mit Restaurant und Tauchbasis |
Am ersten Tag habe ich geschnorchelt. Über einen Steg ging es über das Riffdach hinweg zur Kante, die beim Hausriff steil, teils senkrecht, auf bis zu 80m abfällt. Oben empfingen mich Doktoren (v.a. A. sohal), Kugelfische, Kaiserfische, Falterfische und riesige Schwärme von Anthias. Ein paar Meter tiefer gab es Soldatenfische. Ich hätte nie gedacht, dass es so viele Fische auf einem Haufen geben kann! Das Problem war immer wieder, einen Fisch so aufs Foto zu bekommen, dass ihn kein anderer verdeckt. Fotografiert habe ich mit einer einfachen Outdoor-Kamera (Olympus Stylus), die bis 15m wasserdicht sein soll und das auch gehalten hat. Die Fotos musste ich nur verkleinern und manchmal ein wenig aufhellen. Bin sehr angetan von dem Ding – für Anfänger genau das richtige, scheint mir.
Danach gab es 16 herrliche Tauchgänge an ca. 10 unterschiedlichen Plätzen.
Eine Besonderheit war der Dugong, der sich in diesem Gebiet aufhält und immer wieder in Buchten kommt, in denen viel getaucht wird.
Dugong |
Interessant war auch ein großer Drücker (fast einen Meter lang), der sich Tagelang an derselben Stelle in einer Seegraswiese aufhielt und alles androhte, was näher als 10-15m kam.
Drückerfisch |
Manche Fische waren ziemlich dreist und kamen von selbst, so ein großer Barrakuda, den die Kamera interessierte, und ein Lippfisch, der richtig zudringlich wurde.
Lippfischatacke |
Was mich sehr faszinierte, waren die Korallen. Die Riffe dort scheinen in sehr gutem Zustand zu sein. Riesige Flächen mit nahezu 100% Korallenabdeckung. Sogar im Flachwasser unter 1m Tiefe, wo gebadet wurde, versuchten sich Acroporen zu behaupten. Dort waren sie fast alle rot oder orange. In etwas tieferem Wasser dominierten gelbe und blaue Farben, bis hin zu violetten Steinkorallensäulen. Hier ein paar Bilder von Korallen und Schwämmen in ca. 5-7m Tiefe.
Korallen |
Korallen |
Korallen |
Korallen |
Blauer Schwamm |
Hier noch meine drei Favoriten unter den Fotos:
Feuerkorallen |
Anthias zwischen Steinkorallen |
Fischschwarm im Gegenlicht |
Ein paar Bilder vom Wracktauchgang.
Eigentlich fand ich ein Wrack nicht sehr reizvoll, sondern als Tauchevent eher kitschig. Mein Sohn sah das allerdings anders. Es wurde dann aber sehr interessant. Das Schiff sank 1993, als ein Kapitän den Rumpf an einem übersehenen kleinen Riff aufriss. Er versuchte, das Schiff zu retten, indem er schnell über ein anderes Riff fuhr, das etwas tiefer lag. Das misslang – er lag selbst schon zu tief. Daher rammte er das Riff, das 70m-Schiff zerbrach und sank. Die Stelle, an der das Schiff auf das Riff traf, ist bis heute eine Schutthalde. Nahezu kein neuer Bewuchs, obwohl ringsum alles nahezu vollständig von Korallen bedeckt ist. Das Schiff selbst ist inzwischen von Korallen bewachsen, und zwar umso dichter, je exponierter die Lage ist.
Das Wrack |
Ein paar Taucher durchschwammen den Rumpf, weshalb Luftblasen aus dem Wrack aufstiegen. Es wirkte, als sei es eben erst gesunken. Man sieht den an den Kanten und Enden verstärkten Bewuchs, verglichen mit den Flächen.
Luftblasen steigen aus dem Wrack auf |
Die Reling ist inzwischen recht kräftig bewachsen. Es gibt hier mehr Weichkorallen, als im angrenzenden Riff.
Die Reling |
Noch stärker sind die Oberseiten der Masten besiedelt. Auch hier gibt es viele Weichkorallen, teilweise recht groß.
Die Masten |
Auf dem oben liegenden Kiel steht eine Tischkoralle, die sicher 60-70cm Durchmesser hat.
Tischkoralle auf dem oben liegenden Kiel |
An den Kanten und am Ende der Masten ist das Wrack bereits zu einem großen Teil bewachsen.
Kante |
Ende der Masten |
Während des Tauchens gesellte sich ein recht großer Barrakuda zu uns (deutlich über 1m). Er war etwas zu neugierig, während ich ihn filmte, und kam bis auf 30cm an mein glänzendes Objektiv heran. Unser Tauchguide hat mich dann zurück gepfiffen.
Barrakuda von der Seite... |
...von vorne... |
...und ganz nah! |
Hier noch der Barrakuda als Film in 720p. War für mich schon eine tolle Sache. Als derTauchguide Signal gab, habe ich die Kamera nicht abgeschaltet, sondern bin nur los geschwommen, daher der eher wirre zweite Teil...
Donnerstag, August 13, 2015
Die Hoheit über Begriffe
[Von Bastian]
Was sind die Definitionen von Ehe und Familie?
Unmengen sind dazu gesagt und geschrieben worden. Meiner Meinung nach manchmal zu viel, denn wenn wir uns zu intensiv auf eine Diskussion über die Begriffe einlassen, stimmen wir automatisch der These zu, dass eine Änderung des Begriffs den Sachverhalt mit ändere. Jedoch: definiert man Ehe neu, ändert das an der Existenz der wirklichen Ehe nichts. Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz des Staates.
Die Idee, damit seien die Begriffe gemeint und nicht der Inhalt, den sie damals bedeuteten, en vogue, aber dumm. Irgendwelche neuen Inhalte des Ehebegriffs stehen ebenso wenig unter dem Schutz des Staates, wie man Flüsse verschmutzen dürfte, würde man sie aus dem Umweltbegriff entfernen und meinen, man habe gerade den Sinn des Umweltschutzes neu definiert.
(Mehr zur Verwechslung des Begriffs mit dem Inhalt habe ich hier geschrieben: LINK, LINK)
Vielleicht wichtiger noch als „Ehe“ und „Familie“, so denke ich, wäre der Kampf um den Inhalt zweier Begriffe, die uns aus der Hand genommen wurden, ohne dass wir es gemerkt hätten: Krankheit und Mitleid. Sie wurden uns genommen und mit einem zusätzlichen Inhalt versehen, der sie nahezu unbrauchbar macht: mit Diskriminierung und Verachtung.
Wenn ein Mensch erkrankt, sagt das über ihn persönlich nichts Nachteiliges aus. Kümmert sich jemand um ihn, bis er gesund ist, weil ihm das Schicksal des Kranken nahe geht (er also mitleidet), ist das etwas Gutes und in unserer Gesellschaft selbstverständlich. Und trotzdem sind beide Begriffe heute zum Synonym für Verachtung geworden. „Das ist total krank“ oder „Mit dem kann ich nur noch Mitleid haben“ drücken Verachtung aus: die abstruse gesellschaftliche Idee, eine Abweichung vom Ideal sei ein Makel, macht’s möglich. Und so ist Kranker minderwertig; Bemitleidung ist Ablehnung. Die Idee, etwas als möglicherweise änderbar anzusehen, kann daher schon diskriminierenden Charakter haben.
Am Beispiel Homosexualität wird bereits die Idee, man könne sie in manchen Fällen ändern, abgelehnt: das wäre ja Heilung und der Schwule dann ein verachtenswerter Kranker. Die kirchliche Aufforderung, Homosexuellen sei mit Mitleid zu begegnen, ist in den Ohren vieler die Aufforderung, sie zu verachten. Absurd: das Gegenteil ist gemeint.
Die Minderwertigkeit des Kranken und Schwachen, ein Horrorszenario des Dritten Reiches, hat längst wieder in unserer Kultur Fuß gefasst. Nur dass es diesmal nicht von oben verordnet, sondern als besonders aufgeklärt verstanden wird.
Was kann die Antwort darauf sein? Begriffsdiskussionen sind sinnlos, wenn jeder etwas anderes darunter versteht. Der Inhalt muss aufleuchten, damit man gemeinsam sprechen kann. Die Anliegen des Heiligen Vaters nach einer Kirche für die Armen, nach Bewahrung der Schöpfung, nach persönlicher Heiligung und nach Dialog sind die Antwort. Wir können über alles mit jedem reden, sollen es sogar. Doch die Basis ist der gelebte Inhalt, nicht das Festhalten an Worten.
Was sind die Definitionen von Ehe und Familie?
Unmengen sind dazu gesagt und geschrieben worden. Meiner Meinung nach manchmal zu viel, denn wenn wir uns zu intensiv auf eine Diskussion über die Begriffe einlassen, stimmen wir automatisch der These zu, dass eine Änderung des Begriffs den Sachverhalt mit ändere. Jedoch: definiert man Ehe neu, ändert das an der Existenz der wirklichen Ehe nichts. Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz des Staates.
Die Idee, damit seien die Begriffe gemeint und nicht der Inhalt, den sie damals bedeuteten, en vogue, aber dumm. Irgendwelche neuen Inhalte des Ehebegriffs stehen ebenso wenig unter dem Schutz des Staates, wie man Flüsse verschmutzen dürfte, würde man sie aus dem Umweltbegriff entfernen und meinen, man habe gerade den Sinn des Umweltschutzes neu definiert.
(Mehr zur Verwechslung des Begriffs mit dem Inhalt habe ich hier geschrieben: LINK, LINK)
Vielleicht wichtiger noch als „Ehe“ und „Familie“, so denke ich, wäre der Kampf um den Inhalt zweier Begriffe, die uns aus der Hand genommen wurden, ohne dass wir es gemerkt hätten: Krankheit und Mitleid. Sie wurden uns genommen und mit einem zusätzlichen Inhalt versehen, der sie nahezu unbrauchbar macht: mit Diskriminierung und Verachtung.
Wenn ein Mensch erkrankt, sagt das über ihn persönlich nichts Nachteiliges aus. Kümmert sich jemand um ihn, bis er gesund ist, weil ihm das Schicksal des Kranken nahe geht (er also mitleidet), ist das etwas Gutes und in unserer Gesellschaft selbstverständlich. Und trotzdem sind beide Begriffe heute zum Synonym für Verachtung geworden. „Das ist total krank“ oder „Mit dem kann ich nur noch Mitleid haben“ drücken Verachtung aus: die abstruse gesellschaftliche Idee, eine Abweichung vom Ideal sei ein Makel, macht’s möglich. Und so ist Kranker minderwertig; Bemitleidung ist Ablehnung. Die Idee, etwas als möglicherweise änderbar anzusehen, kann daher schon diskriminierenden Charakter haben.
Am Beispiel Homosexualität wird bereits die Idee, man könne sie in manchen Fällen ändern, abgelehnt: das wäre ja Heilung und der Schwule dann ein verachtenswerter Kranker. Die kirchliche Aufforderung, Homosexuellen sei mit Mitleid zu begegnen, ist in den Ohren vieler die Aufforderung, sie zu verachten. Absurd: das Gegenteil ist gemeint.
Die Minderwertigkeit des Kranken und Schwachen, ein Horrorszenario des Dritten Reiches, hat längst wieder in unserer Kultur Fuß gefasst. Nur dass es diesmal nicht von oben verordnet, sondern als besonders aufgeklärt verstanden wird.
Was kann die Antwort darauf sein? Begriffsdiskussionen sind sinnlos, wenn jeder etwas anderes darunter versteht. Der Inhalt muss aufleuchten, damit man gemeinsam sprechen kann. Die Anliegen des Heiligen Vaters nach einer Kirche für die Armen, nach Bewahrung der Schöpfung, nach persönlicher Heiligung und nach Dialog sind die Antwort. Wir können über alles mit jedem reden, sollen es sogar. Doch die Basis ist der gelebte Inhalt, nicht das Festhalten an Worten.
Dienstag, Juni 02, 2015
Just my two pence: wir müssen auf dem Wasser gehen.
In der letzten Zeit wurde mir das Schreiben immer zäher und schwerer. Ich habe mich lange gefragt, warum, aber fand nur, dass es mir sinnlos vorkam. Irgendwann fiel dann der Groschen. Es sind im Wesentlichen zwei Gründe.
Einmal: es läuft eine Diskussion, in der ich mich keiner Seite zuordnen kann. Da wird behauptet, die Kirche sei eine Wertegemeinschaft – folglich sei alles, wo man diese Werte vorfindet, in die Kirche zu integrieren. Treue und verantwortungsvolle Nicht-Ehen zum Beispiel. Nur ist die Kirche keine Wertegemeinschaft.
Dagegengehalten wird mit der katholischen Lehre, die nicht verändert werden darf. Logisch, wenn sie von Gott kommt. Nur ist die Kirche auch keine Lehrgemeinschaft.
Was hier meiner Meinung nach falsch läuft, ist die Frage, was Grundlage und was Frucht ist. Die Kirche hat eine Lehre, die Werte hervorbringt, sicher. Die Werte sind wichtig und die Lehre ist wahr, sicher. Doch was die Kirche eigentlich ist: der Leib Christi auf Erden. Christus ist das Haupt, nicht der Katechismus. Er kommt immer zuerst!
Das mag wie eine unsinnige Differenzierung klingen, ist doch im Katechismus zusammengefasst, was Christus für uns und von uns will. Das Problem ist jedoch: wenn ich Christus nicht kenne, bringt mir die Lehre wenig bis nichts. Sie ist dann so gehaltvoll, wie die Anleitung zu einer gelingenden Ehe, ohne dass ich verheiratet bin oder auch nur Aussicht auf eine Freundin hätte. Richtig zwar, aber reine Theorie und nicht umsetzbar. Nicht, weil der Wille fehlt, sondern weil es gar nicht gehen kann. Am Anfang steht die Liebe, die Begegnung mit Christus. Auf dieser Basis ergibt alles Sinn. Ohne diese Basis degradiert man die katholische Lehre zu einer Weltanschauung unter vielen, und zudem zu einer, deren Implikationen sich nicht umsetzen lassen.
Die Diskussion Lehre gegen Werte ist zum Scheitern verurteilt. Mehr noch: sie schadet, weil sie den Blick in eine falsche Richtung lenkt, so richtig inhaltlich vieles sein mag. Ich will aber nicht Recht haben, sondern helfen, das Problem zu lösen.
Der Zweite Grund ist der: wir sind in Gefahr, uns das Heft aus der Hand nehmen zu lassen und nicht mehr zu handeln, sondern zu reagieren. Viele heiße Diskussionen drehen sich darum, wie man verhindert, dass Dinge Gesetz werden, sie längst präsent sind. Sicher, das ist wichtig, um den Schaden nicht noch größer werden zu lassen, doch es ist zum einen ein ziemlich aussichtsloser Kampf und zum anderen die Reaktion auf Themen, die uns aufgezwungen werden. Das Beste, was wir beim Verhindern erreichen können, ist die Erhaltung des Status Quo. Es ist ein Rückzugsgefecht.
Rückzugsgefechte aber sind nicht unsere Aufgabe: „Geht und lehret alle Völker!“ ist mit „Verhindert das Schlimmste wenigstens für eine Weile“ unzureichend umgesetzt.
Die Antwort auf beide Probleme ist meiner Meinung nach die Evangelisation. Christus muss bekannt gemacht werden. Und darunter verstehe ich nicht, dass man um Ihn und seine Gebote weiß, sondern dass man ihn kennt und dann früher oder später Ihn und seine Gebote versteht. Werte ergeben sich dann automatisch. Und ich stelle fest, dass ich dieser Aufgabe nicht gewachsen bin. Diskutieren erscheint mir dagegen wie eine leichte Fingerübung. Ich weiß zumindest um einen Teil meiner Fehler und Sünden und erkenne mich ganz realistisch als unqualifiziert. Und doch ist genau das meine Aufgabe: Christus bekannt zu machen. Ich zögere und fühle mich unsicher, schäme mich und ducke mich weg. Da muss ich auf einen Boden, der nicht zu tragen scheint!
Vorgemacht hat es mir Petrus: er ging aufs Wasser, als Christus ihn rief. Und er wurde hochgezogen, als sein eigener Glaube nicht ausreichte. Für mein Empfinden ist genau das von mir verlangt: etwas zu tun, das gar nicht klappen kann, weil ich um das Gewicht meiner Sünden weiß. Doch der heutige Petrus ruft mich immer und immer wieder genau dazu auf: geht und evangelisiert! Jeder auf seine Weise und mit seinem Maß an Glauben, aber geht! Ich bete um den Mut zum Gehorsam.
Einmal: es läuft eine Diskussion, in der ich mich keiner Seite zuordnen kann. Da wird behauptet, die Kirche sei eine Wertegemeinschaft – folglich sei alles, wo man diese Werte vorfindet, in die Kirche zu integrieren. Treue und verantwortungsvolle Nicht-Ehen zum Beispiel. Nur ist die Kirche keine Wertegemeinschaft.
Dagegengehalten wird mit der katholischen Lehre, die nicht verändert werden darf. Logisch, wenn sie von Gott kommt. Nur ist die Kirche auch keine Lehrgemeinschaft.
Was hier meiner Meinung nach falsch läuft, ist die Frage, was Grundlage und was Frucht ist. Die Kirche hat eine Lehre, die Werte hervorbringt, sicher. Die Werte sind wichtig und die Lehre ist wahr, sicher. Doch was die Kirche eigentlich ist: der Leib Christi auf Erden. Christus ist das Haupt, nicht der Katechismus. Er kommt immer zuerst!
Das mag wie eine unsinnige Differenzierung klingen, ist doch im Katechismus zusammengefasst, was Christus für uns und von uns will. Das Problem ist jedoch: wenn ich Christus nicht kenne, bringt mir die Lehre wenig bis nichts. Sie ist dann so gehaltvoll, wie die Anleitung zu einer gelingenden Ehe, ohne dass ich verheiratet bin oder auch nur Aussicht auf eine Freundin hätte. Richtig zwar, aber reine Theorie und nicht umsetzbar. Nicht, weil der Wille fehlt, sondern weil es gar nicht gehen kann. Am Anfang steht die Liebe, die Begegnung mit Christus. Auf dieser Basis ergibt alles Sinn. Ohne diese Basis degradiert man die katholische Lehre zu einer Weltanschauung unter vielen, und zudem zu einer, deren Implikationen sich nicht umsetzen lassen.
Die Diskussion Lehre gegen Werte ist zum Scheitern verurteilt. Mehr noch: sie schadet, weil sie den Blick in eine falsche Richtung lenkt, so richtig inhaltlich vieles sein mag. Ich will aber nicht Recht haben, sondern helfen, das Problem zu lösen.
Der Zweite Grund ist der: wir sind in Gefahr, uns das Heft aus der Hand nehmen zu lassen und nicht mehr zu handeln, sondern zu reagieren. Viele heiße Diskussionen drehen sich darum, wie man verhindert, dass Dinge Gesetz werden, sie längst präsent sind. Sicher, das ist wichtig, um den Schaden nicht noch größer werden zu lassen, doch es ist zum einen ein ziemlich aussichtsloser Kampf und zum anderen die Reaktion auf Themen, die uns aufgezwungen werden. Das Beste, was wir beim Verhindern erreichen können, ist die Erhaltung des Status Quo. Es ist ein Rückzugsgefecht.
Rückzugsgefechte aber sind nicht unsere Aufgabe: „Geht und lehret alle Völker!“ ist mit „Verhindert das Schlimmste wenigstens für eine Weile“ unzureichend umgesetzt.
Die Antwort auf beide Probleme ist meiner Meinung nach die Evangelisation. Christus muss bekannt gemacht werden. Und darunter verstehe ich nicht, dass man um Ihn und seine Gebote weiß, sondern dass man ihn kennt und dann früher oder später Ihn und seine Gebote versteht. Werte ergeben sich dann automatisch. Und ich stelle fest, dass ich dieser Aufgabe nicht gewachsen bin. Diskutieren erscheint mir dagegen wie eine leichte Fingerübung. Ich weiß zumindest um einen Teil meiner Fehler und Sünden und erkenne mich ganz realistisch als unqualifiziert. Und doch ist genau das meine Aufgabe: Christus bekannt zu machen. Ich zögere und fühle mich unsicher, schäme mich und ducke mich weg. Da muss ich auf einen Boden, der nicht zu tragen scheint!
Vorgemacht hat es mir Petrus: er ging aufs Wasser, als Christus ihn rief. Und er wurde hochgezogen, als sein eigener Glaube nicht ausreichte. Für mein Empfinden ist genau das von mir verlangt: etwas zu tun, das gar nicht klappen kann, weil ich um das Gewicht meiner Sünden weiß. Doch der heutige Petrus ruft mich immer und immer wieder genau dazu auf: geht und evangelisiert! Jeder auf seine Weise und mit seinem Maß an Glauben, aber geht! Ich bete um den Mut zum Gehorsam.
Donnerstag, Mai 28, 2015
Kirche heute
[Von Bastian]
Irgendwie passt es zur Situation heute, daher hole ich es mal wieder hoch.
Das Schiff „Kirche“ fährt bei halbem Wind in Richtung Heimat. Immer wieder trifft es auf Menschen, die mitfahren wollen. Die Mannschaft wächst stetig.
Eines Tages jedoch ist alles anders. Die „Kirche“ findet eine Menge Schiffbrüchige, die im Wasser schwimmen, sich an Planken, Fässern und anderem Treibgut festhalten. Einige haben sich notdürftige Flöße gebaut. Sofort macht man Boote und Rettungsringe klar, um den Leuten an Bord zu helfen. Die aber haben Bedenken.
Sie sagen, sie trieben nun schon eine ganze Weile mit dem Wind, und vielen von Ihnen gehe es ziemlich gut. Warum man sie eigentlich retten wolle? Die Besatzung ist erstaunt. Die Matrosen versichern, an Bord sei es schön und sicher. Man sei im Trockenen und habe es warm.
Die Schiffbrüchigen beraten sich. „Ich verstehe!“ ruft einer. „Ihr mögt keine nassen Menschen. Wir sind aber nun einmal nass. Wir passen nicht zu euch.“ Er wendet sich ab. Die Besatzung ist verwirrt. Dann fangen sie an zu lachen: „Nein, keine Sorge. An Bord werdet ihr natürlich abgetrocknet. Warme Sachen haben wir auch für euch.“ Jetzt sind es bereits mehrere, die antworten: „Genau, wie wir dachten: nass sind wir euch nicht gut genug. Sucht euch trockene Schiffbrüchige und lasst uns in Frieden!“
Ein paar jedoch haben nach den Rettungsringen gegriffen. Sie werden ins Rettungsboot gezogen und zum Schiff gebracht. Oben werden sie empfangen, abgetrocknet und warm eingepackt. Dann bekommen sie einen steifen Grog. Fröhlich gehen sie an die Reling und rufen ihren Freunden im Wasser zu: „Kommt schnell! Hier zu sein ist einfach der Wahnsinn! Wir wussten gar nicht mehr, wie gut es tut, warm und trocken zu sein! Und das Zeug hier schmeckt wirklich gut!“ Die Schiffbrüchigen wimmern auf. „Kaum sind sie an Bord, lehnen auch sie uns ab!“ sagen sie zueinander. „Was hat man mit denen gemacht? Ist das noch freiwillig?“ Und obwohl immer wieder einige von ihnen an Bord gehen, werden die restlichen immer misstrauischer.
Einer der Schiffbrüchigen hat eine Idee. „Wenn ihr uns unbedingt an Bord haben wollt," ruft er, "kommt erst zu uns ins Wasser. Dann sehen wir ja, dass ihr es ernst meint.“ Seine Gefährten stimmen ihm zu. Sofort springen einige Matrosen ins Wasser und gesellen sich zu den Schiffbrüchigen. „Jetzt können wir beim Schwimmen helfen!“ rufen sie. „Das ist viel besser, als vom sicheren Schiff aus zu predigen!“
Die Besatzung berät sich. Ob die Matrosen im Wasser Recht haben? Vielleicht gehe es gar nicht darum, alle an Bord zu holen. Vielleicht sei vielmehr da Schiff dazu da, Matrosen zu den Schiffbrüchigen zu bringen. „Wer sind wir, anderen vorzuschreiben, was richtig ist? Ist es nicht besser, wenigstens beim Schwimmen zu helfen?“ Und noch ein paar Matrosen verkünden, ihr Platz sei im Meer, und springen ins Wasser.
Da meldet der Ausguck, dass möglicherweise ein Sturm aufzieht. Er ruft es den Schwimmern zu: „Kommt schnell! Es wird gefährlich!“ „Natürlich!“ schallt es zurück. „Wenn ihr uns nicht überzeugen könnt, fangt ihr an zu drohen. Da sieht man, wer ihr seid!“ Und zueinander sagen sie: man kann viel erzählen, wenn man so hoch sitzt. Der soll erst einmal lernen, was es heißt zu schwimmen, bevor er anderen von Wellen erzählt.
Die Bootsmänner und Steuerleute mischen sich ein. Sie sind uneins. Einige meinen, es sei höchste Zeit, weiter zu fahren. Man komme immer weiter ab vom Kurs. Andere sind dafür, zu warten. Ein paar meinen sogar, man solle die „Kirche“ am besten voll Wasser laufen lassen, damit auch alles an Bord nass sei. Nur so sei man mit den Schiffbrüchigen solidarisch. Keinesfalls dürfe man von Stürmen oder vom Abtrocknen reden, um niemanden zu verschrecken.
Nun spricht der Kapitän. Er zeigt eine große Karte der Heimat, zu der das Schiff unterwegs ist. „Nehmt das Schiff in Kauf, auch wenn es Euch nicht gefallen sollte!“ ruft er den Umhertreibenden zu. „Die Heimat wartet auf Euch! Seht, wie schön sie ist!“ Wieder kommen einige an Bord. Andere rufen: „Wieso gibst du eigentlich die Richtung vor? Ringsum sieht man nur Wasser. Jede Richtung ist gleich. Und du willst uns sagen, wo es lang geht? Das kann jeder mit dem gleichen Recht! Hör zu! Wenn es dir wirklich um uns geht, wende dein Schiff und fahre, wohin wir treiben!“ Der Kapitän erklärt die Seekarten und die Navigation. "Wir treiben nicht," sagt er, "wir segeln und wissen, wohin: in die Heimat." Wieder kommen Menschen an Bord.
Es frischt auf. Ein Schiff wäre jetzt wirklich nicht schlecht. Die Schwimmer bemerken das. „Tut euch zusammen!“ rufen sie sich zu. Sie sammeln all das Treibgut, das sie haben, und bauen sich daraus ein Floß. Sie nennen es „Nasse Kirche“ und versuchen, alle darauf einen Platz zu finden. Das gibt einiges an Chaos und viel Streit. Die „Kirche“ setzt derweil die Segel, sammelt die letzten Willigen ein und nimmt wieder Kurs auf die Heimat. „Auf Nimmerwiedersehen!“ rufen ihr die Flößer hinterher und werfen mit Abfall nach dem Schiff. Sie sind wütend!
An Bord der "Kirche" ist die Stimmung trotz vieler Geretteter gedrückt. „Hoffentlich wird der Sturm nicht zu schlimm!“ sagen alle. Und sie denken an die Menschen auf dem Floß.
Irgendwie passt es zur Situation heute, daher hole ich es mal wieder hoch.
Das Schiff „Kirche“ fährt bei halbem Wind in Richtung Heimat. Immer wieder trifft es auf Menschen, die mitfahren wollen. Die Mannschaft wächst stetig.
Eines Tages jedoch ist alles anders. Die „Kirche“ findet eine Menge Schiffbrüchige, die im Wasser schwimmen, sich an Planken, Fässern und anderem Treibgut festhalten. Einige haben sich notdürftige Flöße gebaut. Sofort macht man Boote und Rettungsringe klar, um den Leuten an Bord zu helfen. Die aber haben Bedenken.
Sie sagen, sie trieben nun schon eine ganze Weile mit dem Wind, und vielen von Ihnen gehe es ziemlich gut. Warum man sie eigentlich retten wolle? Die Besatzung ist erstaunt. Die Matrosen versichern, an Bord sei es schön und sicher. Man sei im Trockenen und habe es warm.
Die Schiffbrüchigen beraten sich. „Ich verstehe!“ ruft einer. „Ihr mögt keine nassen Menschen. Wir sind aber nun einmal nass. Wir passen nicht zu euch.“ Er wendet sich ab. Die Besatzung ist verwirrt. Dann fangen sie an zu lachen: „Nein, keine Sorge. An Bord werdet ihr natürlich abgetrocknet. Warme Sachen haben wir auch für euch.“ Jetzt sind es bereits mehrere, die antworten: „Genau, wie wir dachten: nass sind wir euch nicht gut genug. Sucht euch trockene Schiffbrüchige und lasst uns in Frieden!“
Ein paar jedoch haben nach den Rettungsringen gegriffen. Sie werden ins Rettungsboot gezogen und zum Schiff gebracht. Oben werden sie empfangen, abgetrocknet und warm eingepackt. Dann bekommen sie einen steifen Grog. Fröhlich gehen sie an die Reling und rufen ihren Freunden im Wasser zu: „Kommt schnell! Hier zu sein ist einfach der Wahnsinn! Wir wussten gar nicht mehr, wie gut es tut, warm und trocken zu sein! Und das Zeug hier schmeckt wirklich gut!“ Die Schiffbrüchigen wimmern auf. „Kaum sind sie an Bord, lehnen auch sie uns ab!“ sagen sie zueinander. „Was hat man mit denen gemacht? Ist das noch freiwillig?“ Und obwohl immer wieder einige von ihnen an Bord gehen, werden die restlichen immer misstrauischer.
Einer der Schiffbrüchigen hat eine Idee. „Wenn ihr uns unbedingt an Bord haben wollt," ruft er, "kommt erst zu uns ins Wasser. Dann sehen wir ja, dass ihr es ernst meint.“ Seine Gefährten stimmen ihm zu. Sofort springen einige Matrosen ins Wasser und gesellen sich zu den Schiffbrüchigen. „Jetzt können wir beim Schwimmen helfen!“ rufen sie. „Das ist viel besser, als vom sicheren Schiff aus zu predigen!“
Die Besatzung berät sich. Ob die Matrosen im Wasser Recht haben? Vielleicht gehe es gar nicht darum, alle an Bord zu holen. Vielleicht sei vielmehr da Schiff dazu da, Matrosen zu den Schiffbrüchigen zu bringen. „Wer sind wir, anderen vorzuschreiben, was richtig ist? Ist es nicht besser, wenigstens beim Schwimmen zu helfen?“ Und noch ein paar Matrosen verkünden, ihr Platz sei im Meer, und springen ins Wasser.
Da meldet der Ausguck, dass möglicherweise ein Sturm aufzieht. Er ruft es den Schwimmern zu: „Kommt schnell! Es wird gefährlich!“ „Natürlich!“ schallt es zurück. „Wenn ihr uns nicht überzeugen könnt, fangt ihr an zu drohen. Da sieht man, wer ihr seid!“ Und zueinander sagen sie: man kann viel erzählen, wenn man so hoch sitzt. Der soll erst einmal lernen, was es heißt zu schwimmen, bevor er anderen von Wellen erzählt.
Die Bootsmänner und Steuerleute mischen sich ein. Sie sind uneins. Einige meinen, es sei höchste Zeit, weiter zu fahren. Man komme immer weiter ab vom Kurs. Andere sind dafür, zu warten. Ein paar meinen sogar, man solle die „Kirche“ am besten voll Wasser laufen lassen, damit auch alles an Bord nass sei. Nur so sei man mit den Schiffbrüchigen solidarisch. Keinesfalls dürfe man von Stürmen oder vom Abtrocknen reden, um niemanden zu verschrecken.
Nun spricht der Kapitän. Er zeigt eine große Karte der Heimat, zu der das Schiff unterwegs ist. „Nehmt das Schiff in Kauf, auch wenn es Euch nicht gefallen sollte!“ ruft er den Umhertreibenden zu. „Die Heimat wartet auf Euch! Seht, wie schön sie ist!“ Wieder kommen einige an Bord. Andere rufen: „Wieso gibst du eigentlich die Richtung vor? Ringsum sieht man nur Wasser. Jede Richtung ist gleich. Und du willst uns sagen, wo es lang geht? Das kann jeder mit dem gleichen Recht! Hör zu! Wenn es dir wirklich um uns geht, wende dein Schiff und fahre, wohin wir treiben!“ Der Kapitän erklärt die Seekarten und die Navigation. "Wir treiben nicht," sagt er, "wir segeln und wissen, wohin: in die Heimat." Wieder kommen Menschen an Bord.
Es frischt auf. Ein Schiff wäre jetzt wirklich nicht schlecht. Die Schwimmer bemerken das. „Tut euch zusammen!“ rufen sie sich zu. Sie sammeln all das Treibgut, das sie haben, und bauen sich daraus ein Floß. Sie nennen es „Nasse Kirche“ und versuchen, alle darauf einen Platz zu finden. Das gibt einiges an Chaos und viel Streit. Die „Kirche“ setzt derweil die Segel, sammelt die letzten Willigen ein und nimmt wieder Kurs auf die Heimat. „Auf Nimmerwiedersehen!“ rufen ihr die Flößer hinterher und werfen mit Abfall nach dem Schiff. Sie sind wütend!
An Bord der "Kirche" ist die Stimmung trotz vieler Geretteter gedrückt. „Hoffentlich wird der Sturm nicht zu schlimm!“ sagen alle. Und sie denken an die Menschen auf dem Floß.